Heute machen der Zeugwart und ich ein Abenteuer. Wir wollen uns ein Crossrennen ansehen und wissen, wo heute eines -mehr oder weniger- in der Nähe statt findet, also wollen wir hin. Mit den Fahrrädern. Bei 4°C. Das kann auch nur uns einfallen.

Zug ins Glück

Wir machen es uns aber leicht und fahren nur eine Strecke mit den Rädern. Die andere Strecke fahren wir mit dem Zug. Und zwar hin. Allerdings fahren wir erst mal zum Bahnhof, da ist schon mal eine gute halbe Stunde im Kasten. Der Zug bringt uns dann nach Wächtersbach, im Fahrradmitnahmeabteil.

Ich glaube, ich habe die Innensohlen für meine Radschuhe vergessen. Irgendwie habe ich verdächtig viel Platz in den Schuhen. Ist jetzt aber nicht zu ändern. Hier im Zug ist es warm und trocken.
Das Grossrennen findet in Biebergemünd statt und weil unser Zug bis Wächtersbach fährt, müssen wir erst mal zum Rennplatz hinfahren. Ich glaube mittlerweile wirklich, dass ich in meinen Schuhen keine Innensohle habe.

Wer braucht schon Innensohlen?

Wir haben wirklich Glück mit dem Wetter. Es ist zwar diesig und die Sonne kommt heute glaube ich, auch nicht raus, aber es ist trocken. Und eiskalt. Gut, dass ich mir eine neue Northwave Hose mit Windstopper gekauft habe. Die hat sogar Träger und so sind auch gerade die Nieren gut verpackt. Etwas zugig ist’s allerdings am Hintern, weil dort kein Windstopper eingearbeitet ist. Wenn das mal nicht kalt wird später!
Wirthheim und das Ziel unserer Tour können wir schon von weitem sehen. Etwas blöd ist, dass zwischen uns und dem Ziel noch ein Fluß und eine Autobahn verlaufen. Irgendwie müssen wir rüber. Also fahren wir erst mal am Ziel vorbei um dann, nachdem beide Hindernisse überwunden sind, wieder zurück zu fahren.
Das Rennen läuft bereits, als wir ankommen. Bei Crossrennen gibt es verschiedene Startgruppen und anscheinend ist es so, dass die Athleten immer im Kreis über einen abgesteckten Parcour fahren, bis eine bestimmte Zeit abgelaufen ist. Jeder ist also gleichlang unterwegs, aber nicht gleichweit. Interessantes Wettkampfformat.
Hier hat jeder unglaublich viel Radbeherrschung und Kondition wie ein Tier.

Beeindruckend

Unfassbar, was die Herrschaften hier so mit ihren Fahrrädern machen. Ich bin sehr froh, dass ich bisher noch nie auf so eine Idee gekommen bin. Ich würde hier höchstwahrscheinlich die meiste Zeit im Weg rumliegen. Da muß ich einfach realistisch sein. Die Athleten fahren ganz oft mit kurzen Hosen und einige sogar auch mit kurzen Armen. Ich stehe hier mittlerweile in zwei Jacken und habe meinen dickeren Handschuhe angezogen, die es am Lake Tahoe in der „für die kalte Jahreszeit“ Abteilung im Angebot gab.
Trotzdem ist mir kalt und meine Elite-Radflasche hat auch längst aufgegeben mein Getränk warm zu halten. Meine Füße sind ohne Innensohle nicht nur leicht lädiert, weil die Schuhe damit irgendwie etwas unbequemer sind, sondern sie sind auch ziemlich kühl. Anscheinend hilft so eine Innensohle auch der Isolation?

Bekannte Gesichter

Wie wir hier so in der Kälte stehen, entdecken wir Martin, des Zeugwarts Radguide aus Teneriffa. Der ist auch zum Wettkampf angereist und wird seinem schönen Crosser heute mal zeigen, wie es auch gehen kann. Das ist ja toll. Ich freue mich immer Martin zu sehen, er ist so schön unkompliziert und herzlich. Nach seiner Aussage ist Sebastian, der auf Teneriffa auch ein Radguide war, ebenfalls hier und fährt mit ihm zusammen in der Jedermann Distanz. Wenn man Bekannte so unverhofft trifft, ist das noch mal extra schön.
Der Zeugwart und ich beschliessen, dass wir uns zwei Runden der Beiden ansehen und dann in Richtung Heimat aufbrechen. Wir frieren sonst in Biebergemünd fest und weil ich morgen zur Arbeit muß, wäre das nicht wirklich gut. Das Feld zieht sich an unserer Beobachtungsstelle schnell auseinander, so dass ich beim Zusehen der Jedermänner unheimlich viel lerne. Blickführung ist wirklich das A und O beim Radfahren. Ich muß das unbedingt üben. Und wie ich so philosophiere, dass mir meine Füße weh tun, immer noch wegen der sicherlich fehlenden Innensohlen, und dass sie kalt sind, kommt Sebastian in Hörweite und schreit einer jungen Dame am Rand zu, dass alles Scheiße wäre, und zusätzlich auch noch sein Vorderrad platt. Er will aussteigen. Wir haben allerdings das gleiche Vorderradmodell und so schiebe ich mein Rad ein paar Schritte vor und sage sowas wie „nimm doch einfach meines“. Und schwups, bin ich mein Vorderrad auch schon los und habe das kaputte am Rad.

Planänderung

Jetzt ist es natürlich nichts mehr mit, wir fahren nach dieser Runde heim. Der Zug ist abgefahren bzw. die Felge ist weg. Wir bleiben nun also logischerweise bis zum Ende. Zum Reifen flicken ist es nämlich viel zu kalt. Wir versuchen es zwar, aber ohne Erfolg. Jetzt ist uns nur noch kälter als zuvor. Ich bin gespannt, ob meine Hände jemals wieder auftauen, oder ob ich einfach ein paar Finger verliere.

Felgenleistung

Meine Felge fährt mit Sebastian über den Kurs, als hätte sie noch nie etwas anders gemacht. Sie kann über Baumstämme springen und sie kann sich kreuz und quer durch den Schlamm arbeiten. Wahnsinn, was die Felge aushält. Sehr spannend zu sehen, was Sebastian mit meinem Material machen kann. Obwohl mir saukalt ist, bin ich froh, dass wir noch auf die Zieleinfahrt der Herren gewartet haben. Martin hat noch ein paar Anfeuerungsrufe abbekommen und Sebastian hat meine Felge total eingesaut. Blitzschnell habe ich sie aber zurück, da merkt man eben, dass Übung den Meister macht und dass es einfach ist, wenn man weiß, wie es geht.
Jetzt verdünnisieren wir uns aber und lassen den Crosszirkus zurück. Irgendwie müssen wir ja schließlich noch nach Hause fahren. Mit dem Zug zurück ist wenig effektiv. Wir werden aber irgendwie immer kälter, so dass wir nach einer Stunde Wegzeit beim Erstbesten Griechen einkehren, der noch 20Minuten auf hat. Der Zeugwart spürt seine Füße nicht mehr und ich bin sehr froh, dass ich hier einen Toilettengang einschieben kann und es einen warmen Tee gibt. Meine Hände finden es auch sehr verlockend das Teeglas festzuhalten.

 

Als die Zeugwartschen Füße wieder spürbar sind und ich meine Hose wieder anhabe, fahren wir weiter. Wir kommen in bekannte Regionen, was einerseits ganz nett ist, andererseits aber auch Angst macht, weil wir so wissen, wie weit es noch ist. Und irgendwie, ist es immer noch ziemlich weit bis heim.
Schön, dass wir irgendwann doch ankommen. Wer hätte das bloß noch für möglich gehalten? In einer warmen Badewanne mit Wärmemoorbadzusatz wärmen wir uns wieder auf und denken darüber nach, welche zusätzlichen Schichten uns wohl wärmer gehalten hätte? Es geht wirklich nichts über Rad fahren draußen. Hauptsache, man hat die richtigen Klamotten. Da geht probieren über studieren.