Die Stadt brennt, nicht nur sprichwörtlich, weil der Asphalt ganz sicher locker 99°C hat und sich die Lavasteine, die hier sonst so rumliegen auch eher wie auf einem Grill fühlen, als wie ein Strand, sondern auch, vor Triathleten. Mittlerweile ist auch wohl alles was Rang und Namen hat angereist. Trainer und Betreuer steuern nicht mehr aus der Ferne, sondern direkt, Auge in Auge. Als wir heute früh in die Stadt kommen steht Faris al Sultan mit seinem Rad an der Ampelkreuzung, Daniela Ryf spaziert vorbei und Jan Sibbersen legt eine seiner letzten Schwimmeinheiten ein. Dave Scott hat sich für die Expo angekündigt.

Heute geht es auch für uns mal wieder zum schwimmen. Gefühlt gehe ich jeden Tag ins Wasser. Entweder am Pier, oder an irgendeinem Sandstrand, den der Zeugwart und ich eher zufällig entdecken. Das Wasser ist hier am Pier heute aufgewühlt und zusätzlich sind ziemlich viele Athleten da. Der nahende Wettkampf wirft seine Schatten voraus, obwohl das mit dem Schatten hier absolut nicht wörtlich zu nehmen ist. Schatten gibt es hier kaum. Wie immer früh am Morgen, wenn die Sonne hinter der Kirche von Kailua Kona aufsteigt, wird es schlagartig warm.

Kaffeeboot

Erfreulicherweise bringt der Pazifik daher ein ganz kleines bisschen Abkühlung mit seinen Wellen, als wir zielstrebig hineinmarschieren. Heute lohnt sich das Schwimmen gleich mehrfach, denn außer, dass es der Chefin gefallen dürfte, dass ich mich erneut bewege, gibt’s heute auch noch Kaffee auf der Hälfte der Strecke. Für die fleißigen Triathleten gibt’s nämlich seit gestern ein Kaffeeboot, was nach rund 500m Schwimmstrecke etwas neben der üblichen Strecke anlegt und Kaffee ausschenkt. Wir haben also ein klares Ziel vor Augen. Also noch klarer, als sonst unsere Ziele.

Fisch in Sicht

Zusammen mit der Green Machine, machen der Zeugwart und ich uns also auf den gemeinsamen Schwimmweg. Ich kann mit den beiden Männern auch ganz gut mithalten, obwohl der Pazifik sich redlich Mühe gibt die Spreu vom Weizen zu trennen. Es ist heute aber auch wirklich ziemlich wellig, die Spezialisten nennen diese Wasserform kappelig. Ich bin abgelenkt, weil die Sicht nicht so gut ist, wie beim letzten Mal und ich deshalb zwar Fische sehe, aber eben nicht wirklich und manchmal sehe ich nur einen Schatten. Und dann bin ich abgehängt.

So ist das eben, wenn man unkonzentriert ist.

Aber das Kaffeeboot ist nicht zu übersehen und da es zusätzlich zum braunen Segel umringt von Athleten ist, gibt es kaum Zweifel. Im Hintergrund, gefühlte 7km hinter dem Kaffeeboot liegt heute ein Kreuzfahrtschiff, was mit seinen Tenderbooten die Tagesbesucher fleißig an Land karrt. Wir schwimmen also direkt zum Kaffeeboot, dem Ziel überhaupt und erfahren, dass der Kaffee leer sei. Ich frage, ob das ein Scherz sein soll und erwähne, dass es, wenn es einer ist, ein schlechter Scherz sei. Ist es aber nicht.

Der Kaffee ist alle. Das ist doch unfassbar, was ein Reinfall. Da macht jeder einen riesigen Hype um das Boot und den Kaffee und dann sind die so schlecht vorbereitet, dass es keinen Kaffee mehr gibt. Und es ist nicht so, als wären wir die letzten Schwimmer.

Gut, es ist auch nicht so, als würde es ohne Verpflegung nicht zurück gehen oder als würde ich überhaupt super gerne Kaffee trinken, aber manchmal geht es auch einfach ums berühmte Prinzip. Wie kann man denn bitte zu wenig Kaffee an Bord haben? Wenn man ein Kaffeeboot ist! Auf dem Rückweg beschließe ich, dass ich es mir einfach mache. Statt selbst zu orientieren, beschließe ich, dass ich mich an zwei sehr fitte, drahtige, durchtrainierte Herren dranhänge, die erfreulicherweise leicht zu erkennen sind, weil sie eine gelbe Boje hinter sich herziehen.

Langsame Boje voraus

Und dann kommt es natürlich, wie es kommen muß. Ich schwimme los, mache 6 Armzüge, hebe den Kopf an um zu prüfen wo die gelbe Boje rumschwimmt und stelle fest, dass sie weg ist. Also so langsam bin ich nun auch nicht! Ich drehe mich einmal um mich selbst und bin tatsächlich zu flott für die Herren. Und es ist ja nicht so, als würde ich wie ein Fisch durchs Wasser gleiten. Aber im Vergleich zu dem Bojenschlepper bin ich wahnwitzig flott unterwegs. Als wäre ich ein Rennwagen und er eine Kutsche. Mit einem Pferd. Das hinkt. Aber, der Unterschied zwischen der Kutsche und dem Rennwagen ist eindeutig… er ist ein Ironman und startet bei der Weltmeisterschaft, ich bin nur zum Kaffeeboot geschwommen um festzustellen, dass es keinen Kaffee mehr gibt.

Nachdem wir noch ein bisschen am Strand entspannt haben und der Zeugwart sich im Stand-up Paddling probiert und Talent bewiesen hat, marschieren wir auf die Expo. Bei jedem Ironman gibt’s erfreulicherweise eine Messe mit allerlei Neuigkeiten und Angeboten, die wir uns natürlich auch hier oder gerade hier, nicht entgehen lassen wollen. Wir stecken unheimlich viele Goodies und Kostproben ein und wir treffen Dave Scott, eine Triathlonlegende.

Berühmt geworden durch den IronWar 1989 und seit dem eine Legende in der Szene. Er nimmt sich Zeit in seiner Signierstunde und ich erzähle ihm, dass die Chefin und ich einen großen Traum haben. Irgendwann werde ich auch mal einen Ironman machen und er ist spontan auch davon überzeugt. Na und er wird es ja wohl wissen, oder?