Das Trainingslager ist fast vorbei. Fast heißt bei der Chefin und dem Tonageber allerdings nicht, dass wir deshalb heute nichts gemeinsam trainieren und Gefahr laufen, unseren Urlaubstag womöglich mit so Sachen wie Koffer packen zu verbringen. Oder dass wir deshalb heute die Seele am Pool baumeln lassen. Heute geben wir nochmals alles. Eigentlich ist heute das einzig wahre Triathlon Training im Trainingslager.

Triathlon an sich

Wie der Tonangeber es so schön in Worte fasst… bislang habt Ihr Disziplinen trainiert, heute geht es um den Triathlon an sich. Ein spezifisches Training, etwas, was nur ein Triathlet zu schätzen weiß, ein Training, was ausschließlich Triathleten nützlich finden. Der Tonangeber meint Koppeltraining. Alle gemeinsam.

Vorher fahren wir aber, nach einem ausgiebigen Frühstück, erst mal zum Pool im Club Pollentia. Die Hübsche fährt wegen des gestrigen vollkommenen Ausschöpfens ihrer Kohlehydratspeicher im Auto mit, alle anderen fahren mit dem Rad. Unsere Cappuccino Gruppe hat spontan weiteren Zuwachs bekommen. Ich bin mir nicht sicher, was Hanni und Nanni auf einmal in unsere Gruppe treibt und vor allem frage ich mich bereits nach den ersten 3,5 Minuten, wer die beiden cappuccinomäßig gebrieft hat? Jetzt habe ich mich wirklich die ganze Woche redlich bemüht, jedem ausführlich beim Abendessen zwischen den Bissen, die ich hungrig in meinen Mund schaufelte, zu erklären, wie so eine Cappuccino Gruppe funktioniert. Und jetzt das?

Falsch verstanden

Hanni fährt vorne neben dem Tonangeber und die beiden geben Gas. Sie preschen durch Sa Pobla, so dass ich in jedem, der zahlreich vorhandenen, Kreisel das Gefühl habe, dass ich durch eine Steilkurve fahre, so nehmen die Herrschaften die Kurven. Und dann wird auch noch ordentlich raus-beschleunigt, als ginge es darum rechtzeitig zu den Palatschinken daheim zu sein. Aber nein… wir fahren doch nur zum schwimmen. Ich bin total verwirrt, aber im Sog radle ich natürlich mit. An mir soll es nicht liegen, nicht heute. Die beiden biegen in die Schilfstrasse ein, als wenn es kein Morgen gibt und wir dringend heute noch alles mögliche in Alcudia erledigen müssen.

Konzentrationspause

Hinter mir plappert Nanni fröhlich mit dem Zeugwart. Mit mir kann man es ja machen. Diese total austrainierten Superathleten sind wirklich der Knaller. Ich fahre neben Galadriel und wir unterhalten uns auch ein bischen. Ich muß allerdings öfter mal eine Konzentrationspause einlegen, wohingegen die Unterhaltungen vor und hinter mir keinerlei Pause kennen. Fröhlich plappernd fährt unsere Gruppe mit Höchstgeschwindigkeit durchs Schilf, nimmt die Kreisel in Alcudia mit Höchstgeschwindigkeit und wird dann jäh gestoppt, weil ein Tourist seinen Fiat Panda rückwärts in eine LKW Parklücke einparken möchte. Verständlicherweise überfordert ihn der Platz und es wird fleißig rangiert. Wir fahren vorbei, biegen im nächsten Kreisel richtig ab und sind gefühlt schon am Club.

Orientierungslos

Tatsächlich kenne ich den Weg mittlerweile und würde alleine von der Finca zum Club finden. Und das nach nur drei Jahren. Meine Orientierung ist wirklich der Wahnsinn. Am Club stürzen sich die Athleten entweder ins Meer oder in den Pool und schwimmen was das Zeug hält. Heute ist ein triathlonspezifischer Trainingstag und das heißt beim schwimmen vor allem Sprints, Sprints, Sprints. An so einem letzten Tag im Trainingslager sind Sprints natürlich auch krass, aber hier sind ja nur Supersportler und ein paar, die auf den Liegen rumliegen, denn die Chefin holt sich schließlich keine Luschen ins Camp.

Nach dem schwimmen beginnt das Koppeltraining im Anschluß an ein Tabataprogramm, das der Tonangeber leitet. Ich lege meinen Laufstützgurt an und versuche mal, wie es denn so mit dem Laufen klappt. Auf einer 250m Strecke laufe ich immer hin und her, ohne Schmerzen. Und mache regelmäßig kurze Pausen, auch ohne Schmerzen. Während die Tabatakämpfer sich für das Koppeln bereit machen, erlaufe ich mir so gute 2,5km. Natürlich mit Pausen, aber schmerzfrei. Ich freue mich!

Gemeinsam

Nach der Einführung zum Koppeln, also quasi der Streckenbesichtigung, geht es wieder heiß her. The Rock steigt aus. Er hat keine Kraft in den Beinen und er fühlt sich nicht so. Da wir beim Ironman Hamburg einen fitten Starter haben möchten ist es ziemlich schlau, dass er nichts riskiert. Statt dessen erbittet er meine Begleitung bei einem Läufchen. Alle anderen Teilnehmer, mit wenigen Ausnahmen, starten gemeinsam mit dem Koppeltraining.

Koppeln

The Rock und ich laufen nochmals über 2km gemeinsam und plaudern dabei munter über Familie, Beruf und Leidenschaft. Wenn man nicht gemeinsam auf dem Rad unterwegs ist, dann hat man ansonsten ja nur abends mal Zeit sich kennenzulernen, oder eben bei einem Lauf. Zurück an der Wechselzone bestaunen wir Jill, wie sie den Tonangeber stehen läßt, wir beklatschen Sarabi und freuen uns, wie flott auch Emily Erdbeer unterwegs ist. Und als alle im Ziel sind gibt es ausschließlich zufriedene Gesichter.

Endlich Eis

Da heute der letzte Tag ist, müssen wir im Anschluß die Räder zurückgeben. Wir machen einen kurzen Eiszwischenstopp an dem ich beschließe, dass ich bis nächstes Jahr dringend etwas Spanisch lernen muß, und dann geht alles ganz schnell. Räder abgeben, zurück zur Finca und tatsächlich Koffer packen. Ich kann das gar nicht glauben, dass diese Trainingslagerwoche jetzt wirklich bereits rum sein soll. Wie soll ich ab morgen ohne 100km Rad fahren, ohne 1.000hm, ohne Wind, ohne Riegel essen, ohne das Meer und vor allem ohne diese tollen Menschen auskommen?

Die Cappuccino Gruppe ist mir dieses Jahr wirklich sehr ans Herz gewachsen. Gerade die Plaudereien mit der Hübschen, der Gedankenaustausch mit dem Gesetzeshüter, die kurvige Einträchtigkeit mit Sarabi, die Sprüche des Tonangebers, die herzerfrischende Art von Emily Erdbeer und Jill’s wunderbare Zeichensprache werden mir fehlen. Wie kann ich ab morgen ohne die Chefin und ihre aufmunternden Worte sein? Wie soll es ohne den Physio gehen und wieso wird Galadriel viele hundert Kilometer von mir entfernt sein? Macht das wirklich Sinn? Sollen wir wirklich morgen heim fliegen? Das kann nicht sein.

Ich falle mit schweren, müden Beinen ins Bett und träume wirres Zeug.