Kaum angemeldet und schon ist Rennwoche. Raceweek, wie wir das Neudeutsch landläufig nennen und für alle nicht Sportler, eben die Woche, die an ihrem Ende mit der Hauptsache, dem Wettkampf auf den ewig hingearbeitet wurde, gekrönt wird. Eine Rennwoche beginnt üblicherweise Montags und steigert sich dann nach ein paar ruhigen Tagen mit ein paar letzten lockeren Einheiten, um dann spätestens am Freitag mit Tasche packen und Rad fertig machen in der vollkommenen Nervosität zu enden. Ich vermute, dass sich die Nervosität am Samstag, dem Tag an dem ich im Kraichgau mein Rad abgeben werde, nochmals steigern wird und in ungeahnte Höhen emporklettert.

Das, was bislang die Motivation war an die Startlinie zu gelangen, ist dann die Nervosität, weil der Athlet es bis zur Startlinie geschafft hat. Und das, obwohl es tatsächlich nichts zu verlieren oder zu gewinnen gibt. Zumindest in meiner Preisklasse. Klar bietet sich in meiner Altersklasse für einen Athleten die Chance auf einen Startplatz bei der WM in Australien. Da der Zeugwart und ich allerdings zu dem Zeitpunkt keinen Urlaub haben und es tatsächlich bei einer Rennpremiere für eine Athletin meiner Leistungsklasse denkbar unwahrscheinlich ist, dass alle anderen Athleten schlechter abschneiden werden, mache ich mir über eine WM keinerlei Gedanken. Quasi ein Gedanke weniger, den mein Kopf sich  machen kann. Wo er ja anscheinend unheimlich viele Gedanken zu denken hat.

Leider huste ich nach wie vor und auch der Frosch in meinem Hals ist immer noch präsent. Ein wahrer Triathlet eben, nehme ich an? Ich huste, habe so ein leichtes Hustinettenbärgefühl und räuspere mich stetig. Dabei fühle ich mich weiterhin nicht krank, ich habe keinen Schnupfen, keine Gliederschmerzen und ich muß nicht niesen. Ich huste. Ausschließlich. Und das zu Beginn der Wettkampfwoche. Einige Mitmenschen sprechen sogar von Keuchhusten und besorgnisterregender Lautstärke, ich soll unbedingt zum Arzt gehen und mich abhorchen lassen. Einige Bekannte hatten erst kürzlich Lungenentzündungen und haben sogar einige Tage bzw. Wochen im Krankenhaus verbracht. Ach Du liebes Lieschen, das sind wirklich wahre Horrorgeschichten, die so ein Husten auf den Plan ruft. Ich rufe also beim Arzt an. Ehe ich richtig nervös werde und vollkommen unter Strom stehe, hat der vielleicht noch ein Plätzchen im Wartezimmer frei, dass ich mir freihusten kann und hört mich mal ab.

Mein Arzt ist sportbegeistert, obwohl er selbst nicht sonderlich sportlich ist, so hat er doch ein ausgeprägtes Verständnis für Bewegungsfreude und ist begeistert, wenn jemand gerne Sport macht. Vor einiger Zeit hat er mich ja wegen meiner guten Werte erst zur gesündesten Patientin in seiner Praxis gekürt und deshalb verstehe ich seinen entsetzen Blick, als ich ihm heute hustend entgegen komme. Er weiß nämlich vom Kraichgau und sagt selbst, dass er ja jetzt schon total unter Strom stehen würde, wenn er ich wäre.

Claudi gives it a TRI - Fotograf Unsplash - Pixabay

Aber er ist ja nicht ich und weil ich selbst ich bin, huste ich ihm gleich noch was vor. Er versteht meine Sorge von den Lungenentzündungen und lächelt milde über den Keuchhustenverdacht. Von Keuchen wäre bei mir nichts zu hören, das könnte er gleich mal ausschließen. Aber husten würde ich, das kann er bestätigen. Immerhin, eine ganz eingebildete Kranke bin ich also nicht. Erfreulich. Nachdem er mich erfolgreich abgehört, abgeklopft, be- und angeleuchtet sowie Ahhh und Ohhh sagen lässt, stellt er fest, dass ich nichts habe, was einen Start im Kraichgau verhindern würde. Es sei denn, der Husten würde bei mir als Ausrede zählen. Tut er natürlich nicht. Mein Arzt vermutet eine Allergie oder Nervosität. Nervosität und unter Strom stehen äußert sich bei jedem Menschen anders und auch eine Allergie könnte sich gut nur in den Hals setzen und den Frosch beschäftigen. Um ganz sicher zu gehen, macht er mit dem Frosch und mir noch einen Lungenfunktionstest, den wir beide ebenfalls vorbildlich abschließen. Klar, besser geht immer, aber für eine Frau meines Alters, ist der Test super. Ich habe also jetzt wirklich nur einen nervösen Husten (oder eine Allergie). Toll. Nicht nur, dass ich nicht krank bin, sondern Hypochondrisch erscheine, ich bekomme sogar vom Arzt bescheinigt, dass ich höchstwahrscheinlich verrückt bin und einfach nur unter Strom stehe. Obwohl er bei der Verabschiedung sagt, dass er den Huste sehr wohl ebenfalls hört und klar ist, dass ich den habe. Nur halt ohne Grund.

Und er wünscht mir eine schöne Wettkampfwoche. Das ist einer, der Arzt.