Gestern fiel der Sport flach. Erstens habe ich eine Ruhewoche, obwohl der Tonangeber das natürlich anders definiert als ich, aber viel wichtiger ist zweitens… denn zweitens habe ich heute früh ein weiteres Schwimmtraining beim SchwimmGuru Vito und da möchte ich ausgeruht im Becken auftauchen. Es bringt nichts, wenn ich schlapp, müde und unkonzentriert seinen Ausführungen nicht folgen kann und womöglich wichtigen Input verpasse. Immerhin möchte ich ja etwas lernen. Deshalb ja auch die Einzeltrainerstunde.

Heute früh komme ich, wegen der gestrigen Schonfrist, auch ganz gut aus dem Bett, freue mich über das bereits bis zur Perfektion vorbereitete Frühstück und Mittagessen und bin noch vor 7h auf dem Weg zum Schwimmbad. Eigentlich, so könnte man meinen, ein ordentlicher Zeitpuffer. Nicht so im Rhein-Main-Gebiet, wo man für eine Strecke, die normalerweise so 30 Minuten in Anspruch nimmt, ganz leicht auch mal mehrere Stunden unterwegs sein kann. Ohne Probleme und ohne massivem Rettungs- oder Feuerwehreinsatz. Einfach nur deshalb, weil die Menschen auf der Autobahn einfach so fahren, wie sie eben fahren und weil das, wenn es viele tun, eben auch mal gerne länger dauert.

Gerade noch mit dem „Hose runter“ Zeitpuffer, marschiere ich ins Schwimmbad, bin einmal mehr froh, dass ich meinen Badeanzug bereits drunter habe und tatsächlich einfach nur Klamotten ausziehen muß und den Schrank abschließen kann, und bin schon auf dem Weg in die Dusche. Während eine ältere Dame sich redlich Mühe gibt, die Dusche trocken zu legen, obwohl sich mir der Sinn dieser Aktion bereits seit mehreren Schwimmbadbesuchen nicht wirklich erschließen möchte, dusche ich mich einmal ab und bin schon am Beckenrand. Gerade lernt noch jemand anders, so dass ich tatsächlich noch fast 10 Minuten zum einschwimmen habe, ehe es mit dem Training los geht.

Die nutze ich auch. Es wäre dämlich Trainingszeit für das Einschwimmen zu „verschwenden“ und auf diesem Weg kann ich mich noch mal eingrooven und auf das Wesentliche achten. Manchmal verfalle ich, obwohl ich mittlerweile schon viel weiß, ja trotzdem noch in einen wilden unkontrollierten Beinschlag oder nehme den Ellbogen übermäßig aus dem Wasser. Aber wenn ich mich ein paar Bahnen auf das Wesentliche besonnen habe, dann klappt es wie von selbst, und vor allem, wie es mir der SchwimmGuru beigebracht hat. Und darauf kommt es schließlich an.

Wir beginnen pünktlich, sowas liebe ich, und weil ich eingeschwommen bin und keine behindernden Probleme habe, legen wir auch gleich los. Ich führe vor, was ich eingeübt habe und der SchwimmGuru ist zufrieden. Ich lerne auch gleich weitere Varianten und Ergänzungen zu den bereits bekannten Übungen Scheibenwischer und unter Wasser Kraul. Wie in den letzten Trainerstunden ist es auch heute so, dass der SchwimmGuru mir etwas zeigt oder erklärt und ich es sofort umsetzen kann. Manche Übungsabfolgen sind mir natürlich total neu und bis ich das, was ich machen soll und das was ich mache in Einklang gebracht habe, vergehen ein paar Schwimmzüge. Aber dann klappts, als hätte ich nie eine andere Übung gemacht. Irgendwie schon ziemlich cool. Ich wische also unter Wasser die vermeindlichen Scheiben, was der Dreck so hergibt, ich hebe die Schultern und ich stoppe meinen Arm in der Höhe und dann schnellt er pfeilähnlich herab ins Wasser, während der andere mich mit beeindruckend viel Druck nach vorne katapultiert.

Und dann sagt der SchwimmGuru, dass wir heute noch mal was anderes lernen, damit ich mehr Abwechslung auf meinen Trainingsplan bekomme. Was anderes? Außer schwimmen, oder was? Natürlich nicht. Wir bleiben beim schwimmen und ich werde zum Insekt. Heute schwimmen wir Schmetterling. Zumindest wollen wir damit beginnen, sagt der SchwimmGuru. Wir machen einige Vorübungen und obwohl ich dachte, dass ich Schmetterling doch irgendwie kann, lerne ich gleich nach der ersten Übung, dass ich mich da vollkommen überschätzt habe. Abtauchen wie ein Pinguin hat ja, bevor ich es selbst so gemacht habe, rein gar nichts mit dem Insektenschwimmen zu tun, aber es ist schlichtweg genau so, wie es der SchwimmGuru sagt. Es gibt da einfach nichts dran zu rütteln. Er hat recht und fertig. Ich schwimme also wie ein eintauchender Pinguin hin und her, mache die flache Welle des Wassers nach und schwappe so mit.

SchwimmGuru

Langsam, aber zielsicher, setzen wir die neue Schwimmart zusammen und so werde ich wirklich ganz klammheimlich zum Insekt. Als Schmetterling schwimme ich auf der Bahn entlang, komme nicht aus dem Rhythmus und prima voran und denke mir, wie einfach das Leben als Sportler doch mit einem passenden Trainer so ist. Wie viele Jahre habe ich es auf eigene Faust probiert? Wie lange habe ich Technikübungen für Kraul und Delphin gemacht, ohne wirklich einen nennenswerten Erfolg? Und warum? Weil ich einfach dachte, dass das schon passen wird. Aber so ist es eben bei mir nicht. Alleine paßt das nicht. Mit dem SchwimmGuru brauche ich noch nicht mal 20 Minuten und schwimme Schmetterling, über eine ganz Bahn. Hier hat er mich sogar mal aufgenommen und ein Lob habe ich auch bekommen!

Trainerfeedback ist ja für mich und mein Athletendasein ein absoluter Erfolgstrigger. Ich freue mich diebisch, wenn ich etwas richtig mache und der Trainer mich lobt. Ich brauche einfach diese Rückmeldung und heute bekomme ich sie tatsächlich volle Kanne. Der SchwimmGuru ist mit meinem Schmetterlingschwimmstil absolut zufrieden. Ich darf jedem sagen, dass das eben Schmetterling ist, sagt er. Nach der Schwimmstunde schwimme ich mich noch ein bischen aus und dann geht’s ab unter die Dusche. Hier verliere ich wieder unfassbar viel Zeit und dann ist auch noch der Fön kaputt, den ich greife. Aber gut. Ich sitze dann trotzdem mehr oder weniger pünktlich zum arbeiten am Schreibtisch. Mit der stolz geschwellten Brust eines Insekts, denn jetzt gehöre ich ja schließlich dazu.