Ein erneuter Arzttermin steht an. Mein Knie macht ja nach wie vor Probleme, beim Sport und im Alltag. Seit dem Frankfurt Marathon wieder vermehrt, aber eigentlich seit dem Fahrradunfall 2013. Der 5km Staffeleinsatz beim Frankfurt Marathon hat das Fass einfach nur zum überlaufen gebracht. Ein schmerzfreier Alltag ist im Prinzip kaum möglich. Ich habe stets ein Druckgefühl auf dem Knie, was nach Belastung schlimmer wird. Dabei ist es nicht unerträglich, aber trotzdem störend. Mit dem Knie ist etwas nicht in Ordnung.

Der erste Orthopädenbesuch hat ja ergeben, dass Sport Gift für das Knie ist und ich es am Besten einfach lassen soll. Irgendwie nicht so cool. Heute ist also der Tag der zweiten Meinung. Das Duschgel heute früh hat mir noch verheißungsvoll einen Glückstag versprochen, ich bin also sehr zuversichtlich.

Orthoklinik

Der König in seiner Klinik hat jede Menge zu tun, trotzdem schafft er es, dass ich mich nicht komplett als Nummer fühle. Er betrachtet sich die MRT Bilder, erklärt sie mir genauso, wie Sorteira und sagt, dass die Kniescheibe eben einfach falsch sitzt. Durch den Schlag auf das Knie sitzt sie nicht gerade und durch einen, offenbar sehr kräftigen, äußeren Oberschenkelmuskel wird sie in dieser falschen Position festgehalten. Der innere Oberschenkelmuskel hat keine Chance dagegen anzugehen.

Er ist zu schwach, im Vergleich zu seinem Gegenspieler, und so sitzt die Kniescheibe eben schepp und dahinter hat sich etwas Flüssigkeit angesammelt. Rundrum ja ebenfalls, das Knie ist immer recht gut „schwammig“ gepolstert. Für den König eine vollkommen normale Reaktion meines Körpers um weitere Kniescheibendramen zu verhindern. Und natürlich die Erklärung für das andauernde Druckgefühl.

Andere Meinung

Er hält eine Sportpause nicht für ganz sinnvoll. Statt dessen schlägt er eine sportlich angehauchte Therapie für mein Knie vor. Aufgeben kann man nämlich immer noch. Aber er sagt, dass man beim Triathlon ja auch alle drei Disziplinen zu Ende macht und man erst fertig ist, wenn es im Ziel eben die wohlverdiente Medaillie gibt. Warum also auch beim Knie nicht alle Hebel in Bewegung setzen? Mit viel Ruhe und Sachverstand und mit wenig Einfühlungsvermögen erklärt er mir meine Optionen. Klar, Präzise und direkt.

Die erste Möglichkeit ist das gezielte Trainig. Dafür bekomme ich eine Bandage, die extra für meine Problematik hergestellt wurde. Die Bandage wird so angepasst, dass ein spezieller Klettverschluß so eingestellt werden kann, dass mein äußerer Oberschenkelmuskel zur Entspannung getriggert wird. Ein anderer Punkt kümmert sich um meinen inneren Oberschenkelmuskel und sorgt dafür, dass der sich mehr anstrengt. Gleichzeitig wird die Kniescheibe durch den Strick der Bandage und innenliegende Silikonvorrichtungen in die richtige Position geschoben.

Aha. Das klingt ja spannend.

Und irgendwie auch unwirklich. Wie lange soll denn so eine Sporttherapie dauern? Macht man das dann beim Physiotherapeuten? Nein, sagt der König. So viel Physiotherapie kann keiner bezahlen. Das Training macht man mindestens vier mal die Woche, alleine, zu Hause. Bei der Bandage ist ein Trainingsbuch dabei, was man abarbeitet. Wenn man nicht trainiert, dann darf man die Bandage auch nicht tragen. Ich frage, ob walken und Rad fahren zum Training dazu gehören, oder ich vier mal die Woche zusätzlich das Training mit der Bandage machen muß. Erfreulicherweise findet er Walken und Rad fahren super und vermutet, dass mir dann zwei separate Athletikeinheiten, in die diese speziellen Übungen mit rein gepackt werden, reichen. Wie auch schon bei den Sprays für meine Lunge kommt es hier auch auf das Ausprobieren an.

Die zweite Möglichkeit ist eine Operation, bei der die Sehne des äußeren Oberschenkelmuskels gespalten wird. Damit erhofft man sich, dass die Kniescheibe zurück in die richtige Position flutscht. Tatsächlich hat man früher oft operiert, aber da die OP selten von Erfolg gekrönt war, ist man davon abgekommen. Deshalb empfiehlt er mir auch die Bandage und den Trainingsfleiß. Und das, obwohl er Chirurg ist und gerne operiert. Er vermutet, dass ich mit dem Training tatsächlich einen Erfolg verzeichnen könnte. Wann das der Fall sein wird, kann er mir aber natürlich nicht sagen. Jeder Jeck ist eben anders und so ein Körper nur schwer vorhersehbar. Vor allem, wenn es um Heilung geht.

Kein Hellseher

Ich soll am Besten so lange mit der Bandage trainieren, wie ich es irgendwie aushalte. Damit meint er nicht die wöchentlichen Einheiten in ihrer Länge, sondern die gesamte Dauer der Therapie. Er hatte schon Patienten, die nach 3 Jahren im Alltag beschwerdefrei waren, aber er hatte auch schon welche, die dann schlußendlich doch eine OP haben wollten. Seiner Meinung nach sind Sportler immer besser mit einer konservativen Therapie bedient und eine OP sollte der letzte Ausweg sein. Das finde ich eine gute Einstellung. Ich frage ihn, ob ich denn mit einer vollständigen Rückführung der Kniescheibe rechnen kann und er antwortet, dass mir das keiner sagen kann. Aber er sieht die Bandagen- Sport- Therapie als einzige Möglichkeit das heraus zu finden. Die Fehlstellung der Kniescheibe ist einfach so gravierend, dass wir mit dieser Therapie nun erst mal eine alltagsschmerzfreiheit erarbeiten möchten.

Das Ziel ist also kein Ironman. Das Ziel ist auch kein 70.3 oder ein 5km Lauf. Das Ziel ist der Alltag. Seiner Meinung nach ist alles, was mit Laufen zu tun hat, für mich so weit weg, dass ich daran vorerst (und in seinen Augen für immer) keine Zeit drauf verschwenden muß. Spazierengehen, Treppen steigen, knien und mit angewinkelten Beinen dasitzen, das sind seine Ziele. Und ich soll meine anpassen, sagt er. Es würde nichts bringen hinter etwas herzulaufen, was unerreichbar scheint. Natürlich hat er recht. Ein schmerzfreier Alltag ist die oberste Priorität. Wenn ich das erreichen kann, dann ist mir tatsächlich massiv geholfen. Aber eine Traum aufgeben? Soweit bin ich noch nicht!

Glück im Geschäft

Mit dem entsprechenden Rezept fahre ich ins Orthopädiefachgeschäft und bekomme meinen neuen Trainingspartner. Die Bandage wird angepasst und ich lerne wie sie zu sitzen hat und wie die Triggerpunkte eingestellt werden. Wir probieren auch aus, wie es sich anfühlt, wenn zu viel Druck ausgeübt wird. In der Verpackung der Bandage liegt das Trainingsposter und der QR Code zu den Trainingsvideos, genauso wie ein Terraband, das für einige der Übungen benötigt wird. Das Abenteuer kann beginnen. So viele Eindrücke und Erkenntnisse finde ich ganz schön überwältigend. Und dass der Arzt davon ausgeht, dass ich nie wieder joggen werde, überwältigt mich ebenfalls.

Der Traum vom Ironman Finish beinhaltet nun mal Laufen / Rennen/ Joggen. Ohne geht es nicht, so lange ist kein Ziel auf. Und so will ich auch keinen Wettkampf machen… egal. Das Ziel ist der Alltag und der verdient meine ganze Aufmerksamkeit. Ich hoffe, ich überwinde den Schock möglichst bald… so fühlt es sich nun erst mal an, wie ein Schlag auf das Athletengemüt.