Die Welt hält nicht an.  Auch heute nicht, weil nur wenigen heute, an Deinem Todestag der Atem stockt. Weil nur einige Menschen sich erinnern, wie sie von Deinem Tod erfahren haben, weil die Welt sich genug ist und man sie einfach nicht anhalten kann. Hier gelten eigene Regeln.
Das hilft bestimmt. Wenn ich es irgendwann mit Abstand betrachten kann, werde ich das sicher so sehen.
Ich saß an meinem Schreibtisch und war in Auswertungen vertieft, als Dein Chef zum Geschäftsführer ins Büro eilte. Das passierte sonst nie und so war ich überrascht. Aber wer rechnet denn mit sowas. Er war blass Dein Chef. Und die formulierten Worte haben mir sofort den Boden unter den Füßen weggezogen. Du bist im Urlaub umgefallen und gestorben. Einfach so.
Die kurze Mitarbeiterbesprechung war herzzerreißend. Alle Kollegen sprachlos. Dein Schreibtisch bleibt in Zukunft leer.
Ich funktionierte. Weil ich es nicht fassen konnte, es war einfach so unwirklich. Sowas passiert nur bei anderen. Diese Art  Geschichten bekomme ich sonst erzählt. Ich bin bisher nie ein Teil davon gewesen.
Unbegreiflich. Und das ist es bis heute.
Ich höre mir gerne an, wer bereits welche Erfahrungen mit dem Tod gemacht hat, ob Alte oder Junge, Freunde oder Verwandte an Krankheit, Alter oder ganz plötzlich gestorben sind. All diese Erlebnisse sind furchtbar.
Dem Menschen wird ein oftmals wichtiger Teil genommen, einer der verlässlich immer da war. Ich habe es vor einem Jahr hier im Blog beschrieben, Du warst einfach immer da, wo Du hingehörtest. An Deinem Schreibtisch, im Flur, in der Kaffeeküche.
Dein Lachen klang über den Flur, Deine Stories waren einfach da. Ich wollte sie nicht immer hören, auch Dein Lachen hat nicht immer gepaßt. Wie bei jedem Menschen auch… es gibt nicht nur positive Seiten. Auch, wenn das menschliche Gehirn das Negative gut verdrängt und sich meistens nur die positiven Sachen merkt. Eine geschickte Taktik. Es wäre mir aber lieber, Du würdest weiter lachen und ich könnte mich entscheiden, ob ich es hören möchte, oder nicht. So kann ich nicht entscheiden. Nie wieder.
Der Tod, ist trotz bester Vorbereitung, wenn er sich langsam anbahnt, nicht leicht zu verkraften.
Ohne, dass der Mensch den Grund dafür nachvollziehen kann oder versteht, taucht er in unserem Leben auf, weil es das Schicksal so bestimmt.
Ein Unfalltod passiert plötzlich und unerwartet. Wahrscheinlich ein schöner Tod, wenn man schön und Tod in einem Satz nennen kann. Es gibt, in der Vorstellung der Lebenden, schlimmere Möglichkeiten der Welt den Rücken zuzudrehen, das ist sicher.
Den Tod nach einer langen Krankheit oder im Alter, wenn nichts mehr so läuft, wie man das früher kannte, betrachten wir oft als Erlösung. Dabei weiß man erst wenn man selbst gestorben ist mehr. Weiß man dann überhaupt noch was? Das bleibt jedem selbst überlassen… Solange man auf der lebendigen Seite des Universums steht, interpretiert man eben. Was bleibt uns anderes übrig? Die Gefühle der Lebenden, die versuchen den Tod zu begreifen.
Das ist ein wirklich hoher Anspruch. Neben der Trauer über den Verlust eines Menschen auch noch den Tod begreifen zu wollen ist wahrscheinlich einfach eine Portion zu viel für das menschliche Gemüt?
Wir gedenken Dir heute. Zusammen sind wir stark. Stärker zumindest als alleine. Der Aufgabe des Begreifens widme ich mich bestimmt auch noch. Irgendwann.