Wunderbar, endlich ist es da, mein neues Rad. Heute soll ein sonniger, eiskalter Tag werden, eigentlich perfekt zum radeln und doch muß ich auf die Arbeit gehen, weil das an einem Monat nun mal üblich ist. Den Superbowl habe ich gestern bzw. heute früh verlässlich verschlafen, aber die Zusammenfassung heute früh hat mir gut gefallen. Da haben die Eagles mal schön einen rausgehauen, erfreulich für das Team und ganz sicher steht Philadelphia Kopf.

Weil ich in einem sportlichen Unternehmen arbeite, in dem viele in der Mittagspause laufen gehen, mit dem Rad zur Arbeit fahren oder sich zum gemeinsamen Schwimmtraining verabreden, hat mein Chef Verständnis für meinen Wunsch den Nachmittag lieber auf dem Rad, als im Büro zu verbringen. Allerdings weiß er auch, dass ich alle anstehenden Aufgaben dann trotzdem heute noch erledige und nach der Ausfahrt am Schreibtisch lande. Eine solche Flexibilität ist Gold Wert. Oder Carbon, oder alles zusammen.

Ich kann also heute Mittag erfreulicherweise einstielen, dass ich mit ein bisschen Sonnenabwesenheit glänze, das ist einfach großartig. Und nicht normal, das weiß ich. Aber ich glaube, mein Chef freut sich auch ein bisschen über mein neues Canyon. Es ist aber auch ein tolles Fahrrad. Bei +2°C Außentemperatur und strahlendem Sonnenschein, der mir seit heute Vormittag vorgaukelt, es wäre regelrecht frühlingshaft draußen, packe ich mich trotzdem besser mal ordentlich ein. Ich will nicht ewig fahren, aber wenn einem kalt ist, dann sind schon 500m zu weit. Das ist mal sicher. Mit dicker Winterradhose, Thermosocken, Unterhemd, Winterradtrikot, Überhose und Winterradjacke und natürlich Handschuhen und Mütze, sowie Halstuch bewaffnet, trete ich an das schicke neue Rad heran. Der Garminhalter ist noch nicht in der Post gewesen, gut, war klar, denn hexen kann auch im besten Onlineshop keiner, also werde ich ohne Tacho fahren.

Checkliste

Ich pumpe beide Reifen noch mal ordentlich auf, der gewünschte Druck findet sich ja auf dem Reifen selbst, und beschließe auch eine Luftpumpe mitzunehmen, einfach weil es auch bei einer kurzen Ausfahrt ätzend ist heimgehen zu müssen, weil man den geflickten Reifen nicht wieder aufpumpen kann. Und dass mir heute auf meiner Strecke ein anderer Radler mit Luftpumpe entgegen kommt, halte ich für extrem unwahrscheinlich. Ich gehe im Geiste die Checkliste durch, die der Zeugwart ansonsten bei uns im Griff hat und schmiere auch noch meine Kette. Ob die beim Zusammenbau Kettenfett abbekommen hat, oder nicht, dazu hat der junge Mitarbeiter von Canyon nichts gesagt, aber sie sieht recht trocken aus. Erfreulicherweise kenne ich mich in den Zeugwarts Aufbewahrung für Fahrradzubehör und Pflegemittel ziemlich gut aus und so werde ich selbstverständlich zügig fündig. Kette schmieren habe ich auch schon gefühlte 100 mal gemacht.

Jetzt sieht alles checklistenkonform aus und auch in meinem Kopf habe ich alles weitere abgehakt, was ich noch vor der ersten Ausfahrt machen wollte. Ich schlüpfe in die schicken neuen Radschuhe, ziehe meine Überschuhe drüber und trage mein Rad auf die Straße. Erfreulicherweise ist sie menschenleer, was bei meinen ersten Versuchen mit den neuen Rennradschuhen in die Pedale reinzukommen auch keine ganz so schlechte Sache ist. Die Leute müssten sonst zwangsläufig denken, dass ich noch niemals zuvor Radgefahren bin, so mache ich hier rum. Ein Eiertanz ist ein Witz dagegen. Unfassbar. Wie der erste Mensch mit Klickpedalen bin ich dann auch irgendwann eingeklickt und fahre los. Das Rad fährt sich wunderbar. Genauso, wie bei den Probefahrten… obwohl eigentlich noch ein bischen besser, weil es jetzt eben meins ist.

Durchstarten

An der ersten Straßenecke klicke ich meinen Fuß aus, prüfe den Verkehr und weil ich am Pedal hängen bleibe, starte ich, erfreulicherweise bei freier Straße, durch. Komisch. Ich bin noch nie am Pedal hängen geblieben! Es ist jetzt auch nicht so, dass ich wegen monatelanger enthaltsamkeit vergessen hätte, wie man aus einem Pedal ausklickt. Glaube ich zumindest. Aber hängen bleibe ich. Und zwar noch ein paar Mal. Erfreulicherweise auf einem gar nicht befahrenen Radweg, ohne andere Verkehrsteilnehmer, so dass ich immer wieder einklicken und durchstarten kann. Ich komme mir ein bischen vor, wie ein Jetpilot, der die Landebahn verfehlt und besser durchstartet, als daneben zu landen. Obwohl ich trotzdem noch hängen bleibe, schaffe ich es nach einiger Zeit, wie durch Magie, doch den Fuß komplett von der Pedale zu nehmen. Was ich anders mache, weiß ich allerdings nicht.

Wieder zurück zu Hause treffe ich den Zeugwart, der sich nach der Autofahrt in seine dicke Winterjacke schmeißt und seine Mütze aufsetzt. Ganz schön frisch. Ich bitte ihn gleich mal die Höhe des Sattels anzusehen, während ich ein bischen auf der Straße auf und ab fahre. Er stimmt zu, dass die Sattelstütze ein bischen höher sein könnte, aber nicht viel. Kleinvieh macht allerdings auch Mist, das wissen wir ja bereits. Ich habe das also auf dem Schirm. Weil ich bei der Anfahrt zum Zeugwart dann wieder mit dem Pedal am Schuh oder mit dem Schuh am Pedal hängen bleibe, frage ich den Zeugwart gleich auch danach. Er kennt alle Tricks sowieso immer und deshalb bin ich mir ganz sicher, dass er auch in diesem Fall eine Lösung parat haben wird. Hat er auch. War ja klar.

Als erstes soll ich mal meine Überschuhe ausziehen und es ohne probieren. Puh, auf den zwei Minirunden durch die Strasse merke ich meine Füße sofort. Durch den Fahrtwind und die Netzverarbeitung in den Schuhen wird es im Schuh ziemlich schnell recht zugig und bitterkalt. Beim ausklicken bleibe ich allerdings wieder hängen. Natürlich jetzt mit kalten Füßen, was die Sache nicht besser macht. Der Zeugwart sieht aber woran es wortwörtlich hängt. Die Nase vom Schuh ist länger. Also die der Platte und die selbst ist außerdem auch größer, als die von mir bisher genutzten Pedalplatten. Ich muß das üben, sagt der Zeugwart. Mmhh. Ja, scheint so. Als ich im Kraichgau gestartet bin, habe ich auch mal so eine „ein-ausklick“ Trainingseinheit daheim gemacht. 100mal pro Seite, bis es in Fleisch und Blut übergegangen war. Anscheinend ist das hier ebenfalls angesagt? Wir brechen alle Diskussionen, wie es sich anfühlt und warum allerdings zügig ab und marschieren wieder rein. Denn trotz der Winterbekleidungskollektion, die ich angelegt habe, wird es nun langsam frisch.