Wer abends lumpt, kann morgens auch früh aufstehen. Das liest man ja mittlerweile oft genug auf diversen Sportblogs. Außerdem kriegt man das schon als Kind und Jugendlicher gesagt. Ich lumpe also gestern Abend und zwar ausgiebig. Daheim komme ich erst nach 0h an. Aber gut. Ich bin ja noch jung, irgendwie, glaube ich auf jeden Fall. Heute früh klingelt der Wecker um 4h. Wir müssen um 8h in Hilpoltstein bei Radsport Buchstaller sein. Da müssen wir ein Stückchen hinfahren und dann ist da ja auch noch das leidige Anziehen. Ich bin so müde, dass ich zum Frühstück nichts runterkriege und esse nur ein bischen Yoghurt. Der Zeugwart war gestern Gott lob früh im Bett und so fährt er heute in den Süden.

Anfahrt

Ich sitze auf dem Beifahrersitz und bin schon eingeschlafen, ehe wir die Autobahn überhaupt erreicht haben. So schnell kann es gehen.
Für mich dauert die Fahrt daher nur 30Minuten. Das ist natürlich super flott. Der Zeugwart ist etwas länger unterwegs. Immerhin ist er die ganze Zeit wach und steuert das große Auto.

Als wir in Hilpolstein ankommen bin ich aufgeregt. Richtige Zweifel, ob ich das neue Rad wirklich brauche oder ob es mir das überhaupt „wert“ ist, kommen mir nicht. Ich bin einfach aufgeregt, weil höchstwahrscheinlich mit so einem Rädchen auch die Ansprüche an den Fahrer steigen? Wie so oft ist es das, was die anderen denken, was mir Angst macht. Aber gut. Egal. Da stehen das Rädchen und ich dann einfach drüber. Das können wir dann gleich mit üben.

Radeinstellung

Fritz Buchstaller erwartet uns bereits und das Anpassprogramm beginnt. Erst mal richten wir meine Hüfte. Die macht zwar keine Probleme, aber meine Beine sind unterschiedlich lang und so macht die Radanpassung keinen wirklichen Sinn. Also wird die Beinlänge geprüft und gerade gerückt. Nicht, dass ich das gemerkt hätte, aber Fritz Buchstaller sieht das eben mit einem Blick.

Dann nimmt sich Fritz meine Schuhe vor und meine Einlegesohlen. In meinen Radschuhen habe ich Sporteinlegesohlen vom Lidl, mit denen ich bisher auch ganz gut gefahren bin. Ich habe die in die Schuhe gelegt, weil mir die Klickplatten immer auf die Fußsohle gedrückt haben. Ich habe natürlich auch bisher immer ein Bergthema gehabt und auch nicht das Gefühl, dass ich richtig Druck auf’s Pedal bringe, aber ob das an den Lidlsohlen liegt? Ich kann es mir nicht ganz vorstellen… und werde eines besseren belehrt. Irgendwie kommt mir das ganze -genau wie letzte Woche- magisch vor. Es liegt allerdings nicht an Lidl, Fritz betont das extra. Für mich haben die halt nicht gepaßt. Das ist das Entscheidende.
Nachdem meine Radschuheinlegesohlen passen und mich nicht mehr schief machen, geht’s meinen Schuhen an den Kragen. Die Klickplatten sitzen nicht gut. Sie müssen weiter in Richtung Ferse um perfekte Arbeit leisten zu können. Na gut. Ich habe keine Ahnung und Fritz Buchstaller wirbelt mit Stift und Zollstock an meinem Schuh…und ich, ich habe vertrauen. Alles was Fritz hier bei Radsport Buchstaller macht und sagt, außer dass ich bayrisch nicht immer gut verstehen kann, scheint Hand und Fuß zu haben. Es ist mir kaum vorstellbar, dass irgendeine seiner Aktionen keinen Sinn machen könnte.

Wo wir schon mal dabei sind

Als die Radschuhe gut passen und alles an meinem Körper so ist, wie es sein soll und gehört, nimmt sich Fritz noch meine Laufschuhe vor. Und dann darf ich mich auf das Rädchen setzen, dass schon in einer Rolle eingespannt auf mich wartet. Ich glaube, ich kann es lächeln sehen. Sicherlich wurde es hier im Laden schon öfter angeschaut, aber es dürfte für die meisten Athleten zu klein gewesen sein… also hat es einfach auf mich gewartet. Das ist doch nett.
Ich steige auf.
Die neuen Pedale haben nur noch auf einer Seite einen Klickzugang. Ach je. Wieder was zu lernen. Ist ja kein Problem, ich bin ja jung und so weiter. Dann hat sich ja zusätzlich die Klickplatte am Schuh verschoben… also muß ich mich auch da umgewöhnen. Dabei ist es nur ein cm. Ein einziger. Aber das reicht bei meiner Schuhgröße offenbar für eine große Veränderung?

Pedalieren

Als ich sitze und auf beiden Pedalen erfolgreich eingeklickt bin, darf ich mal lostreten. So prüfen wir gefühlt blitzschnell aber in der Realität sehr genau, ruhig und wirklich lange, die richtige Sitzposition. Der Sattel wird nach vorne und nach oben bewegt, die Sattelstütze wird noch etwas abgesägt, der Vorbau wird länger, die Schaltungshörner kippen mehr nach oben und immer wieder wird kontrolliert ob ich richtig draufsitze. Radeinstellen ist anstrengend. Soviel ist sicher.
Als dann nach einer Ewigkeit in der der Zeugwart mit einem Kaffee ausharrt, der Zeitpunkt gekommen ist, dass Fritz messen möchte, wie viel Druck ich auf den Sattel bringe, montiert er ein entsprechendes Messgerät unter meinem Hintern. Dann trete ich in Aeroposition eine Weile und wir betrachten im Anschluß das Computerbild, was die Sattelfolie und mein Hintern gemeinsam gezeichnet haben. Ich bewege meine Hüfte kaum, sagt ein kleiner Punkt der wie wild über das Bild seine Bahnen zieht. Ganz kleine Linien nur. Ein gutes Zeichen sagt Fritz. Die Farbgebung des Bildes ist blau. Der Druck den mein Hintern auf den Sattel bringt deshalb überall im gewünschten „grünen“ Bereich. Aber, so sagt Fritz Buchstaller mehrfach, das Computerbild ist eines, das Gefühl was mir der Sattel bringt, ein weiteres Puzzleteil auf dem Weg zur perfekten Position.

Gut eingestellt

Mein Schambein schmerzt etwas. Da drückt der Sattel mich, obwohl auch hier die Farbe auf dem Computerbild absolut blau und keineswegs einen großen Druck darstellt. Aber so ist das bei Sätteln, sagt der Fachmann, da kann das Gefühl feststellen, dass kaum Druck trotzdem merkbar und vielleicht auch unerträglich ist. Deshalb ist das Athletengefühl so wichtig.
Wir versuchen einen zweiten Sattel. Der fühlt sich schrecklich an, als ich die ersten Umdrehungen mache. Aber Fritz hat die Lage sofort erkannt und stellt den Sattel erst noch eine Idee perfekter ein. Und schon geht’s. Der Schmerz ist weg. Irre. Ich trete ein paar Minuten, dann kommt wieder die Folie auf den Sattel und wir messen den Druck. Dieses Mal fühlt sich alles prima an. Auch das Schambein. Und das bunte Computerbild hüllt sich auch bei diesem Sattel nur in Blautöne. Der kleine hektische Punkt ist eigentlich nur noch auf einer Stelle und hüpft gar nicht hin und her. Dieser Sattel fühlt sich für mich besser an, als der Erste. Auch Fritz Buchstaller’s Rat, geht von der Computerauswertung her, zu diesem Sattel.
Dann fahre ich noch ein bißchen und dann sind wir fertig. Also Fritz und ich sind fertig.
Für das Rädchen beginnt das Abenteuer jetzt erst. Denn nun werden Schalt- und Bremszüge verlegt, Lenkerband befestigt, der Tacho, die Luftpumpe und die Flaschenhalter werden montiert und alles wird perfekt eingestellt und kontrolliert. Nach zwei Stunden, die der Zeugwart und ich mit einem ausgiebigen Frühstück 300m die Straße runter in der Hausnummer 16 einnehmen, steigt meine Aufregung.

Empfang

Als wir zurück bei Radsport Buchstaller sind, wird mir das fertige Rädchen von Rudi in die Hand gedrückt und ich darf die Probefahrt machen. Einfach die Straße runter bis zur Wechselzone der Challenge soll ich fahren. Da kann ich mir gleich anschauen, wo ich das Rad dann abstelle, sagt Fritz. Aha. Er hat für mein Rädchen schon große Pläne gemacht, ganz offensichtlich.
Ich steige auf, habe Mühe mit Links gleich einzuklicken und fahre dann aber verbunden los. Mein rechter Fuß schafft es während der Fahrt dann aber einfach nicht einzuklicken. Also halte ich an und schaue mir noch mal genaustens an, was der Fuß und die Pedale tun müssen, um zu klicken. Schwer sieht es nicht aus… also noch mal versuchen. Dann klappt’s auf wundersame Art und Weise und ich fahre kurz durch die Gegend. Meine Maximalgeschwindigkeit sind dabei 40km/h. Als ich das auf dem Tacho sehe, bremse ich natürlich sofort. Das ist mir zu flott. Ich erschrecke regelrecht.
Das Rädchen knackt leicht. Also berichte ich das nach meiner Rückkehr im Laden und Oliver, einer der Mitarbeiter, fährt selbst noch mal eine Runde. Ein Kettenglied war’s… und schon ist das Knacken gerichtet. Meine nächste Runde ist geräuschlos und super schnell. Das Einklicken klappt schon besser als am Anfang und auch das Schalten vorne an den Hörner ist nicht mehr ganz so ungewohnt. Mein junger Geist kann sich schnell gewöhnen, offensichtlich.

Das kleine Rädchen ist nun also fertig.

Es hat einen Tacho, zwei Flaschenhalter (einen hinter dem Sattel und einen im Rahmen), eine Tasche für einen Ersatzschlauch inklusive Reifenheber hinter dem Sattel und eine Luftpumpe. Und es hat einen Namen.
Offiziell heißt es Cannondale Slice. Meines heißt allerdings, dank meiner Sitzposition und der damit verbundenen, etwas außergewöhnlichen,  vorderlastigen Sattelstellung: Gonzo. Jetzt muß nur noch der Dauerregen aufhören und dann kann ich Gonzo zeigen wie sein Training sich die nächsten Jahre so gestalten wird. Immerhin werden wir einige Zeit brauchen um uns aneinander zu gewöhnen.

 

Auf diesem Weg ein ganz herzliches Dankeschön vom Zeugwart und mir an das Team von Radsport Buchstaller ! Wir haben uns wirklich außerordentlich gut betreut gefühlt!