Pfingsten soll das Wetter schlecht werden. Die Eisheiligen wollen voll austeilen und der Wetterbericht kündigt an, dass es kälter wird, als es an Weihnachten war. So schlimm wäre das nicht, gefühlt hatten wir an Weihnachten 18°C, was soll also an 17°C kalt sein. Aber kälter könnte auch 9°C bedeuten, und das wäre extrem doof. Da der Wetterbericht aber bekanntlich eh nicht alles weiß und längere Vorhersagen sowieso mit Vorsicht zu genießen sind, konzentriere ich mich heute erst mal auf den aktuellen Trainingsplan und eine klimagerechte Kleidung zur Durchführung desselben. Der Trainer hat mich mit einem 45 Minuten Lauf bedacht und erfreulicherweise wird der Zeugwart sich anschließen. Was will ich mehr? Außer vielleicht nicht 45 Minuten laufen.

Ich schleppe mich die Treppe runter und könnte, als das GPS Signal mit einem Pieps meiner Uhr verkündet, es wäre jetzt da, auch schon wieder hoch gehen. Und selbst das erscheint mir für den Moment als sehr anstrengend und keine passable Lösung. Einfach hinsetzen wäre nett. Aber der Zeugwart kennt kein Erbarmen. Er läuft einfach los und irgendwie ich dann auch. Und schon sind wir unterwegs auf der Piste und laufen. Er hat Glück, das sehe ich bereits jetzt am Himmel, denn auch heute wird es nicht anfangen zu regnen, obwohl das ja oft der Fall ist, wenn ich am laufen bin. Laufen kann man das heute allerdings auch nicht wirklich nennen. Vielleicht gibt es deshalb auch keine Aussicht auf Regen?

Irgendwie laufe ich unrund. Und unlustig noch dazu. Heute ist lauftechnisch nicht mein Tag. Ich hatte auch den ganzen Tag meine hohen Sandaletten an, die wunderbar aussehen und für ihre Absatzhöhe erstaunlich bequem sind, aber als Vorbereitung für einen Lauf anscheinend nicht taugen. Es ist eine wahre Quälerei. Leider verleitet mich das dazu zu fluchen, was die Sache nur noch schlimmer macht. Denn der Kopf trägt ja überraschenderweise auch recht viel dazu bei, dass man weiterläuft, oder eben auch nicht. Motivation ist alles und der Geist ist dazu fähig Berge zu versetzen. Oder man kann es sich mit schlechter Laune auch einfach nur total versauen. Der Zeugwart läßt sich davon nicht anstecken und so laufe ich fluchend und unrund neben dem Zeugwart her und möchte am liebsten umkehren. Besser jetzt als später. Aber der Zeugwart ist heute der Kilometer- und Zeitvorgeber und kennt kein Erbarmen. Ihm ist es außerdem wurscht, dass ich mich quäle. Wir laufen bis zur Kreuzung und dann darf ich umdrehen. Harte Worte.

An der Kreuzung drehe ich tatsächlich um und der Zeugwart läuft noch ein bischen weiter. Bei ihm läuft es nämlich wunderbar heute. Insgesamt kommt er erst nach 11km nach Hause. Ich dagegen quäle mich noch ein bischen weiter. Dann beschließe ich eine Erholungsgehpause zu machen. Im Kraichgau mache ich ja -so zumindest mein Plan bisher- auch alle 5km eine Gehpause um meinem Knie und der gestressten rechten Seite etwas Erholung zu gönnen. Warum also nicht heute auch? Die Erholungsgepause mache ich 3 Minuten und gehe dabei erstaunlich weit, trotz Erholungsgeschwindigkeit. Die Pause tut sehr gut. Ich laufe langsam wieder an und habe nach ein paar Metern bereits eine bessere Haltung und eine schnellere Geschwindigkeit als die 20 Minuten vor der Pause. Und mein Kopf ist freier. Das ist auch was wert.

Neben mir geht auf einmal ein Habicht runter. Oder ein Bussard. Vielleicht auch ein Milan, was weiß ich. Mit meinem Vater wäre das nicht passiert, der kennt jeden Greifvogel und könnte nun ganz präzise mitteilen welche Sorte hier neben mir auf dem Feld gerade auf Beutefang runtergeschossen kam. Ich erfreue mich einfach, dass mein Fußaufdruck offenbar so leise ist, dass er den Vogel nicht beim jagen stört und dass es das gejagte Tier ebenfalls nicht zum wegrennen animiert. Der Vogel sitzt im Feld, zupft kurz die Beute zurecht und fliegt dann auf und davon zum Waldrand.

Auf diesem Weg werde ich natürlich niemals erfahren, was es für ein Vogel gewesen ist. Ich erinnere mich aber auch immer so schlecht, so dass ich das Exemplar selbst jetzt, nur wenige Minuten danach, schon nicht mehr auf einem Bild wiedererkennen würde. Mein Kopf ist einfach voll mit anderen Dingen. Während ich mir also noch so überlege, ob ich meinen Vater mal nach einem Vogelbestimmungsbuch frage, oder vielleicht gibt es ja auch bereits eine entsprechende App, die mich mit Wissen füttern würde, bin ich im runden Tritt angekommen und es läuft nur so vor sich hin. Einfach so, als hätte es schlechte Stimmung oder unrundes Laufgefühl niemals gegeben. Ein Hoch auf die heimischen Greifvögel. Leider dürfte das die Maus, die jetzt ein Abendessen ist, anders sehen.