Der Ironman 70.3 Kraichgau naht mit großen Schritten. Ich weiß noch genau, wie ich im letzten Jahr vor dem Wettkampf bei der Swimnight war und das letzte Mal geschwommen bin. Irgendwie macht man vor dem Wettkampf ja alles zum letzten Mal. Wie ein Countdown eben. Mein Kollege William Thacker, der wie es seine Rolle in Notting Hill ebenfalls darstellt, abenteuerlustig daher kommt, wechselt heute fast stündlich einen Reifen im Büro. Quasi statt Zigarettenpause, üben wir den Reifenwechsel, damit eine eventuelle Reifenpanne im Kraichgau allenfalls mit einem milden Lächeln kommentiert werden muß. Den ersten Reifenwechsel führt er alleine durch. Keine ganz so schlaue Idee, aber Männer sind ja oftmals beratungsresistent und es ist ihnen deshalb auch immer nur bedingt zu helfen.

Ich frage, wie es lief und der Kommentar ist eher zurückhaltend. Das habe ich mir gedacht. You Tube kann einem viel beibringen, aber manchmal sind direkte Kommentare besser. Der zweite Reifenwechsel findet zur Mittagspause in meinem Büro statt. Hier kann sich William Thacker auch gleich darauf einstellen, was ihn am Sonntag an der Strecke erwartet, wir haben nämlich wenig Lust ewig auf ihn zu warten und essen immerhin zeitig. Unsere Kollegin übt sich mehr im liebevollen motivieren und sagt ihm, während ich ihn frage, ob er eingeschlafen ist, dass er wirklich aussieht als würde er sich Mühe geben. Da muß ich mich fast kringelig lachen, aber das „good cop – bad cop“ kommt ganz gut an. Trotzdem hat William Thacker unheimlich viel Luft nach oben. Das Coaching beginnt. Eigentlich ist er ja ein Sisu-trainierter, aber das gilt nicht für die Reifenwechseltechnik sondern mehr für das Training an sich.

Ganz offensichtlich tauge ich ganz hervorragend als Techniktrainer. Der Zeugwart hat mich hier gut ausgebildet. Und William Thacker kommt deshalb in den Genuß seine kaum vorahndenen Reifenwechselkenntnisse auf einen absolut konkurrenzfähigen Stand aufzustocken. Die Tipps und Hinweise sind hilfreich und so wechselt er den letzten Reifen am heutigen Tage, kurz bevor wir zur Swimnight aufbrechen, in etwas unter 5 Minuten. Respekt. Ich bereitwillig an, ihm ein paar Reisszwecken vor das Rad zu werfen, wenn ich ihn im Kriachgau kommen sehe, wenn das jetzt so gut klappt. Es ist nichts blöder, als wenn man etwas wirklich gut kann und es dann niemals braucht. Er lehnt dankend ab und ich bin auch irgendwie froh, dass ich mir das Gepiekse in der Hand am Sonntag ersparen kann.

Wir fahren heute überpünktlich zur Swimnight los und ich erkenne den Zeugwart schon von weitem. Ohne Hetze ziehen wir uns um und spazieren dann seelenruhig an den See.

Schwimmen

Der hat seit letzter Woche merklich abgekühlt. Also wenn das im Kraichgau auch so ist, dann braucht man sich um Neoverbot wirklich gar keine Gedanken zu machen. Das Wasser, was sich durch den Reissverschluß den Weg in meinen Anzug bahnt, ist eisig. Und ich gebe mir schon wirklich große Mühe, es mit viel Körperfläche anzuwärmen. Gefühlt, dauert das aber ewig. Auf den Tipp des Windschattengebers, wie man den Anzug schnell von innen warm bekommt, gehe ich hier überhaupt gar nicht erst ein. Ich wässere meinen Anzug einmal, prüfe dann den richtigen Sitz und dann geht’s irgendwie doch schon gleich los. Verrückt. Dabei waren wir eben alle noch ewig weit entfernt vom Start. Aber so ist das ja oft. Plötzlich ist es dann eben soweit.

Ich schwimme los und werde stetig von einem recht großen Fisch begleitet. Manchmal sehe ich ihn auch nicht, aber merke ihn an meinem Bein. Dann wieder taucht er in meinem Sichtfeld auf. Ich schwimm wahrscheinlich so langsam, dass er über ein Rettungsszenario nachdenkt? Als ich auf einmal doch an der Boje bin, komme ich mir plötzlich erstaunlich flott vor. Der Fisch weicht nicht von meiner Seite, offensichtlich ist er anderer Meinung? Wir schwimmen so also gemeinsam alle Bojen ab und tatsächlich überhole ich auch ein paar Schwimmer. Ich glaube, der Fisch hat sich gerade vor Lachen verschluckt. Und etwas ungläubig schaut er mittlerweile auch. Ich schwappe ans Ufer und meine Uhr freut sich über 700m und 14 Minuten. Das geht sicherlich schneller, aber rumtreiben war das nun auch nicht. Von daher bin ich zufrieden.

Auf der nächsten Runde ist der Fisch nicht zu sehen, dafür schwimmt der Zeugwart neben mir her. Also er versucht es. Meistens wartet er, bis ich wie so eine hektische Windmühle paddelnd wieder bis zu ihm vorgeschwommen bin, und dann macht er drei Armzüge um wieder zu warten. Unfassbar, wie er voran kommt. Ich kann den Fisch verstehen, eine Depression wollte der sich heute Abend nicht noch zusätzlich holen! Meine Kondition ist auf dieser Runde deutlich schlechter als auf der Ersten, aber wir kommen am Ufer an. Ich bin froh, dass ich tatsächlich zwei Runden geschwommen bin.

Während wir zum Pizzaessen fahren, machen wir die Pläne für unseren Besuch im Kraichgau am Sonntag. Ich freue mich schon auf’s Anfeuern!