Den Samstag vor dem längsten Tag im hessischen Triathlonjahr verbringen der Zeugwart und ich seit vielen Jahren am Langener Waldsee. Irgendwie verschlägt es uns immer hier her, ans Wasser, in die Wechselzone, wo die Athleten am Vortag ihres großen Rennens ihre Räder abgeben, wo die Aufregung mit jeder Minute die in den Tag hinein verstreicht, ansteigt.

Dieses Jahr wird mir noch mehr als in den vergangenen Jahren bewußt, wie weit entfernt so ein Start bei einer Langdistanz für mich ist. Ich kann kaum fassen, was die Leute hier morgen vorhaben, das alles erscheint mir so extrem, wohingegen es im letzten Jahr so nah war. Letztes Jahr, vor meinem Unfall, hatte ich große Pläne. Erst der 70.3 Kraichgau, dann eine bessere Zeit beim 70.3 Vichy, dann ein weiteres Jahr Training bei iQathletik und dann dieses Jahr wieder Kraichgau und dann der eigene Start in Frankfurt.

Ganz weit weg

Kopfgespinnste. Träume. Luftblasen. Alles ganz weit weg, wenn ich da heute drauf blicke. Unfassbar weit entfernt. Nicht so, für die zahlreichen Athleten, die heute ihre Räder zum Langener Waldsee bringen. Darunter natürlich auch der Flitzer und die Vereinsmädels, die morgen unseren Triathlon Verein auf der Strecke repräsentieren werden. Wir haben bereits die ganze Vorbereitungszeit mitgefiebert und teilweise auch mal mit trainiert, so dass wir fast genauso gespannt sind, wie die Athleten selbst, auf den großen Wettkampftag.

Außer den Startern vom Verein wird morgen auch Din, von Eiswürfel im Schuh am Start sein und natürlich William Thacker, den wir heute auch auf dem Weg zum See treffen. Wie er sich verändert hat, seit dem der Ironman Frankfurt 2017 sein großes Ziel geworden ist. Das viele Training ging nicht spurlos an ihm vorüber und nach seinem Kraichgau Finish ist er ja auch bereits ein richtiger Triathlet. Heute gibt er sein Rad in der Wechselzone ab, seinen roten Beutel ebenso, und hängt seinen blauen Beutel auf.

Aufregung

Ich bin aufgeregt, obwohl ich nicht selbst starte. Aber am Samstag vor dem Ironman bin ich immer für alle Athleten mit aufgeregt. Ich denke darüber nach, ob es noch etwas zu bedenken gibt, ob ich noch Tipps auf Lager habe, die ich loswerden muß, halte dann aber oft einfach den Mund. Ich glaube, dass ich, auf der anderen Seite, keine ständigen Tipps und Ratschläge haben wollen würde. Mitfiebern ist etwas anderes, denn die Athleten haben hier meistens Trainerunterstützung und so bekommt William Thacker zum Beispiel von seinem Trainer Mario von Sisu Training alle benötigten Tipps und Informationen.

Und zu viele Köche verderben ja meistens den Brei. Bevor wir William Thacker also in seinen längsten Tag und die vorbereitende Nacht verabschieden, verkneife ich mir jeden weiteren Ratschlag. Er braucht die Ratschläge nicht mehr. Er hat gut trainiert, er hat einen der besten Trainer, die ich kenne an seiner Seite, er hat Biss und er wird das Ding schon machen. Ich habe keine Zweifel. Ich umarme ihn, zur Verabschiedung mit einem „wir sehen uns auf der Radstrecke“ und der Zeugwart wünscht ebenfalls alles Gute. Wir sind beide davon überzeugt, dass William Thacker am morgigen Sonntag als Ironman ins Bett gehen wird.

Expobesuch

Er wird alles geben. So, wie die Profis, deren Teil der Wechselzone sich ebenfalls langsam füllt. All diese gut trainierten, hoch motivierten Athleten auf einem Haufen. Ehe ich zu emotional werde, verlassen der Zeugwart und ich den Langener Waldsee und schlendern nochmals über die Expo in Frankfurt. Hier quatschen wir noch mal mit unserem Optiker aus Bruchköbel: Meyeroptik und machen noch ein Anzugschnäppchen. Ich bin hin und hergerissen. Eigentlich brauche ich keinen Triathloneinteiler, ich mache ja derzeit noch nicht mal wirklich Triathlon, aber liegeblassen wäre auch blöd. Also mitnehmen. Als guten Vorsatz vielleicht?

Wir fahren vollkommen erschöpft von einem langen, warmen Tag nach Hause. Morgen beginnt unser Tag voller Anfeuerung bereits früh. Allerdings ändern wir unsere Pläne und fahren doch mit dem Auto in die Stadt. Meine Kondition ist einfach nicht so gut, ich traue mir den ursprünglich geplanten Ausflug zum Hühnerberg nicht wirklich zu. Nach den letzten Vorbereitungen, geht es dann endlich ins Bett. Schlafen, für den längsten Tag des hessischen Triathlonjahres.