Unsere Weihnachtspläne sind total entspannt. Seit Jahren schon machen wir uns was Tradition und Pflichten angeht keinen Stress mehr. Wir verbringen die Feiertage so, wie sie für uns am schönsten sind und spicken sie mit Sport und weiteren Hobbys, so gut wie wir nur können. Wir nutzen die Zeit, weil es so viel Zeit für Besinnlichkeit gibt. Gerade wenn ich mich in der Küche austobe, komme ich schnell auf andere Gedanken. Denke an längst verstorbene Familienmitglieder, wie es hätte sein können oder wie es gewesen ist. Ich denke an Freunde, die wir viel zu selten sehen und daran, was ich eigentlich möchte.

Heute, während die meisten letzte Besorgungen machen oder das Essen für den morgigen heiligen Abend vorbereiten, fahren der Zeugwart und ich, zusammen mit Lisabet und Madita, auf den Hoherodskopf zum Langlauf. Im Vogelsberg ist es zwar seit letzter Woche auch wärmer geworden, aber trotzdem liegt noch ordentlich Schnee und wir wollen die neu erworbenen Kenntnisse gleich noch mal anwenden. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich überhaupt noch an etwas erinnern kann, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zu letzt und so bin ich guter Dinge.

Wir leihen uns die Ausrüstung wieder an der Taufsteinhütte (Kostenpunkt 18EUR für den ganzen Tag) und dann geht’s auch schon los. Auf dem Parkplatz weht ein eisiger Wind und wir überlegen spontan, ob wir wohl genug Klamotten anhaben. Es ist tatsächlich bitterkalt. Erfreulicherweise kommt der Wind im Wald nicht so durch und so bin ich froh über die Klamottenwahl. Lisabet schlägt vor heute gleich mal die 7km Runde in Angriff zu nehmen. Ich verstehe sie, denn im Februar warten 50km auf sie, so dass ein bisschen Training sicherlich nicht verkehrt ist.

Der Zeugwart überzeugt uns, dass wir erst mal die 3km Runde absolvieren könnten um dann zu entscheiden entweder noch mal 3 oder dann die 5km Runde ranzuhängen. Wir Damen sind flott überzeugt und so sprintet Lisabet los, Madita, die heute zum ersten Mal auf Skiern steht, hinterher wie von der Tarantel gestochen und ich bemühe mich, nicht gleich auf der Suche nach der ersten Spur auf der Nase zu liegen. Die Welt rutscht nur so unter mir hindurch heute. Die Spur ist glitschig und nach 30m folgt sofort eine Kurve inklusive Berg ab. Wobei die Kurve tatsächlich für jeden sichtbar ist, und das Berg ab mehr in meiner rutschigen Welt als in der Realität existiert. Etwas runter geht’s allerdings.

Ski

Ich versuche mich krampfhaft zu erinnern, was Frieda letzte Woche zum Überwinden von Kurven gesagt hat. Und was zum runter fahren. Aber wirklich gut erinnere mich nicht. Aber da der Zeugwart ganz in der Nähe ist, dreht er um und weist mich ein. Hervorragend. Der Zeugwart ist auch ein guter Skilehrer und während die Welt unter mir rutscht, was die Skier hergeben, überwinde ich die Kurve und ziehe hinter Madita her. Wobei ich mit hinterherziehen meine, dass ich sie weit vor mir sehe. Der Zeugwart wartet an einer abschüssigen Stelle auf mich, weil er ahnt, dass wir die nur gemeinsam meistern können.

Ich alleine wäre einfach stehen geblieben. Der Zeugwart weist mir den Weg über den abschüssigen Weg und wir folgen der 3km Strecke. Die ist übrigens mit einer blauen 1 gekennzeichnet. Diese Information wäre für uns alle nützlich gewesen, so stellen wir später fest. Mittlerweile hat Madita einen so großen Vorsprung, dass wir sie nicht mehr vor uns sehen können. Habe ich wirklich so lange an diesem Hang rumgehampelt? Kam mir nicht so ewig vor, aber gut, muß ja so sein.

Im Gegensatz zu letzter Woche ist der Wald heute auf den Baumwipfeln nicht mehr verschneit. Oben grün und neblig, unten am Boden der Schnee und der Zeugwart und ich mitten drin. Ich übe jetzt das lange Gleiten, denn hier geht es entweder hoch oder gerade durch den Wald und der Zeugwart ist ein guter Ratschläger. Ich schaffe es mehrfach richtig einbeinig zu gleiten, fahre kleine Bodenwellen auch mit dem Parallelschub und finde Langlauf eine wirklich anstrengende Sportart. Es hat was von laufen, aber dann auch wieder nicht. Es ist eine andere Bewegung und doch etwas ähnlich, trotzdem nicht gut zu vergleichen, außer, dass es auf dem gleichen Wort aufbaut.

Der Zeugwart und ich sehen Lisabet von Weitem, als wir wieder zurück am Parkplatz ankommen. Aber Madita ist nirgends. Das kann ja nicht sein. Sie war vor uns und wir haben sie nicht überholt. Wir sind verwirrt und dann in Sorge. Der Zeugwart fährt noch mal ein gutes Stück zurück um Madita zu suchen. Und dann kommt uns der Geistesblitz und wir sind uns sicher, dass Madita nicht der blauen 1 für die 3km Strecke, sondern der roten 3 für die 7,5km Strecke gefolgt sein muß. Weil sie ganz sicher dachte, die 3 steht für 3km. Und erfreulicherweise sehen wir sie irgendwann auch am Horizont ankommen und genau das ist passiert.

Ski

Ich bin heilfroh, dass nichts passiert ist, außer eine Schildermissinterpretation! Wir verlassen die rutschige Welt über den zugigen Parkplatz, geben die Skier zurück und verabschieden uns in die Weihnachtsfeiertage.