Vor dem Wochenende hatten wir herrliches Frühlingswetter. Am Donnerstag habe ich sogar die Wäschebalkonsaison eröffnet und die Wäsche zum trocknen draußen aufgehängt. Und jetzt, gerade, wo wir heute RTF fahren wollen, entscheidet sich die Sonne anderswo mitzufeiern. Bei uns ist der Himmel wolkenverhangen und der Wetterbericht läßt auch keine Zweifel daran zu, dass es heute wohl so bleiben wird. Wenigstens regnen soll es am heutigen Vormittag nicht. Die Regenjacke bleibt also heute daheim. Das tut sie schon, weil alleine meine Überzeugung auf trockenes Wetter ausreichen muß, ihre Anwesenheit nicht zu rechtfertigen.

Wir kommen pünktlich von daheim los und sind deshalb auch fast pünktlich am Start. Die Masse an Radlern, die doch vermehrt mit dem Auto anreisen, hat die zur Verfügung stehenden Parkplätze bereits ganz schön unter Druck gesetzt. Der pfiffige Zeugwart findet aber trotzdem einen Parkplatz und so können wir unsere Radsachen anziehen, die Räder aufpumpen und zum Start abdüsen. Hier passiert die Anmeldung ganz futuristisch. Offenbar gibt es ein neues System bei der Startnummernvergabe, denn der Startpass kommt samt Startnummer aus einem Drucker. Frisch gemacht sozusagen. Ich wünschte plötzlich, gestern wäre es nicht so spät geworden und auch ich würde mich frisch gemacht fühlen. Statt dessen merke ich spontan, dass ich unfitter bin, als geplant. Gut, dass die RTF in Ilbenstadt nicht soviele Höhenmeter aufweist. Zumindest nicht nach der Ausschreibung.

Unsere Gruppe formiert sich und nachdem die Startnummern befestigt sind, geht es auch schon los. Startstempel auf den Paß und ab geht’s erst mal auf die Ironman Radrunde durch den Ort. Die Männer haben sich heute erneut bereit erklärt mich mitzunehmen. Zwar weise ich jeden einzelnen auch heute wieder mehrfach darauf hin, dass es ok ist vorzufahren und nicht auf mich gewartet werden muß, aber alle winken ab. Ich bin mir unsicher warum das so ist. Die Männer werden durch meine teilweise stümperhafte Fahrweise oftmals regelrecht ausgebremst. Gerade Berg hoch verschalte ich mich, oder ich kann nicht so aus dem Sattel gehen, wie ich das gerne würde, weil mein Knie dann weh tut oder meine Hüfte zwickt. Und so muß ich abreissen lassen und die Männer fahren voraus. Aber sie warten zwischendurch immer wieder. Gerade der Schwimmer, der im Windschattengeben die Nase wirklich weit vorne hat, ist der beste Warter überhaupt. Er geht sogar so weit, dass er selbst auf gerader Strecke öfter mal prüft, ob ich noch dranhänge. Was ein Luxus! Danke dafür.

Claudi gives it a TRI - RTF Ilbenstadt

Außer dass ich am Berg, wie fast schon üblich, zurückbleibe, bin ich heute außerdem hauptsächlich Empfänger von guten Ratschlägen. Zumindest kommt es mir so vor. Jeder zweite Mann, der an mir vorbeifährt gibt einen Ratschlag. Alle gut gemeint und alle nett. Und trotzdem irgendwie ein bischen viel für mein Gemüt. Vor allem, weil ich die Männer gar nicht kenne. Aber Hauptsache mal Kontakt aufnehmen. Ich lerne wenigstens auf diesem Weg immer noch etwas dazu… welcher Gang besser wäre, oder wann man einfach auch mal aus dem Sattel gehen sollte. Meistens verschalte ich mich noch. Obwohl es nicht wirklich ein verschalten ist, wenn man im falschen Gang daherfährt, es hat eher was von Ahnungslosigkeit, weil es besser möglich wäre, man aber aus Unwissenheit einfach nicht weiß, was man besser machen kann. Ich nehme mir also vor alle Tips zu beherzigen und mir meine Laune nicht verderben zu lassen.

Leider klappt es mit dem Knie und dem „aus dem Sattel gehen“ nicht immer so, wie es sicherlich am Besten wäre, aber gut. Abstriche muß man eben machen. Außerdem fahre ich auch heute wieder deutlich flotter die paar Anstiege hoch, als noch im letzten Jahr. 14km/h sind es mindestens.

RTF

An den Verpflegungsstellen tanken wir auf und unsere kleine Vierergruppe wächst am ersten und schrumpft wieder am zweiten. Wir sind sowieso so flott am ersten Verpflegungs- und Stempelpunkt angelangt, dass ich kaum glauben kann, dass wir bereits über 30km unterwegs sein sollen? Die Zeit auf dem Rennrad vergeht wirklich wie im Flug. Vor allem, wenn man auf den ersten Kilometern, quasi beim einrollen für die Männer (und bei normaler Geschwindigkeit für mich), erst noch mal ein bischen sozialverträglich radelt. So kann ich mir auch überlegen, ob der Führer in der roten Jacke, der heute -und wohl auch in Zukunft- mit einem grünen Exemplar Rad fährt, umbenannt werden sollte, oder aus Tradition so weiter heißt. Ich kann außerdem die Berge im Kraichgau visualisieren und mir überlegen, was es heute Abend so zu essen geben könnte. Außerdem versuche ich mich an die Kuchentheke zu entsinnen und frage mich, ob ich mich an das Angebot erinnern kann. Kann ich aber nicht. Es bleibt also nur zu hoffen, dass es, wie bei RTF’s üblich, umfangreich und lecker ist.

Wir wachsen um zwei Gruppenmitglieder nach der ersten Verpflegungsstation. Ein Kollege von mir sowie ein -nach eigener Aussage- nicht schneller Fahrer, gesellen sich dazu. Mein Kollege, als mehrfacher Ironman Teilnehmer und Sieger mehrerer Veranstaltungen, braucht gar nicht zu erwähnen ob er schnell oder langsam ist, ich weiß, dass die Radlerei mit mir ihn in keinster Weise fordert. Der nicht schnelle Fahrer braucht allerdings ebensowenig etwas dazu zu sagen, ihm sehe ich an, dass seine Selbsteinschätzung nicht stimmen kann. So fahren also die beiden Supersportler mit uns mit und seilen sich an der nächsten Verpflegungsstelle wieder ab. Beide sehen wir dann im Ziel wieder, wo ich meinem Kollegen erst noch erklären muß, dass das Kuchen essen keine Wahl sondern eine Pflichtveranstaltung ist. Da es Streuselkuchen gibt, ist er leicht zu überzeugen!