Ich möchte diesen Tagesablauf nicht mehr haben. Es ist total blöd, ständig bei Ärzten zu sein. Wenn man gesund ist, dann weiß man das gar nicht zu schätzen. So geht es mir zumindest immer. Ich denke mir oftmals, dass das ja eh alle normal ist, dass man das als gegeben hin nimmt und vor allem… was soll schon passieren. Tja. Was so spontan passieren kann, das weiß ich jetzt. 
Heute ist also wieder ein Arzttag. Zahnarzttag um genau zu sein. Unnötig zu erwähnen, dass es die Röntgenabteilung bisher noch immer nicht geschafft diese zwei Röntgenbilder zu meinem Zahnarzt zu bekommen. Unfassbar eigentlich. Aber leider wahr. 
Wenigstens versuche ich pünktlich beim Zahnarzt zu sein, wenn es die Röntgenbilder schon nicht schaffen. Draußen sind 0Grad und so ziehe ich mir eine Jeans an und nicht die dünne Jogginghose von letzter Woche. Das Anziehen klappt heute genauso gut wie gestern. Das heißt, gestern war kein Glücksgriff, sondern ein -fast- ganz normales Anzieherlebnis. Schön zu wissen. 
Beim Arzt bekomme ich die Behandlungsmethoden und meine Möglichkeiten erklärt, während die Narkose wirkt. Er macht außerdem Zahnfee zum anfassen und ich sehe Kronen, Brücken, Implantate und was sich alles davon für meine Baustelle eignet oder eben auch nicht, erfahre ich außerdem. Da ich mit solchen Sachen bisher noch nie etwas zu tun hatte, ist das alles wirklich spannend. Dann gibt es eine weitere Wurzelbehandlung und ich werde wieder zur Traumaversorgung in das Carolinum in der Uniklinik entlassen. Am Besten, ich nehme mir die Röntgenbilder dann von dort gleich mit… falls man mich als Patientin überhaupt findet. Oder so. 
Als ich vom Zahnarztstuhl aufstehen möchte, merke ich es heute zum ersten Mal. Die Jeans blockiert mich. Sie ist schwer, hart und total unsportlich. Meine neu gewonnene Dynamik wird gebremst. Ich kenne die Jeans schon länger und bisher hatten wir nie solche Probleme wie heute. Aber anscheinend will sie es nun wissen? Keine Ahnung. 
Der Zeugwart läßt mich noch etwas draußen rumschleichen und die Luft der Normalität schnuppern, ehe wir wieder heim fahren. Die Jeans behindert mich die ganze Zeit. Wir fahren dabei heute in den Wald. Dorthin, wo der Unfall passiert ist. Ich hoffe irgendwie, dass ich mich wieder an den Unfallhergang erinnern kann. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn einem eine oder zwei Lebensstunden fehlen. Leider nützt mir der Besuch im Wald diesbezüglich nichts. Außer, dass ich durchschleiche und erstaunt bin, dass ich mich auch jetzt nicht an etwas erinnern kann. Die Luft im Wald ist aber ziemlich angenehm. Und das tiefe Durchatmen tut meinem Brustkorb nicht mehr weh. Der Waldbesuch hat also auch seine guten Seiten, auch wenn er keine Geheimnisse lüftet. 
Und als wir zu Hause angekommen sind, ziehe ich als erstes die Bremserjeans aus. Ohne ist mein Knie wirklich beweglicher. Und dabei dachte ich, die Jeans und ich sind Freunde?