Die Cappuccinogruppe, seit neustem, dank malerischer Teilnehmerinnen oder der liebe zum Mandelkuchen auch Schnittchenexpress genannt, wird heute mit einem neuen Guide ausgestattet. Es ist nicht so, dass wir die Guides verheizen, vielmehr scheint es, die anderen Gruppen sind einfach zu tough und die Guides sehnen sich nach Mitfahrern, die brav im Glied bleiben und nicht voran preschen. Das können wir in der Cappuccinogruppe prima leisten. Hinterfahren, die Natur betrachten und locker plaudern, schließlich haben wir Urlaub, ist voll in unserem Plan. Wir müssen uns dafür noch nicht mal umstellen, die perfekte Erholungsgruppe für jeden Guide also.

Komm hol das Lasso raus

Heute freut sich der Minister, dass er uns begleiten darf. Wir fahren, dank bestem Wetter und heiterem Sonnenschein, zum Clubhotel zum schwimmen. Das bedeutet, dass wir über die Schilfstrasse fahren. Der Minister kennt allerdings andere Wege und weil ich vorne neben ihm im Wind fahre gebe ich erst falsche Zeichen, weil ich denke, dass alles wie immer ist und entscheide mich dann dafür gar keine Wegzeichen mehr zu geben. Ich zeige nur noch Hindernisse oder Schlaglöcher an. Der Minister wirft an zahlreichen Kreiseln galant das Lasso und tatsächlich führt er uns einen anderen Weg und doch zur Schilfstrasse. Die ist einfach malerisch. Auch wenn uns wieder einige Radlergruppen entgegenkommen, die ihren Urlaub lieber als Masse statt finden lassen. Und da am Ende der Schilfstrasse diese Fabrik steht, kommen uns auch immer mal wieder Lastwagen entgegen. Es würde also durchaus malerischer gehen.

Teer – Olé

Der Zeugwart ist heute nicht mit am Start. Er hat sich gestern verletzt und schont sich daher lieber um dann nach dem morgigen Ruhetag wieder voll mit dabei sein zu können. Immerhin steht am Donnerstag die Königsetappe auf dem Trainingsplan. Wir fahren also in Richtung Clubhotel und ich bemerke lobend, dass der Wurzelgeschädigte Teil auf der Strasse, der uns in den letzten Jahr mehrfach so richtig durchgerüttelt hat, verschwunden ist. Der Baum ist noch da, aber die Wurzeln, die den Asphalt in eine Buckelpiste verwandelt haben, die sind weg und dafür wurde neu geteert. Ein Hoch auf die Straßenbaumeister! Am Club angekommen ist unsere Gruppe die erste am Pool und alle ziehen sich um, damit sie pünktlich zur geplanten Wasserzeit im Schwimmbecken den Anweisungen des Tonangebers folge leisten können.

Tricamp

Der Sugardaddy verschwindet mit seinem Neo im Meer, weil er behauptet, dass er die 30cm Kälte, die er erwartet gut wegstecken kann und alles besser ist, als sich im Becken einen Drehwurm zu holen. Der Tonangeber baut mit den fleißigen Athleten den Kraularmzug zusammen und turnt galant am Beckenrad umher. Es ist ja auch nicht so, dass hier keiner schwimmen könnte, alle kommen vom Fleck und es wäre ja noch schöner wenn man bei null anfangen müsste. So ist es nicht. Trotzdem kann man immer davon profitieren, was der Tonangeber so mitzuteilen hat.

Türkis gemalt

Nachdem alle wieder abgetrocknet und mit Sonnencreme ausgestattet sind, fahren wir in drei verschiedenen Gruppen weiter. Der Minister fährt mit uns nach Cala St. Vincent, weil es dort leckeren Kuchen gibt, der Ausblick der Hammer ist und wir sowieso noch viel zu selten am Meer gewesen sind. Wir finden uns in der Formation wieder ein und ich fahre vorne rechts, gebe keine Wegzeichen und genieße die Natur. Hinter mir schnattern Karla Kolumna und Lovis was das Zeug hält, so dass ich mich nie umsehen muß, was ich wahrscheinlich eh nicht besonders gut kann.

Wir fahren durch das hübsche Gartental und natürlich werde ich an jedem Anstieg von allen überholt. Lovis trifft es ziemlich genau, die entschuldigt sich im vorbeifahren bei mir uns teilt unverblümt mit, dass sie schlichtweg vorbei fahren muß, weil sie ansonsten umkippt. Klar. Ich hätte gerne puste um zu lachen, hab ich aber nicht, aber ab sofort habe ich ein wirklich cooles Bild vor Augen, wenn ich einen Anstieg vor mir sehe. Es wird nun immer Lovis sein, die versucht nicht umzukippen. Oben angekommen warten die anderen, weil bei Gruppenfahrten auf der Ebene immer eine Formation gilt, die am Berg aber dank der Order „jeder für sich, in seinem Tempo, alle warten oben“ aufgehoben ist. Und von hier aus haben alle auch schon einen tollen Blick auf’s Meer. Da ist das Warten auch nur noch halb so schlimm.

Jetzt rollen wir hinunter auf’s Meer und den Mandelkuchen zu und genießen das tolle Farbenspiel. Der Minister hat sich was die Farbgebung angeht wirklich ins Zeug geworfen und so schauen wir auf weißen Sandstrand, dunkelblaues und türkisblaues Wasser und einen wunderbaren, klaren und vollkommen wolkenlosen Himmel. Ich könnte fast ins Träumen übergehen, wenn da nicht diese krasse Kehre wäre, die meine höchste Konzentration erfordert. Aber im Anschluß, tragen wir die Räder runter auf die Terrasse, die direkt am Meer ist, und lassen uns nieder. Das Träumen kann beginnen. Der Kellner kommt nur pro-forma um sich zu vergewissern, dass er richtig liegt, denn eigentlich sagt er uns bereits, was wir möchten. Ich lach mich weg.

 

Hellseher

Kaffee, Kaffee con leche, Mandelkuchen? Als könnte der Mann hell sehen! Wir sagen quasi nur noch „in der Reihenfolge“ und eigentlich ist’s dann auch schon auf unserem Tisch serviert. Und dazu gibt’s als Zugabe den Strand, die Sonne und das Meer. Und natürlich den obligatorischen Teller Orangen, der hier mittlerweile fast schon üblich ist. Wir bekommen zwei verschiedene Sorten Mandelkuchen serviert. Einen, der mit blanchierten Mandeln gebacken wurde, und den zweiten Mandelkuchen, der mit ungeschälten Mandeln gebacken wurde. Natürlich testet jeder von uns beide Varianten und wir entscheiden, dass die Stücke, mit dem extra Arbeitsschritt des blanchierens uns allen besser schmecken. Es ist nicht so, als würde der andere Mandelkuchen nicht schmecken, aber wenn man es sich aussuchen kann, würden wir alle gleich entscheiden.

Mandelkuchen

Nachdem wir den Kuchen anverdaut haben, gibt es noch ein Gruppenbild in einheitlichem Trikot mit felsigem Hintergrund und dann fahren wir zurück in Richtung Finca. Wir fahren leicht angewellt durch das Peter Maffay Tal, was eigentlich einen anderen Namen hat, der den Radsportlern aber total egal ist. Außerdem hängt das Straßenschild verkehrt herum, so dass es selbst bei gutem Willen nicht wirklich einfach wäre, den Namen herauszufinden. Ein kleiner Tabaluga zeigt uns den Weg, unverkennbar also, wir müssen hier abbiegen. Der ist mir auch noch niemals aufgefallen. So eine entschleunigte Cappuccinogruppe hat einfach ihr Gutes und so entdecke ich auch nach Jahren auf dieser Insel immer wieder etwas Neues.

Das Tal des Sängers

Im Peter Maffay Tal gibt’s ein paar neue Schlaglöcher, die der Minister und ich auch fleißig anzeigen. Dann sehen wir ein Auto auf uns zukommen und sind beide total erstaunt, als sich das Auto auflöst und uns 40 Radler entgegenkommen. Das ist ja verrückt. Wir beide waren wirklich davon überzeugt, dass wir ein Auto gesehen haben. Wäre ein wirklich sehr cooles Bildermotiv, finden wir, so ein Auto, was sich dann in Radfahrer auflöst. Wenn es das also demnächst als T-Shirt gibt, wissen wir alle, wo die Idee entstanden ist und wer das Copyright darauf haben sollte. Der Minister und ich. Als das Peter Maffay Tal etwas welliger wird, falle ich erneut zurück. Es ist einfach nicht, wie früher, und wahrscheinlich sind alle froh, wenn sie abreisen können und wieder ihren eigenen Stiefel radeln.

Auch heute habe ich mehrfach angeboten, dass ich alleine zurück fahre und nicht ständig auf mich gewartet werden muß, aber keiner verlässt mich. Der Gruppenzusammenhalt ist der absolute Wahnsinn. Lovis setzt sich nach vorne, weil wir ja bereits seit vorhin wissen, dass sie droht umzukippen, wenn sie so langsam neben mir her fährt, und der Minister und sie nehmen die Straßenschilder wörtlich und beschleunigen wie nicht ganz gescheit durch das menschen- , auto- und fahrradleere Peter Maffay Tal. Irgendwann rufe ich von hinten mal „kürzer“, weil das unter Rennradfahrern die eindeutige Ansage dazu ist, dass es viel zu schnell geht und langsamer fahren angebracht wäre. Karla Kolumna, neben mir, fragt sich schließlich auch, was die beiden da vorne heute gefrühstückt haben, oder ob in deren Mandelkuchen etwas anderes, als in unserem war.

Geschwindigkeitsunverstand

Erfreulicherweise wird mein „kürzer“ erhört und die beiden bremsen ab, bis ich wieder rangefahren bin. Statt mit gefühlten 40km/h, weil hier ja auch überall 40 steht, fahren sie jetzt auch nur beschönigte 39,5km/h. Wenn ich später wieder bei Puste bin, werde ich auf jeden Fall die goldene 5km/h Regel anbringen. Im Moment freue ich mich erst mal wieder an der schönen Natur und daran, dass wir hier praktisch alleine sind. Wir fahren durch Campanet zurück, als der Minister alle Satelliten ausstellt und wir kurz warten, bis die wieder angeschaltet sind. Ohne Satelliten geht’s natürlich nicht, was soll denn da das Navi denken! Als wir zurück an der Finca sind, springen Lovis und Karla Kolumna in die Laufschuhe und rennen wie die Irren los. Immerhin hat die Chefin heute früh Koppeln angesagt, und was auf dem Plan steht, wird schließlich abgearbeitet.

Während der Zeugwart seinem viert-liebsten Hobby frönt und das mitgebrachte Werkzeug dazu benutzt diverse Sättel zu wechseln und der Chefin ein neues Rennrad einzustellen mit dem sie morgen den Sugardaddy über die Berge hetzen kann, dusche ich und schlafe dann erst mal ein Ründchen. Pünktlich zum Abendessen bin ich aber natürlich wieder aufgewacht. Das lasse ich mir nicht entgehen.