Nachdem mich ein sonnengebrandetes Ohr in der Nacht weitestgehend wach hielt, weil es ganz offenbar lieber an Kohle als an ein Hörorgan erinnern möchte, wache ich heute ziemlich gerädert auf. Lediglich meine Beine sind hocherfreut, dass es heute mit dem Trainingslager weiter geht. Das alleine sollte mich heute schon stutzig machen, aber ich lege einen zu großen Fokus auf mein linkes Ohr und weil ich in der Nacht bereits Übung im Aloe Vera cremen hatte, mache ich heute früh damit gleich weiter. Das kleine linke Ohr saugt die kühlende Lotion förmlich von meinem Finger weg. Ich beschließe heute mit Stirnbandbuff Rad zu fahren und überhaupt heute den ganzen Tag eher wie Lieschen vom Land als wie ein Triathlet auszusehen.

Schließlich möchte ich mein Ohr nicht in Kohle verwandeln und so ein Buff kann auch immer fein befeuchtet werden und kühlt mein Ohr dann zusätzlich. Ein wahres Ohrenfest, zumindest klingt es danach. Da ich den Tricamp Buff benutze, bin ich stylisch wenigstens recht weit vorne und muß nur gefühlte 30 mal erklären, warum ich heute eher wie vom Bauernhof, als wie vom Triathlontrainingslager aussehe. Aber meinem Ohr geht es sekündlich besser mit dem Sonnenschutz und der Dauerkühlung.

Wir radeln heute wieder zum Pool. Die Sonne brennt, es sind locker 25°C und ich überlege mir so klammheimlich, ob nicht ein feuchter Buff unter meinem Fahrradhelm auch außerhalb des an Kohle erinnernden Ohres eine gut Option wäre. Ich muß mich daran dann einfach mal beizeiten erinnern. Und in der Theorie könnte man ja das Ohr auch halb rausschauen lassen, wenn man etwas Farbe riskieren möchte. Heute möchte ich das aber auf keinen Fall. Womöglich hat die Industrie auch noch Sommer- und Winterbufftücher entwickelt… das wäre ja ganz verrückt.

Die Radlerei zum Pool geht wieder über die Schilfstrasse. Hier haben wir einen kurzen Truppenzwischenfall, weil man in einer Gruppe eben möglichst erst Zeichen gibt und dann eine Aktion durchführt. Ist man das nicht gewöhnt und wählt eine andere Reihenfolge, dann kann das zu heiklen Manövern führen. Richtig passieren tut glücklicherweise nichts, meine Reihe beschließt lediglich, dass ein Sicherheitsabstand von 4-5 Metern besser ist, als ein Unfall im Windschatten. Und so halten wir Abstand, erweitern unsere Trainingseinheit, weil wir eben nicht mehr richtig im Windschatten fahren und kommen ebenfalls gut an.

Pollentia

Beim heutigen Schwimmtraining dreht sich -gefühlt wie jedes Mal mit der Chefin- alles um die Wasserlage. Natürlich hat sie recht und die Wasserlage ist auch das A und O beim schwimmen. Trotzdem können wir halt alle auch nicht hetzen. Das gechlorte Salzwasser im Pool tut sein übriges und die Chefin hat schnell Mitleid mit der Meute und ordnet noch ein Wettkampftraining an.

Massenstart

Geübt wird ein Massenstart, und weil das Becken nicht wirklich richtig lang ist -zumindest nicht für 7 Triathleten die alles geben wollen – gibt es nicht nur zu Beginn, sondern auch bei der ersten Wende ein richtiges Wettkampfgefühl. Keiner gibt hier nach… das ist eine tolle Sache.

Im Anschluß müssen wir uns stärken und das geht am besten mit kleinen Stücken vom hoteleigenen Mandelkuchen. Heute haben wir nämlich noch Großes vor und da darf der Mandelkuchen nicht zu klein ausfallen. Ehrensache, dass die Kellnerin das versteht und uns mit 4 bestellten Stücken quasi eigentlich den kompletten Kuchen serviert. Prima! Sie hat ganz offensichtlich öfter mit ausgehungerten Triathleten zu tun… wie passend.

Wir machen heute nach dem Mandelkuchen noch ein Koppeltraining. Es wird immer hin und her gehen an der Uferpromenade und wir werden nacheinander immer 10km Fahrrad fahren und 2km laufen. Alleine das Vorhaben klingt schon ziemlich wild und als der Hüne mit uns die Einführungsrunde fährt, wird mir immer klarer, dass wir das tatsächlich durchziehen werden. Weil Triathleten eben einfach ein bisschen anders sind als andere.

Mir fällt das Laufen unheimlich schwer und bis ich rund laufe, bin ich schon wieder am Fahrrad und wir legen mit dem „all out“ Koppeln los. Die Einführungsrunde war Pillepalle im Vergleich zu dem, was ich jetzt so mache. Auf dem Rad drücke ich konstant 33 oder 34km/h und gegen den Wind werde ich nur 1-2km/h langsamer. Sind ja auch nur 10km… aber paßt trotzdem ziemlich gut. Unser Start läuft bei mir etwas verzögert, weil ich ja meine Uhr erst noch starten muß. So bescheuert bin ich mittlerweile. Unfassbar. Ich hole mir aber noch einige meiner Mitstreiter und nutze dann kurz den Windschatten der Chefin. Ich mache quasi den Hürzeler, weil mir im letzten Jahr ja einige der betagteren Hürzeler Radfahrer im Windschatten hingen. Den Hürzeler machen ist also ein geflügeltes Wort, zumindest für mich.

Ich kann schneller fahren und setze mich vor die Chefin, die nun wiederum den Hürzeler macht und sich festbeißt. Wir fliegen nur so dahin, überholen die Radgruppen die nur so dahingondeln und ganze Züge von Sportlichen. Der Zeugwart, der wegen Luftmangel nicht koppelt, sondern lieber mit der Hübschen laufen geht, macht noch ein schnelles Bild von uns und dann sind wir auch schon vorbei. Ich trete was das Zeug hält und bringe uns prima zum Wechselplatz. Dort springt die Chefin in ihre Schuhe und hängt mich locker ab. Wahnsinn, was sie laufen kann.

Windschatten

Ich laufe auch, aber ich eiere rum und schleppe mich. Die Uhr zeigt tatsächlich noch einen Schnitt von 6:10min/km, was wesentlich schneller ist, als ich mich a) fühle und b) sonst laufe. Aber die Uhr lügt nicht. Der absolute Wahnsinn! Zurück am Rad, ziehe ich meine Radschuhe wieder an und setze den Helm auf mein kühlendes Bufftuch. Dann warte ich kurz eine Lücke auf dem Radweg ab und zack, bin ich wieder auf dem Rad und gebe volle Kanone auf die Pedale. Diesmal sind mir wieder alle zu langsam und ich finde auch keine Gruppe, in die ich mich reinhängen kann. 10km volles Rohr ohne Hilfe… das hatte ich anders geplant, aber egal. Das nächste Laufen ist wieder super anstrengend und ich merke mein Knie. Also entscheide ich mich dazu nicht bis zu Ende zu koppeln.

Da kommt die Chefin angerannt und sagt, dass ich ihr doch bitte Windschatten geben soll. Na so eine Bitte kann ich kaum abschlagen, obwohl das im letzten Jahr noch gut gegangen wäre. Heute nicht. Wir radeln gemeinsam los und ich setze mich vor die Chefin und wir ballern über die Uferpromenade als wenn es kein Morgen gäbe. Was ein Fest. Wir suchen eine Gruppe, finden aber keine verlässlichen Vorfahrer, bis ich die Chefin schließlich an einen Sportler aus Siegen abgeben kann. Der zieht sie noch mal ein Stückchen schneller und ich beschließe mich nicht auch noch reinzuhängen. Im Kraichgau muß ich schließlich auch alleine ran, also drücke ich hier auch noch bis zum Schluß.

Nachdem alle im Ziel sind, fahren wir unsere Räder abgeben. Das Trainingslager ist mit dieser letzten harten Einheit beendet. Morgen geht es wieder zurück nach Hause. Da kann man nur hoffen, dass die Sonne es kurzfristig bis nach Deutschland schafft, immerhin muß so eine Urlaubsbräune ja regelmäßig aufgefrischt werden.

Fazit

Auch in diesem Jahr hat uns das Trainingslager wieder extrem gut gefallen. Wir haben uns von Anfang bis Ende gut betreut gefühlt, die Gruppe war super und unser Training lief klasse. In diesem Jahr waren wir gefühlt noch besser vorbereitet als letztes Jahr (und natürlich haben wir auch ein Jahr mehr Training in den Knochen und Muskeln) und konnten deshalb bei der schnellen Radgruppe richtig ranklotzen oder bei der langsameren Radgruppe etwas ausspannen, ohne Streß. Die Gruppengestaltung im letzten Jahr hat uns deshalb etwas mehr zugesagt, wir waren mit der langsamen Radgruppe gut gefordert. Dieses Jahr hätten wir von der Selbstwahrnehmung her besser in eine dritte Gruppe in der Mitte gepaßt.

Das Essen war super lecker, immer genug und prima gewürzt… der Pool war sogar etwas wärmer als im letzten Jahr. Obwohl der Tonangeber nur einen Abend mit Anwesenheit glänzte und auch der Windschattengeber noch 5 gemeinsamen Tagen schon wieder abgereist ist, haben sich die Chefin und der Hüne richtig viel Mühe gegeben. Der Hüne ist auch ein prima Radguide, hinter dem ich sehr gerne hergefahren bin. Er kümmert sich vorausschauend um seine Radgruppe und kann gut abschätzen, wann eine Pause angesagt ist und wann nicht.

Wenn es mit unserer Liebe zum Triathlon so weitergeht, dann sind wir im kommenden Jahr bestimmt wieder mit von der Partie. Wir haben uns wieder besonders gut aufgehoben gefühlt und können Tricamp und die Camps von Judith und Tobi uneingeschränkt empfehlen. Sie machen einfach alles genau richtig. Vielen Dank dafür!