Der Heilige Abend beginnt bei uns mit Kaffee trinken. Wir haben einen Mallorquinischen Mandelkuchen (natürlich nach Claude’s Rezept) gebacken und ich habe zusätzlich noch jede Menge Plätzchen, Rocher und Ferrero Küsschen besorgt. Die gehören ja irgendwie zu Weihnachten dazu. Während die Damen und der Kleine mit dem lockigen Haar sich im Anschluß auf in die Kirchen machen, weil dort die Weihnachtsgeschichte erzählt wird und so die Zeit, bis das Christkind kommt und die Geschenke bringt, etwas verkürzt wird, bleibt die Hausarbeit an den Männern hängen.

Weihnachten ist ungerecht.

Ich gehöre zu den Damen, ziehe meine neuen, gewonnenen, Winterstiefel an, weil es in Kirchen nach einer allgemein gültigen Regel immer kalt ist, und schon kann es los gehen. Der Zeugwart und ich haben keine Kinder und so kennen wir hier im Dorf zwar die Nachbarn und die Verkäuferin vom Bäcker, Rewe und der Post, wir kennen die Friseurin und waren auch schon in der Apotheke, aber die wesentlichen Einwohner eines Dorfes, sind die, die sich morgens im Kindergarten und in der Schule treffen. Die Kinder, um die es auch hauptsächlich an Heilig Abend geht.

Der Pfarrer glaubt nicht an das Christkind?

Ohne Kinder ist man nicht wirklich gut integriert. Das fällt im täglichen Leben nicht auf. Heute, in der Kirche, die für mich vollkommen überraschend krachend voll ist, fällt es auf. Ich bin gefühlt die einzige, die kein Kind dabei hat. In der total vollen Kirche, in der wir tatsächlich ganz hinten mit zahlreichen anderen stehen müssen, beginnt der Gottesdienst mit Gesang. Der junge Pfarrer sagt ein paar einleitende Worte, wünscht allen Kindern dass ihre Eltern ihnen tolle Geschenke besorgt haben, dann wird die Weihnachtsgeschichte vorgespielt und dann singen wir noch mal. Hat der Pfarrer denn nie daran geglaubt, dass der Weihnachtsmann oder das Christkind die Geschenke bringen? Unfassbar, dass er alles verdirbt. Ich kann nur hoffen, dass der Glaube der Kinder stärker ist! Beim Vater Unser schlägt der Pfarrer vor, dass wir uns an den Händen halten. Der Herr, der schräg hinter mir steht, freut sich über meine warmen Hände und sein wesentlicher Weihnachtswunsch ist, dass seine Frau auch mal so warme Hände hat, wie ich.

Weihnachtswunsch

Ich kann ihm natürlich jetzt schlecht von meinen gewonnenen Winterstiefeln erzählen und davon, wie warm es mir tatsächlich ist und dass warme Hände für mich sonst auch nicht selbstverständlich sind. Also belasse ich es bei einem „ich wollte Ihnen die Einstimmung auf den Heiligen Abend so angenehm wie möglich gestalten“ und wir singen noch ein Abschlußlied. Dann begibt sich die Lawine der weihnachtswütigen Familien in Richtung heimatliches Wohnzimmer. Die kleine Merida, die aufgeregt mit ihrer Bommelmütze vor uns herhüpft, während wir versuchen langsam in Richtung Haus zurückzulaufen. Wir wollen dem Christkind ja ausreichend Gelegenheit geben, alle Geschenke unter den Weihnachtsbaum zu legen.

Bescherung

Unfassbar, wie warm meine Füße sind, als ich die Stiefel ablege. Wir warten im Flur, bis das Christkind unter dem Baum ein riesiges Geschenkemeer errichtet hat und dann stürmt Merida die Szenerie. Der Kleine mit dem lockigen Haar ist überwältigt und beobachtet erst mal nur. Aber schnell hat auch er festgestellt, dass hinter dem vielen Geschenkpapier zahlreiche Überraschungen warten und er tut es seiner Schwester gleich. Der beste Nachbar ist, wie das bei Papas an Weihnachten üblich scheint, mit aufbauen und Batterien suchen beschäftigt und so befinden wir uns in kürzester Zeit in einem Papier- , Verpackungswunderland und sitzen in zahlreichen Geschenken.

Für Kinder kann das Auspacken ja ewig dauern und als erwachsener ist man dann eher mit dem aufbauen und spielen beschäftigt. Und mit dem aufräumen. Nachdem die Kinder mit zahlreichen Geschenken und den Großeltern nach oben verschwunden sind, baue ich eine komplette Autolandschaft auf und bin mit dem Ergebnis ziemlich zufrieden. Unfassbar allerdings, was für Aufgaben die Spielzeugindustrie kleinen Kindern stellt. Gut, dass es bei praktischem  jedem Weihnachtsfest auch aufbauwütige Erwachsene gibt.

Wir hatten einen wirklich schönen Heiligen Abend, während sich unser Weihnachtsgeschenk in unserer eigenen Wohnung schon mal mit seinem neuen Arbeitsbereich vertraut gemacht hat. Der „King of Dust“ wird uns ab sofort viel Arbeit abnehmen, damit wir die für uns nutzen können.