Den Alltag meistern ist meine Priorität Nummer 1 gleich nach dem Gesund werden, was natürlich eigentlich an erster Stelle steht. Der Alltag ist komplizierter wenn man krank ist, als wenn man ihn als gesunder Mensch einfach so nebenbei erledigt. Ich fühle mich nach dem ich die Spülmaschine ausgeräumt habe, wie nach einem Umzug. Wenn ich eine Maschine Wäsche aufhänge, muß ich eine Stunde Pause machen, weil mich das so ermüdet, dass ich nichts weiteres mehr tun kann. Die Wohnung saugen ist eine praktisch unüberwindbare Aufgabe im Moment und Blumen gießen ist schlichtweg nicht möglich. Mit der Gewichtsbegrenzung für meine beiden Arme ist überhaupt vieles, was einfach erscheint, auf einmal schwieriger als gedacht.

Tägliches

Mittlerweile klappt wenigstens das An- und Ausziehen inkl. waschen, duschen, Zähne putzen und Haare waschen ganz ok. Da ich meinen linken Arm nur bis zum 90° Winkel anheben darf und diesen an guten Tagen auch gerade so erreiche, erreiche ich meinen Kopf z.B. nur notdürftig. Einarmiges Haare waschen will einfach gelernt sein und erfordert Übung. Derzeit habe ich auch noch Berührungsängste mit den Narben und manche Bewegungen schmerzen. Die tägliche Pflegeprozedur geht mittlerweile deutlich schneller, ist aber noch ziemlich weit entfernt davon, in normaler Geschwindigkeit absolviert zu werden. Einige meiner Kleidungsstücke kann ich nach wie vor nicht anziehen, weil sie einfach nicht so flexibel sind erst mit dem linken Arm, dann über den Kopf und dann mit dem rechten Arm angezogen zu werden. Auch Schnürschuhe machen mir Probleme, weil man sich beim Zubinden auf den Brustkorb „legt“ oder diesen zumindest zusammen drückt.

Lösungen

Aber als Frau des Zeugwarts, findet sich für alles eine entsprechende Lösung. Wenn nicht von mir, dann auf jede Fall vom Zeugwart, der mich täglich erste Sahne mäßig unterstützt. Statt Schnürschuhe nehme ich meine Zoot Triathlon Schuhe, die ohne Schnürung auskommen und trotzdem fest sitzen. Das sollte nämlich auf jeden Fall gewährleistet sein! Nochmals hinfallen oder gar umknicken wäre fatal und muß unbedingt vermieden werden. Duschen tue ich sicherheitshalber ausschließlich, wenn der Zeugwart daheim ist. So kann er -falls es Probleme gibt- eingreifen. Die Einwirkzeit von Spülung oder Haarkur schaffe ich locker, weil ich einfach in meinen Bewegungen so langsam bin, dass Gliss Kur, Guhl und Nivea ganz verzückt sein können. Stress und Hetze gibt es bei mir nicht mehr seit dem Unfall. Ich bin noch immer ziemlich entschleunigt.

Da das Zähne putzen auch nicht immer ganz perfekt funktioniert, hat mir mein Zahnarzt übrigens tatsächlich ganz wunderbare Post zugeschickt.

Claudi gives it a TRI - Zahngutschein

Ein Gutschein für eine Zahnreinigung! Was eine Überraschung. Ich bin wirklich ganz gerührt. Leider schaffe ich es derzeit noch nicht auf den Zahnarztstuhl, weil die Rippenbrüche am Rücken einfach noch sehr schmerzhaft sind, wenn ich drauf liege. Aber sobald es wieder geht, bringe ich meine Zähne dort auf jeden Fall wieder in Topform.

Stress und Angst

Mein Kopf hat, wahrscheinlich weil ich so stressbefreit und total entschleunigt bin, viele Alltagsthemen, die er nicht normal findet. Auto fahren kann ich ja nicht – und werde es auch für die nächsten Wochen, oder vielleicht Monate, nicht tun können. Also fahre ich mit. Auf dem Beifahrersitz. Stress pur. Ich bin eigentlich immer ein guter Beifahrer gewesen. Gerade bei Freunden und Bekannten habe ich kein Thema gehabt mitzufahren. Das ist jetzt anders.

Ich bin darauf angewiesen, dass mich jemand fährt, aber die gewünschte Entspannung bleibt aus. Jedes andere Auto auf der Strasse verursacht Stress und Angst. Ständig sehe ich Unfälle, wo glücklicherweise keine sind. Fährt ein Radler -womöglich auch noch ohne Helm- auf der Strasse sehe ich ihn im Graben liegen und Kinder sehe ich ständig vor Autos rennen, ohne dass sie das tatsächlich tun. Ich verkrampfe und bin total angespannt, aber ich kann es nicht ändern. Eigentlich müsste der Stressball auch immer mit Auto fahren und nicht nur zur Physiotherapie mitkommen. Ich hoffe inständig, dass ich mich hier bald wieder mehr entspannen kann! Ein bisschen Anspannung ist sicherlich ganz gesund, aber richtige Angst hilft nicht wirklich weiter. Ständig sehe ich, dass was passiert… das muß aufhören. Ich dachte, das passiert automatisch, wenn ich die Medikamente los bin, aber wie auch die Alpträume, bin ich auch diese Angst noch nicht los.

Offenbar hat der Kopf ähnliche Themen zu heilen, wie der Rest meines Körpers an den Rippen, den Schürfwunden oder am Schlüsselbein.