Nachdem ich das gestrige Webinar des Rookie Projektes gut verkraftet habe und mich heute früh immer noch über die netten Mitstreiter freue, packe ich mal wieder voll motiviert meine Sporttasche. Mein Trainingsplan schlägt vor zu laufen. Eine arbeitspausentaugliche Idee. Paßt also. Ich bin mir über das Outfit noch unklar, aber ich statte mich mal für unterschiedliche Wahrnehmungen aus, damit bin ich dann auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

In der Mittagspause checken wir wieder grob die Verfügbarkeiten und wer wann wieviel Sportlichkeit an den Tag legen möchte, und das Ergebnis ist, dass Walter Mitty und ich beide  um 15h gemeinsam die Straße betreten werden. Mir ist klar, dass es dabei bleiben wird, denn es wäre töricht zu denken, dass ich auch nur ein paar Meter mit Walter Mitty mithalten könnte. Aber alleine die Verabredung zum gemeinsamen Aufbruch gibt mir das Gefühl dazuzugehören und das ist großartig.

Kurz bevor ich mich umziehen gehe kommt noch eine Hiobsemail, über die ich tatsächlich erst mal etwas nachdenken muß. Wie passend, dass ich mir jetzt erst mal frische Luft durchs Gehirn pusten lassen kann. Ich bin mit einem Winterradtrikot und meiner Windweste drüber perfekt angezogen und die frische Luft tut mir sofort gut. Walter Mitty und ich traben nebeneinander her und ganz selbstverständlich passt er seine Geschwindigkeit deutlich an, bringt mich aber dazu, wesentlich schneller zu laufen als sonst. Weil es geht.

Der Zeugwart macht das auch so, wenn wir zusammen laufen. Praktisch unbemerkt schaffen es die Männer, mich aus dem Trott heraus zu kitzeln und meinen alten Knochen und untrainierten Muskeln zu beschleunigen. Walter Mitty und ich laufen gemeinsam über einen Kilometer, eher er in eine etwas größere Runde abbiegt. Kurz vorher teilt er mit, dass ich jetzt einfach so weiterlaufen soll. Dann ist er weg.

Ich bin alleine und renne. Ich will 3km schaffen heute. Durchlaufen ist meine Priorität, ich will nicht aufgeben, wenn es nicht unbedingt sein muß, ich will einfach laufen. Walter Mitty hat mich so motiviert, weil er mir gezeigt hat, dass 6:10 Minuten/ Kilometer möglich sind. Einfach machen steht auf meinem Plan. Ich laufe also, wie er es angesagt hat, und laufe und laufe und laufe. Kilometer 2 ist im nu passiert und ich überlege, ob ich mich etwas zügeln sollte, oder ob ich einfach weiter mache, weil es so cool ist gerade.

Und so laufe ich einfach weiter und meine Uhr bepiepst den dritten Kilometer. Heute rast die Landschaft förmlich an mir vorbei und tatsächlich ist meine Hiobsmail mittlerweile in meinem Kopf auch bereits vollständig abgearbeitet. Warum hat die mich vorhin bloß so aufgeregt? Wie ein Lauf den Geist verändert, unfassbar.

Ich merke jetzt langsam, wie es schwer wird, die Geschwindigkeit fordert ihren Tribut. Früher hätte ich noch locker weiterjoggen können, heute ist das nicht möglich. Ich brauche eine Gehpause, jetzt sofort. Ziemlich genau bei Km 4 gebe ich auf und beginne stramm zu marschieren. Ich versuche zwar noch mal eine Laufeinheit einzuschieben, aber wirklich effektiv ist das nicht. Die Athletin ist müde. Ich kann schlichtweg nicht mehr. Die 4 Km haben mir den Energiestecker gezogen.

Trotzdem bin ich sehr zufrieden mit dieser Laufeinheit, als ich wieder zurück im Büro bin, immerhin habe ich deutlich länger laufen können, als ich mir vorgenommen habe und die Geschwindigkeit war viel schneller als erwartet. Ich glaube sogar, dass ich kurzzeitig einen richtigen Genusslauf draus gemacht habe. Wer hätte das gedacht? Der Tonangeber hatte allerdings nicht Genusslauf auf den Plan geschrieben… zumindest erinnere ich mich nicht daran. Aber das ist jetzt auch egal.