Im Krankenhaus hat man wirklich extrem durchstrukturierte Tage, die haben mein Zeitmanagement besser im Griff, als ich, wenn ich einen vollen Arbeitstag habe. Unfassbar, weil alles ja um einen rum und über einen drüber hinweg passiert, und man selbst einfach nur mitmacht oder existiert. Mein Job besteht im Moment ausschließlich aus atmen und nicht aufgeben. Beides ist, wenn man gesund ist, kein großes Hexenwerk, aber hier wird es zur Lebensaufgabe.

Versicherung

Wenn man gesund ist, macht man sich über das Kranksein möglichst wenig Gedanken. Man sichert sich vielleicht ab, weil einem irgendwann mal irgendjemand dazu geraten hat und erwartet ansonsten, dass alles gut geht. Besonders ich, nach dem Radunfall 2013, hätte niemals gedacht, dass ich nochmal einen habe. Der erste war ja wohl schon krass genug, warum sollte es mich noch mal erwischen? Zumal ich jetzt besser Fahrrad fahre, als jemals zuvor. Aber ganz offensichtlich immer noch nicht gut genug. Seit dem ich eigenständig krankenversichert bin, habe ich -auf Anraten meines Vaters- eine private Zusatzversicherung, die mich im Fall einer stationären Behandlung in der heute existierenden Zweiklassengesellschaft in die Oberklasse bringt. Jahrelang ungenutzt, kommt sie jetzt, hier in der BGU zum Einsatz.

Ich liege im Zweibettzimmer mit eigenem Bad, wähle aus 6 – 8 verschiedenen Essenmenüs und kann mir ein Frühstück inklusive verschiedenster Brotsorten und Beilagen für das Abendessen täglich neu aussuchen. Zusätzlich gibt es bis zu viermal am Tag Arztbesuch, eine Tageszeitung, Telefon und TV sowie eine überragende Rundumbetreuung in meinem kleinen Mikrokosmos.

Tagesablauf

Mein Leben besteht nur aus diesem Zimmer. Anfangs sogar nur aus diesem Bett, mittlerweile werde ich öfter abgestöpselt, weil das Saharagerät seine Arbeit auch eine kurze Zeit ohne Kontakt zur Luftdüse in der Zimmerwand verrichten kann, so dass ich meinen Erkundungsradius auf das Bad ausweiten kann. Selbstständig auf die Toilette zu gehen kann schnell zum wahren Luxus werden, das ist einem, solange alles gut ist, oftmals nicht klar.

Ich wache wegen der unbequemen Rippenlage und zunehmender Schmerzen immer schon vor der eigentlichen Aufstehzeit auf. So hat die Nachtschwester auch noch Zeit, mir auf die Toilette zu helfen. Dann wird das Frühstück serviert und ich bekomme mein Brötchen geschmiert. Mit einem unbeweglichen linken Arm und einer Braunüle in der rechten Hand, bin ich beim Hantieren mit Besteck ansonsten sowieso auch ganz vorne. Mein Essen ist zwar kleingeschnitten und geschmiert bestellt, das gilt aber nicht für Brötchen. Da vergeht sich in der Krankenhausküche keiner dran. Und ein Brötchen kann ein großes Hindernis sein, wenn man meine Situation betrachtet. Statt den Joghurt ins Müsli, schippe ich mehr oder weniger erfolgreich, die Müslikörner in meinen morgendlichen Joghurt, die Perspektive ist entscheidend und im Bauch kommt eh alles zusammen.

Visite

Noch während ich mit meinem so präparierten Frühstücksjoghurt jongliere, kommt die erste Visite rein. Mindestens zwei, im Normalfall allerdings drei, Ärzte inklusive zahlreicher Schwestern kommen durch die Tür und arbeiten sich zu meinem Bett vor. Gefühlt jeder ist mit einem Tablet bewaffnet und kann dem Visiteführer, der tabletfrei schreitet, so jederzeit mit Bildern, Laborergebnissen und Zwischenberichten versorgen. Meine Krankenakte ist einmal komplett digital. Auf Nachfragen werden Röntgenbilder geliefert oder Blutergebnisse abgefragt. Die Medikamention und weitere pflegerische Vorgehensweisen werden zwar noch per Hand mitnotiert, aber wahrscheinlich nur, wenn ein Tablet im Spind vergessen wurde.

Physiotherapie

Meine weitere Vorgehensweise ist außer dem regelmäßigen, durch das schöne Saharagerät gesteuerten, atmen ab sofort auch noch intensive Physiotherapie. Ich bekomme täglich Besuch und es wird atmen geübt und trainiert. Stellt man sich auch alles total einfach vor, wenn es eben reflexartig, wie es sein soll, passiert. Wenn einem alles weh tut und man am liebsten nur flach atmen würde, wird es schon schwierig mit dem tiefen Atemzug. Der ist aber dringend notwendig. Ohne geht es nicht und die Lunge braucht einen regelmäßigen, tiefen, Atemzug. Jeder erzählt mir hier mehr fach am Tag, wie wichtig der ist. Also mache ich meine Übungen regelmäßig. An mir soll es später nicht liegen, wenn was nicht funktioniert.

Ich möchte nicht aufgeben und weiterhin mein Bestes abliefern. Atmen, so lang und tief es eben geht heißt die Devise!