Der Zeugwart und ich haben irgendwie Lust auf Schnee. Allerdings liegt im Rhein-Main-Gebiet keiner, was der Sache nicht zuträglich ist. Also checken wir heute Vormittag den Schneebericht und die Webcam vom Vogelsberg und beschließen spontan zum Langlauf zu fahren. Die Taufsteinhütte berichtet von abnehmender Schneemenge, aber maschinell gespurten Loipen für Klassischen – und Skating-Stil, und wir sind unterwegs.

Ich habe natürlich längst vergessen, wie rutschig der Schnee war und wie unsicher ich auf den Ski stand. Mein Herz ist größer, als meine Erinnerung, was eine gute Sache ist, wenn man etwas neu lernen möchte. So bleibt nämlich, im Idealfall, oft das Gute haften und die Angstmomente sind wie weggeblasen. Wir mieten uns die Ausrüstung und während ich noch mal auf die Toilette gehe, heckt der Zeugwart mit dem Skilehrer bereits aus, wie man mir das Skifahren weiter näher bringen kann.

Da kann man wirklich nur die Daumen drücken. Der Einstieg zur Loipe ist erdig und wir müssen ein Stück durch den Schnee stapfen, bis wir zur Spur kommen. Hier startet das Abenteuer. Als erstes muß ich in die Bindung einklinken. Das ist ein kompliziertes Unterfangen und ich bin froh, dass der Zeugwart zur Stelle ist und hilft. Er hält den Ski fest und steuert meinen Fuß. Ich weiß gar nicht, wie das überhaupt klappen soll? Aber zack, bin ich eingeklickt.

Ahhh… und jetzt weiß ich es auch urplötzlich wieder. Es ist eine rutschige Angelegenheit! Wie konnte ich das denn bloß vergessen? Dieses Gefühl ist unsicher und wackelig. Ich gehe wie auf Eiern. Beim letzten Mal hat etwas Gymnastik geholfen, also mache ich das jetzt auch mal. Ohne nennenswerten Erfolg, obwohl man ja nicht weiß, wie es ohne gewesen wäre. Ich bin angespannt, weil ich mich jetzt erinnere, wie die Strecke hoch und runter geht, obwohl das in den Augen aller anderen Langläufer eine topfebene Runde ist.

Wir fahren also los und tatsächlich geht es gerade auch ganz gut. Ich schaffe es sogar etwas zu gleiten. Nicht wirklich sichtbar für Andere, aber durchaus merkbar für mich. Der vordere Fuß gleitet vollständig belastet, der hintere Fuß steht auf der Zehenspitze und dient nur der Stabilität. Der Schritt könnte natürlich länger sein, ohne Frage, aber es ist ein ganz guter Anfang. Immerhin heißt es ja Langlauf, wegen der langen Schritte, und nicht Spaziergen gehen. Am ersten Hang samt Kurve sind Leute hinter mir und ich gebe wirklich alles.

Es ist mir aber einfach viel zu schnell. Ich rase die 10 Meter hinunter, habe das Gefühl auf 50km/h zu beschleunigen und fühle mich extrem unwohl. Ich gehe leicht federnd in die Knie und muß unten tatsächlich erst mal aus der Spur raus und mich erholen. Diese Unsicherheit und das ich die Geschwindigkeit nicht bestimmen kann, das ist so gar nicht meins. Der Zeugwart legt deshalb eine Bremsübungsstunde ein.

Gefühlte 100.000 mal fahre ich eine breite Übungsstrecke, die etwas runter geht. Am Anfang ist sie ein großer, steiler Abhang. Ich fahre mit gefühlten 80 Sachen runter und bei jeder Bremsung habe ich das Gefühl, als würde ich voll in die Eisen gehen. Und nachdem ich viele viele Bremsmanöver absolviert habe, ist die Strecke einfach zu bewältigen. Vieles wird ja einfach, wenn man weiß, was man machen muß…

Steile Stücke, die es auf der Loipe nicht wirklich hat, die aber für mich gefühlt trotzdem da sind, finde ich trotz der Bremsübungseinlage immer noch nicht super toll. Wahrscheinlich muß man sich wirklich noch weiter und vor allem intensiver herantasten, wenn man dieses unkontrollierte Rutschen irgendwann schön finden möchte? Nach fast zwei Stunden sind der Zeugwart und ich heute wieder zurück, und ich habe das Gefühl, dass es oft schon besser geklappt hat, als beim letzten Mal.