Vom Flow oder Runner’s High gibt es sicherlich genauso viele Geschichten, wie vom Regen, vom Sommer und vom Training, allerdings kann man sich nicht unbedingt sicher sein, dass man schon mal so ein Flow-Erlebnis hatte, bis es endlich da ist. Dann aber, weiß man es sofort. Ohne Zweifel. Zumindest ist das bei mir so gewesen, und tatsächlich auch nicht schon vor ewigen Zeiten, sondern erst kürzlich, seit dem ich wieder ganz zielgerichtet mit meinem Training anfange und ein Ende des Rehasports ins Sicht ist. Zumindest am Horizont.

Bei der Blogparade zum schönsten Flow-Erlebnis von Feigenwinter mache ich deshalb gerne mit, denn jetzt weiß ich tatsächlich, was er meint und wie es sich anfühlt. In all den Jahren Lauf- und Triathlontraining habe ich so ein Runner’s High noch nicht durchlebt. Trotz vermeindlich wichtigem Ziel vor Augen und stark zielgerichtetem Training. Gerade auf meinem Weg zum Ironman 70.3 Kraichgau habe ich eigentlich jederzeit damit gerechnet.

Ich war vorbereitet, bei jedem Training war ich darauf gefasst, dass es jetzt doch passieren muß. Der Moment, wo man einfach nicht mehr aufhören kann, wo man sich beflügelt fühlt und wo es einfach immer weiter geht. Totale Kontrolle und vollkommene Automatisierung. Aber nichts ist passiert. Jahrelang.

Ich glaube jetzt, im Nachhinein, dass zwar der Fokus gesetzt war, aber der Druck eben doch zu hoch gewesen ist. Erfolgsdruck, vor allem durch andere, ist sicherlich nicht unbedingt Flow-fördernd. Denke ich mir. Jetzt ist der Druck der anderen bei mir vollkommen raus. Jeder Arzt ist sowieso überrascht, wie super alles läuft, ich bin im Rehasport weit vor der Zeit und wenn ich mit den Vereinskollegen radeln gehe, dann fahren wir eigentlich so wie immer. Nur die Männergruppe muß sich entweder zurück halten, oder mich zurück lassen, weil ich nicht mitkomme. Sie bauen aber keinen Druck auf, sie fahren einfach, wie sie eben fahren. Und weil ich dann eben nicht schneller kann, falle ich im Ernstfall halt zurück.

Jetzt, nach so einem Unfall, sieht die Welt einfach anders aus. Ich bin froh den Alltag prima zu meistern und wenn ich mal 20 Minuten am Stück schmerzfrei laufe, dann ist das ein absolutes Sporthighlight. Wenn ich beim Schwimmen im See zwei Runden schwimme und auch auf der zweiten Runde noch Athleten einsammle, fühle ich mich, wie ein absoluter Profi. Einfach, weil es keine Erwartungen gibt. Jede Trainingsnormalität ist dem Unfall gewichen. Nach Radausfahrten bin ich so platt, dass ich stundenlange Mittagsschläfchen auf der Couch brauche, nach Laufeinheiten bin ich aufmerksam, weil ich jeden Schmerz im Keim ersticken möchte und nach dem Rehasport kann ich mich manchmal tagelang vor Muskelkater kaum rühren.

Und trotzdem ist das High jetzt vorbei gekommen. Oder gerade deshalb? Es ist der Wille, der mich antreibt. Mein Arzt sagt, ich kann mich bewegen und alle Physiotherapeuten, mit denen ich so spreche, allen voran natürlich der Aktive, sagen mir, dass Bewegung das einzig Wahre ist. In meinem Zustand. Aha. Mein Zustand also. Nun gut. Bewegung schadet ja grundsätzlich nie. Das Maß ist halt entscheidend.

Bei den letzten Lauftrainings, die ich so gemacht habe, kam der Flow jedes Mal. Er kam, einfach deshalb, weil ich mich dazu überredet habe, keine Gehpause zu machen. Und schon war ich über den Punkt hinaus und die Flow Tür ist aufgedrückt worden. Und dann konnte ich einfach weiterlaufen, bis nach Hause. Schmerzfrei. Der absolute Hammer. Ich mache dann nach 20 schmerzfreien Laufminuten zu Hause die Tür auf und könnte heulen vor Glück. Einfach, weil es ein unheimlich gutes Gefühl ist Laufen gewesen zu sein. Ich könnte dann eigentlich sofort wieder, außer natürlich, dass ich total fertig bin und es auch nicht übertreiben möchte. Überlastungsschmerzen kommen nämlich schnell und gehen nur ganz langsam. Es gilt sie also dringend zu vermeiden.

Mein schönstes Flow-Erlebnis kann ich deshalb jetzt für die Blogparade gar nicht so wirklich nennen. Ein besonders schönes Flow Erlebnis, dass ich unbedingt noch erwähnen möchte, hatte ich allerdings im letzten Jahr im Kraichgau. Da nämlich hat mich Florian Neuschwander, ein Ultraläufer und Triathlet aus Frankfurt, nach seinem Duathlon (Schwimmen bei der Olympischen Distanz fiel wegen Gewitter aus) persönlich beglückwünscht. Und Florian trägt als  Spitznamen Flow, was diese Begegnung natürlich auch zu einem ganz besonderen Flow-Erlebnis macht.

Flow