Eisregen im Rhein-Main-Gebiet und das an einem Montag morgen. Passt irgendwie, weil die Strassen eh voll sind und man ja sowieso nicht voran kommt. In unserer Strasse kann man Schlittschuhfahren, mit seinem Auto andere Autos oder unvorteilhaft platzierte Bäume streifen oder sich auf die Schnauze legen. Durchdrehende Reifen und lustige Tierbewegungen von ausgeführten Hunden gibt es gleich inklusive. Vom Fenster aus schön anzusehen. Ich habe das Glück, dass ich nicht ganz früh los muß, sondern erst nach dem Hauptverkehr in Richtung Physiotherapie fahre. Unsere Strasse ist da zwar noch nicht eisfrei, aber weil ich frühzeitig los fahre um vor Ort auch noch meine Geräteübungen machen zu können, lasse ich mir Zeit und fahre langsam und bedächtig. Überraschenderweise tun es alle anderen, die heute im Wald unterwegs sind mir gleich, und so komme ich zwar weit vor der Zeit, aber unfallfrei, beim Aktiven in der Physiotherapie an. Wirklich erfreulich.

Muckis

Heute ist hier die Hölle los und so ist mein Gerät tatsächlich besetzt, als ich ankomme. Unfassbar. Ich nutze die Zeit, bis der Sportler das Zugseil frei gibt, um ein paar Emails zu bearbeiten und als der Athlet fertig ist, besetze ich die Maschine. Gefühlt werde ich irgendwann links richtig viele Muckis haben und rechts gar keine. Glaube ich. In der Realität sieht das höchstwahrscheinlich natürlich anders aus und ich werde mit überhaupt gar keinen Muckis hier raus marschieren. Aber man wird ja wohl noch träumen dürfen.

Knapp vor der eigentlichen Therapiestunde bin ich mit meinen Wiederholungsübungen durch und habe gerade Platz genommen, als der Aktive mich auch schon hereinbittet. Wo es beim Ironman der „Berg der Leiden“ ist, ist es hier die „Liege der Leiden“, das weiß ich schon jetzt. Ich beschreibe meine heutige Problematik und werde einmal mehr darauf hingewiesen, dass ich zu ungeduldig bin. Jedes Mal wenn ich herkomme tut mir was anderes speziell weh. So ist wenigstnes für Abwechslung gesorgt. Ungeduld ist dabei allerdings meistens der Ursprung des Problems.

Laufen im Lebensplan

Der Aktive hat gut reden. Immerhin war er heute früh eine Runde laufen, ist deshalb zwar ziemlich müde, aber wenigstens schmerzfrei. Und ich? Liege hier mit einer schiefen Hüfte, die extrem weh tut und bin froh, wenn ich es zum Auto schaffe. Oder wieder zurück. Er meint es nicht so und ich weiß das auch. Ich weiß ebenfalls, dass ich ungeduldig bin und dass man mit einem instabilen Wirbelsäulen-Becken-Konstrukt noch viel Arbeit vor sich hat. Und ich bin bereit die Arbeit anzugehen. Laufen zu gehen bringt ja ganz offensichtlich keine Heilung oder wenigstens Besserung. Laufen gehen bringt Schmerzen und Unwohlsein. Ich kann ja nicht nach jedem Lauf zum Aktiven gehen, um mich einrenken zu lassen. Das ist ja kein Zustand. Also zumindest keiner von Dauer und keiner, der für mich akzeptabel ist. Und nicht laufen gehen, ist lediglich vorübergehend akzeptabel. Dauerhaft sollte laufen gehen, genau wie Fahrrad fahren, drin sein im Lebensplan. Das wird ja wohl zu schaffen sein?!

Niemals wieder

Heute fühlt es sich allerdings weitesgehend so an, dass nichts von alledem zu schaffen ist. Niemals wieder und für immer. Bis meine Hüfte wieder da sitzt, wo sie sitzen soll und bis meine Bänder das machen, wofür sie angewachsen sind, vergeht praktisch die komplette Physiotherapie und dann kommt der Aktive zu dem Schluß, dass mir in meiner Zerstörungswut nur zwei Sachen helfen könnten. Erstens, ein regelmäßiges funktionales Training und zweitens ein ISG Hilfsgurt. Das zweite Hilfsmittel holt er aus dem Schrank und legt es dem schmerzenden Athletinnenkörper gleich mal an. Mit dem Gürtel/ Gurt wird das ISG gestützt, die Muskulatur kann aber trotzdem ihre Arbeit tun. Der Druck ist angenehm und unangenehm zu gleich. Ich habe allerdings großes Vertrauen, dass es hilft, weil der Aktive bislang noch nie schlechte Ratschläge gegeben hat. Nur welche, die weh tun. Aber die haben bisher immer geholfen, und so wird es auch dieses Mal sein.

Athletiktraining

Den zweiten Ratschlag mit dem funktionalen Training befolge ich ebenfalls. Dreimal die Woche soll ich zukünftig vorstellig werden und den Gerätezirkel nutzen. Zusammen mit meinen Tanzeinlagen Mittwochs ergibt das viermal pro Woche ein umfassendes Athletikprogramm für Oberkörper, Hüfte, Beine und alle durch den Unfall ansonsten noch in Mitleidenschaft gezogene Körperteile. Wie es sich anhört, muß ich Zeit mitbringen und mal wieder Geduld. Zeit deshalb, weil sich Athletiktraining nicht in 10 Minuten abbilden läßt, Geduld, weil die Rückkehr der Stabilität Monate dauern kann. Wahrscheinlich bin ich aber im Anschluß stabiler als je zuvor. Bis auf einen Winter im Core Sportclub Darmstadt habe ich schließlich noch nie ausgiebig an meiner Athletik gearbeitet. Schon gar nicht vier mal die Woche.

Ziele braucht der Mensch

Das Jahr 2017 wird sich statt um Bestzeiten, Wettkämpfe und Rekordjagden also um Athletik, Rumpfstabilität und weiterhin um Genesung drehen. Wenigstens habe ich die Zielsetzung noch im Januar finalisieren können, das ist doch schon mal viel Wert. Blöder wäre es gewesen, wenn ich bis Mai auf der Suche danach gewesen wäre. Ich bin gespannt, was ich dann in unserem Mallorca Trainingslager so alles mache, aber zum Mandelkuchen backen wird es ja wohl auf alle Fälle reichen. Vielleicht setze ich mir auch ein anderes lustiges Trainingslagerziel. Mal abwarten. Kuchen essen ist auf jeden Fall immer gerne genommen.