Schon gestern Abend wussten wir, dass heute der Lluc auf dem Fahrradplan steht. Der Tonangeber hat seine Sicht der Dinge ausführlich mitgeteilt und ich habe mich mit allen möglichen Varianten angefreundet, die zur Auswahl stehen würden. Vom Prinzip her wäre mir die Auffahrt egal, obwohl ich eine Präferenz habe die Lluc über Caimari anzufahren. Das finde ich einfach kurzweiliger, es gibt mehr Serpentinen und mehr Schatten. Die andere Strecke ist nicht der Knaller, finde ich.

Heute fahren wir in Gruppe drei wieder mit dem Zeugwart. Die Verletzung ist gut abgeheilt und wir sind mit dem Zeugwart einfach kompletter als ohne. Die Anfahrt durch die Gärten spicke ich mit ein paar Einlagen zur Ortskenntnis, die selbst den Zeugwart beeindrucken. Ich weiß nämlich wo es ins Peter Maffay Tal geht und das, obwohl ich ja nachweislich eine Orientierung wie ein Stuhl habe. Aber wie bereits beim Lauftraining mit dem Charmeur zu Hause festgestellt, scheint die mit dem Alter zu verfliegen und eine ziemlich gute Orientierung dafür in meinem Kopf Einzug zu halten. Mir ist das natürlich sehr recht, allerdings muß ich mich tatsächlich noch daran gewöhnen. Landläufig erzähle ich nach wie vor, dass ich eine schlechte Orientierung habe, kann aber dann oft entsprechend auftrumpfen, was ziemlich cool ist.

Lluc

Am Hinweisschild des Lluc mache ich erst mal ein Foto, schließlich muß man wichtige Ziele ja bildlich festhalten. Lovis ist als Fotografin tätig und zahlreiche Fahrradfahrer wollen es besser wissen und sagen an, dass Fotos erst oben auf dem Lluc gemacht werden. Offenbar ist die Welt voller ahnungsloser Menschen. Wie kann man sich dieses Bild nur entgehen lassen? Was stimmt nicht mit den Menschen? Na ja. Lovis sagt an, dass sie beim Anstieg bei mir bleiben möchte und ich find das großartig. Mit Gesellschaft fahre ich gerne, auch wenn ich nicht reden können werde. Aber Lovis dafür umso mehr, da bin ich sicher.

Wir merken uns also den Tachostand und wissen ab sofort, dass wir 10km bis zum Gipfel haben, oder zumindest etwas in dieser Richtung. Eigentlich zeigt das Schild ja das Kloster in der Entfernung an und nicht die olle Tanke, aber gut. Wird schon im Großen und Ganzen passen. Wir fahren los und Lovis ist konsequent am erzählen. Wie sie die Aussicht findet, oder das Trikot von denen, die uns überholen, sie freut sich über jeden Straßenmarkierungsstein und findet es schlichtweg großartig, dass wir bereits eine eins und eine zwei hinter uns haben. Ich habe nicht genug Puste um ihr zu sagen, dass weder die 1 noch die 2 irgendeine Auskunft über die abgeradelte Entfernung geben, also freue ich mich, dass sie sich freut.

Fünf

Bis sie extrem verwundert „fünf“ ruft und sich wahrscheinlich blitzschnell darüber klar wird, dass tatsächlich Entfernung kein Kriterium für diese Steine ist. Ich schmunzel, weil es einfach so herrlich ist, dass sie so viel Puste hat und permanent am quatschen ist. Leider fehlt mir die Puste zum quatschen und so mache ich in der nächsten Linkskurve eine Pause und als ich wieder genügend Luft am Start habe, kann ich auch prima lachen. Während des weiteren Aufstiegs machen Lovis und ich noch weitere drei Pausen, werden von Leuten angequatscht und haben eine wirklich tolle Zeit. Ich schaffe es auch wirklich ihr die herrlichen Ausblicke zu zeigen und selbst auch zu genießen.

Und das ist ja eigentlich das Wichtigste. Klar würde ich auch mal schneller hier hoch fahren, wenn es denn ginge, aber mein Herz hängt da jetzt auch nicht dran, wenn es eben nicht geht. Irgendwie bin ich heute tatsächlich in dem Stadium, dass die Erkenntnis es zu genießen, so lange es noch geht, im Vordergrund steht.

Als wir die Tankstelle erreichen, teilt Lovis mit, dass sie nicht versteht, warum um diesen Anstieg so ein großes Fass aufgemacht wird. Ich glaube ihr, dass das für sie Pillepalle war und sie auch locker hätte am Stück raufkloppend können. Das ist doch echt der Knaller! Ich freue mich total, dass das so leicht für sie ist. Karla Kolumna und der Zeugwart sind natürlich längst oben und begrüßen uns wie Sieger. Sie berichten außerdem, dass ein Herr sich hier oben bei der Ankunft mit einer Applausapp gefeiert hat. So ist das eben, wenn man keine Freunde hat, für uns wird live geklatscht.

Anführer

Wir harren kurz an der Tankstelle aus, machen das obligatorische Foto und rollen dann zum Kloster Lluc, wo es erneut sehr leckeren Mandelkuchen gibt. Leider sind auch ein paar Schulklassen da, die die Klosterstille zerstören, so dass wir den Kuchen essen und dann recht zügig mit der Abfahrt nach Pollentia beginnen. Erst mal geht’s noch wellig zum Feministenhügel. Dort ziehe ich meine neue Windweste an und dann rolle ich den Berg runter. Ich bin wirklich froh, dass ich hier runter und nicht hoch fahre! Der Zeugwart macht mit Lovis einen Berg – ab – Fahrkurs und da der Zeugwart das anscheinend ganz gut als Vorfahrer macht, hängen sich hinter Lovis noch weiter 6 Rennradfahrer. Die Gruppe überholt mich und ich sehe, wie der Zeugwart umgreift, dann Lovis und dann die 6 Radler dahinter. Und dann legt sich der Zeugwart in die Kurve, dann tut es Lovis ihm nach und dann die 6 Rennradler hinter ihnen. Es ist wirklich lustig, wie der Zeugwart diese 7 sicher den Berg hinunterführt.

Gas

Ich genieße etwas die Aussicht und fahre einen Tick langsamer. Genießen steht im Vordergrund, zumindest hab ich mir das ja so vorgenommen. Unten am Berg sammeln wir uns und fahren dann in Formation in Richtung Polentia um in Richtung Peter Maffay Tal abzubiegen. Die Wellen dorthin rauben mir viel Kraft, aber dass ich zurückfalle ist nicht schlimm, denn mittlerweile kenne ich mich wirklich gut aus. Karla Kolumna und Lovis geben richtig Gas und hauen ihre letzten Körner so richtig auf den Asphalt. Ich sehe sie nur von ganz weit weg, wie sie über die Straße rasen. Und ich fahre auch nicht wirklich langsam. Aber egal. Die Ladies sind einfach schneller, so ist das, wenn man mehr Puste hat.

Wir fahren den letzten Anstieg nach Campanet und dann mehr oder weniger gemütlich durch die Gärten zurück zur Finca. Was ein Glück man doch im Leben haben kann. Ich hoffe, die Radgruppe konnte diese Ausfahrt trotz mir als Bremsblock genießen, denn ich fand es heute erneut ganz wunderbar. Ich habe mich nie gehetzt gefühlt, hatte den Eindruck, dass ich trainiere und mich trotzdem nicht überfordere. Der Kardiologe wäre zufrieden. Hoffe ich. Trotzdem werde ich für die nächste Radausfahrt noch mal anbieten, dass ich auch alleine fahren kann, wenn es zu sehr bremst mit meiner Atmerei.