Nachdem wir letzten Sonntag, bei Regenwetter, alleine im Spessart waren, fahren wir heute mal wieder eine RTF und zwar mit Männergesellschaft. Die durchtrainierten Männer vom Rad Team Rhein-Main haben gestern großzügig angeboten, meinen müden nicht könnenden Körper im Notfall über die Strecke zu ziehen und die Berge hochzuschieben, so dass ich mich in vollkommender Sicherheit wiege, als der Zeugwart und ich heute früh zum Start aufbrechen. Wir fahren direkt mit dem Rad hin. Durchtrainierte Leute machen das. Warum hat sich mir noch nicht erschlossen, ich verstehe nicht so recht, was falsch daran ist, mit dem Auto hinzufahren und dann im Anschluß auch wieder mit dem Auto heim. Aber der Zeugwart redet was von 4 Stunden Radfahren und Kilometer in die Beine bekommen und ich will da besser nicht drüber diskutieren. Höchstwahrscheinlich stellen wir eh schnell fest, dass ich keine Ahnung habe und deshalb auch keinen sinnvollen Beitrag zur Diskussion leisten kann. Wir fahren also mit dem Rad zum Start. Na, warum auch nicht?

Die Männergruppe, mit denen wir gerne mal unterwegs sind und die sich gestern zum anschieben bereit erklärt haben, fährt um 9h los. Der Motivator und der Jäger treffen sich ebenfalls um 9h, wollen aber eine kürzere Runde absolvieren und werden sich so nach einigen Kilometern an der Streckenteilung von uns trennen. Bis dahin können die beiden sich aber natürlich an der Zieherei und dem Anschieben beteiligen. Da will ich gar nicht wählerisch sein.

Wir fahren zeitgleich mit dem Frosties Tiger und seiner kleinen Gruppe los und sortieren uns über die ersten paar Kilometer. Ganz im Sinne der zahlreich ergatterten Aufkleber von gestern, läuft es gut bei uns. Wir fahren eine ordentliche Geschwindigkeit, die Herren scheinen sich nicht extrem zu langweilen und schon gibt es die Streckenteilung und der Motivator und der Jäger verabschieden sich. Für den Motivator ist es heute die erste Rennradtour und weil beide -wie wir auch- mit dem Rad zum Start gefahren sind, wollen sie es bei 55km als RTF Part belassen. Die anderen Männer und ich fahren weiter. Unser Plan sind die 85km, obwohl manch einer unserer Gruppe auch gerne die 120er Tour abfahren würde.

Die Runde der RTF führt grob entlang der Moret Triathlonstrecke, allerdings genau andersrum. Das bringt Abwechslung, Höhenmeter und Unklarheit. Der erste Anstieg ist mir zwar bekannt, aber nur als Abfahrt und ich kann schlecht einschätzen, wie lange er ist und wie steil er wird, wenn ich Berg hoch fahre. Ein super Training, vor allem für den Kopf. Heute macht mir alles so richtig viel Spaß. Der Führer in der roten Jacke fährt am Anstieg öfter mal neben mir, immer bereit dazu mich ggf. anzuschieben. Aber das muß er tatsächlich nicht. Ich komm gut ohne ihn hoch und bin auch nicht so extrem langsam. Zumindest nicht in meinen Augen, nach ihm, könnte ich natürlich ruhig noch an Geschwindigkeit zulegen. Den Ritter lasse ich allerdings weiter hinter mir, so dass ich so schlecht ja gar nicht fahren kann. Es liegt eben immer im Auge des Betrachters.

Abfahren kann ich und nutze vor allem auch noch den Schwung um den nächsten Anstieg mit über 20km/h ins Visier zu nehmen. Dieser ist mir auch bekannt, zumindest weiß ich auch bei diesem, wo oben ist, nicht genau wie lange es dauert. Ist aber egal, ich fahre einfach, schalte auch mal schwerer und gehe aus dem Sattel, weil der Führer in der roten Jacke genau diese Tipps los wird und schon bin ich oben. Und erfahre, dass der Ritter für heute genug hat und nicht mehr mit uns weiterfahren wird. Er läßt sich abholen und wir treffen ihn beim Kuchen am Schluß.

Nach der Abfahrt bin ich etwas zurückgefallen und muß mich erst wieder an die Männer ran arbeiten. Ich greife unten und gebe alles. Mit 41km/h versuche ich die Herren einzufangen. Netterweise wartet der Führer in der roten Jacke und auf mein „ich bin da“, gibt er Gas und ich hänge mich in den Windschatten. So fahre ich nun gute 2 km/h schneller in seinem Windschatten als er mir, während die Männergruppe bereits in Sichtweite ist, ein Zeichen hinter seinem Rücken gibt. Ein Daumen, der nach oben zeigt. Was auch immer das heißen soll. Manchmal überschätzen Männer Frauen einfach. Ich habe keine Ahnung, was der Führer in der roten Jacke jetzt von mir möchte. Aber ich deute es auf meine Weise. Ich bleibe hinter ihm und während wir an den anderen  Herren mit 43km/h vorbei preschen, pfeife ich ein Lied. Aber ich bleibe eingeklickt, obwohl das dem Hünen nicht schmecken dürfte, wo er mir ja extra gezeigt hat, dass es cooler ist, wenn man einbeinig ausgeklickt an jemandem vorbeifährt. Allerdings hat der Hüne das ja auch am Berg gezeigt. Der Führer in der roten Jacke und ich fahren in der Ebene. Und eben herrlich pfeifend. Wie schon auf Mallorca muß ich mich halb tot lachen, weil der Blick der Männer jeden Km/h wert war. Wunderbar, wenn man solche Mitfahrer hat! Die Männer sind einfach die Besten!

Grundsätzlich kann es jetzt aber nicht mehr weit sein. Die zwei Anstiege liegen hinter uns, die 120er Tour ist auch wieder zurück auf unserer Strecke und mein Tacho zeigt bereits eine recht hohe Kilometerzahl. Wir erreichen den letzten Kontrollpunkt und, natürlich lassen wir unsere Startkarten abstempeln, weil sie sich nur mit der korrekten Anzahl an Stempeln im Papiermüll daheim so richtig wohl fühlen. An der Verpflegung klopfen wir ein paar wunderbar schlaue Sprüche und amüsieren uns köstlich. Mein Rad findet viele anerkennende Blicke, könnte auch Spott sein, aber anerkennend ist mir natürlich lieber. Dem Herren werde ich es später noch zeigen, wegfahren lassen wir den auf keinen Fall!

Auf den letzten Kilometern halte ich mich immer genau hinter dem Gesamtführenden. Gelbes Fahrrad, gelbe Socken, gelbe Schuhe, gelbes Trikot und gelbgemusterte Hose gespickt mit einem gelbem Helm. Hier bin ich richtig und ganz offenbar Zweite. Was soll da heute noch schief gehen? Uns überholt eine Gruppe, die richtig Gas gibt und weil es eine alte Radfahrerregel ist, dass man sich reinhängt und mitziehen läßt, geht’s mit überhöhter Geschwindigkeit zurück zum Start. So rasen wir zurück zum Kuchen und haben eine super windschattige Rückfahrt. Und der Kuchen im Ziel schmeckt außerordentlich gut.

Da der Zeugwart und ich ja keine Autoanreise, sondern eine Fahrradanreise gewählt hatten, machen wir uns kurz nach dem gemütlichen Zusammensitzen auf den Heimweg. Dabei klotzen wir nicht mehr so ran, wie während der RTF und es ist klar, dass der Schnitt von weit über 27km/h etwas leiden wird. An einer Ampel überholt mich ein Rennradler und hängt sich in den Windschatten des Zeugwarts. Ich halte lieber etwas Abstand, weil ich den Typ nicht kenne. Schon komisch, sich so dazwischenzudrängen finde ich. Aber es gibt eben solche und solche Männer. Wie auch immer. Die nächste Ampel nimmt der Typ bei rot und der Zeugwart und ich halten an. Und beim losfahren sehen wir ihn aber noch vorne, alleine ist er halt nicht ganz so flott. Und so beschließe ich, dass ich ihn am nächsten Anstieg stehen lassen werden. Herrlich, dass mein Plan aufgeht und ich ihn tatsächlich einfach so einkassiere. Ich fliege an ihm vorbei, als würde er stehen. Reindrängen hat sich eben noch nie gelohnt.

Nachdem der Zeugwart und ich zurück daheim sind, haben wir 600Höhenmeter mit 100km und der Tacho sagt wir seien im 27er Schnitt entlang gegondelt.