Der Ausblick aus meinem Krankenzimmer ist wunderbar. Die Klinik liegt leicht erhöht in Frankfurt und mein Zimmer zeigt in die perfekte Skyline Richtung. Jetzt, da ich maschinenfrei atmen kann, wasche ich mich heute früh selbst und gehe auch ganz alleine auf die Toilette. Ich schaffe es sogar mich selbst frisch anzuziehen und als ich später auf die Uhr schaue, ist über eine Stunde vergangen. Krankenhaus entschleunigt, Normalität wird neu erlernt und die Welt schaut zu. Über eine Stunde um mir den Schlafanzug aus- und eine Jogginghose plus T-Shirt anzuziehen, dazu ein Toilettengang und Waschen plus Zähne putzen. Gesund wäre es unmöglich, soviel Zeit damit zu verbringen. Hier ist es ein Erfolg, alleine dazu fähig zu sein.

Meinen linken Arm kann ich nicht wirklich bewegen, alles tut weh. An meinem Schlüsselbein hat sich ja noch nichts getan, es ist also noch immer gebrochen. Man muß mindestens zwei Tage ohne Maschine sein um die OP durchzuführen, wenn es nur irgendwie geht. Das Schlüsselbein hat keine Eile, im Kreiskrankenhaus Groß Gerau hatte man mir ja sogar automatisch erst einen OP Termin in der nächsten Woche zugeteilt, ohne sich um meine gebrochenen Rippen zu kümmern. Schlüsselbeine scheinen nicht ganz so eilige Themen zu sein.

Heute wage ich mich das erste Mal aus meinem Krankenzimmer raus. Ich kann nicht ewig krank im Bett liegen. Ich möchte raus, mal an die Luft und weil ich vom Besuch der Teamchefin diese Woche weiß, dass es hier sogar eine Dachterrasse gibt, ist das mein Ziel. Nur um die Ecke, sagt die Krankenschwester, muß ich gehen. Ihre Angabe von „nur um die Ecke“ und mein Empfinden, weichen ziemlich voneinander ab, aber nach einiger Zeit erreiche ich die Terrasse, die sich, wenn man ehrlich ist, wirklich nur um die Ecke befindet. Wahnsinn, wie die Welt tatsächlich allen Streß, allen Ärger und alles was bislang normal erschien, draußen behält.

Claudi gives it a TRI - Radunfall

Selbst hier auf der Terrasse, an der frischen Luft, wo ich auf die gleiche Skyline blicke, die ich sonst aus dem Auto auf dem Weg zur Arbeit sehe, geht es nur darum gesund zu werden. Kein Streß, keine Termine, keine Normalität. Einfach nur tief ein- und ausatmen. Mehr nicht. Kein anderer Fokus. Totale Entschleunigung.

Die Arztvisite kündigt heute an, dass die Schlüsselbein Operation morgen als erster OP Termin statt finden wird. Meine Werte sind prima und meine Lunge ist nach wie vor voll entfaltet. Man traut mir bzw. meiner Lunge, die Narkosebelastung zu. Morgen früh also.