Mittwochs morgens ist die Welt meistens noch in Ordnung. Die Woche kann noch nicht so schlimm gewesen sein, weil man erst zwei Tage absolviert hat und in der Wochenmitte hat man vielleicht auch noch Hoffnung, dass der Rest der Woche es noch rausreißen kann. Mein Jahresabschluss läuft ganz gut. Alles, was ich vorbereiten muß, habe ich im Griff. Alles was andere zuarbeiten müssen ist schleppend, aber das liegt bestimmt nur daran, weil ich eine von der schnellen Sorte bin. Sagt zumindest mein Chef.

Heute früh ist der Verkehr super und ich bin zeitig im Schwimmbad. Mittlerweile habe ich sogar schon eine Schrankroutine und einen Spind, den ich automatisch ansteuere. Das liegt eindeutig an der Schrittentfernung in der Sammelumkleide, weil ich eben ein paar Schritte nutze, um den Rucksack abzunehmen und den Beutel mit dem Trainingsutensilien abzulegen. Und dann lande ich immer vor dem gleichen Spind. Ist doch verrückt.

Blitzschnell bin ich umgezogen und dann auch zack im Becken. Heute haben die Kollegen und ich etwas besonderes vor, denn wir absolvieren die Frühschwimmerprüfung und wollen das Seepferdchen machen. Eigentlich macht man so ein Abzeichen ja als Kind, aber da ist bei einigen von uns leider was dazwischen gekommen und deshalb haben wir nie mit einem Emblem am Badeanzug glänzen können. Und weil es bei uns ziemlich sportlich zugeht, haben wir beschlossen, das Seepferdchen einfach nachzuholen.

Die Bademeister haben bei unserer ersten Anfrage zwar etwas komisch geschaut, aber dann wie selbstverständlich ihre Bereitschaft erklärt uns die Prüfung abzunehmen. Es wäre zwar etwas komisch, dass wir hier wöchentlich unsere Kilometer abspulen und dann ein Seepferdchen machen möchten, aber das der Aufnäher am Badeanzug fehlt, das bestätigt die Not einen zu verschwimmen, das ist dem Bademeister vollkommen klar. Ein toller Typ! Nachdem ich heute ausschließlich Strecke schwimme, weil ich morgen wieder Schwimmtraining bei Vito habe und keine müden Arme riskieren möchte, bin ich auch recht flexibel mit dem Aufhören.

Als alle Kollegen beisammen sind, marschieren wir zur Prüfungskommission. Die grinst ein bisschen, weil unser Anliegen nicht alltäglich ist, aber der -nach Aussehen- Jüngste der Herren liest noch mal schnell die Anforderungen durch und schon sind wir mitten drin in unserer Seepferdchen Prüfung. Wir müssen vom Beckenrand springen und dann 25m schwimmen. Als ich das Becken durchquert habe stelle ich allerdings fest, dass der Bademeister einfach am Anfang stehen geblieben ist. Ich muß also die 25m auch wieder zurück schwimmen, um die letzte Aufgabe zu erfüllen. Das ist doch ein Trick!

Aber gut, damit er auch etwas zu schauen hat, schwimme ich jetzt Brust zurück und freue mich, dass zwei von drei Aufgaben schon mal im Sack sind. Als Letztes muß ein Ring aus Schultertiefem Wasser hochgeholt werden. Ich fühle mich geschmeichelt, dass der Bademeister findet, ich schaffe es auch aus tieferem Gewässer, denn stehen kann ich hier im Becken nicht. Aber egal. Ohne Hilfsmittel, also wegen der Kontaktlinsen mit geschlossenen Augen, ertauche ich den Ring. Wegen des Chlors hätte es sich allerdings sowieso angeboten die Augen zu schließen.

Die Kollegen absolvieren die geforderten Aufgaben ebenfalls zur vollsten Zufriedenheit des Bademeisters und schon ist der ganze Spuk auch schon wieder vorbei. Später, beim rausgehen an der Kasse, dürfen wir die Urkunde und den Aufnäher abholen. Wir verabschieden uns am Beckenrand und verabreden uns für die Mittagspause um auf unser Seepferdchen anzustoßen. Dann mache ich mich auf in die Umkleide und hole an der Kasse mein Seepferdchen ab.

Wo ich den Aufnäher jetzt allerdings platziere, das muß ich noch mal überlegen. Eigentlich wäre es am Rucksack noch eine Ecke cooler, als am Badeanzug.