Donnerstag gibt’s die Königsetappe, das war in der letzten Woche die Runde um den Lluc und heute fahren wir mit der Chefin in den Orient. Eigentlich fahren wir nach Orient, aber das klingt nur halb so schön. Und wenn wir es ganz genau nehmen, dann fahren wir nach Alaro, in ein Café. Aber wenn man ein König ist, ist das Ziel per se egal, weil der Weg zum Ziel schon das Ziel an sich ist.

Alle in der Gruppe wissen, um meine Kurzatmigkeit und darum, dass wir erst nach dem Urlaub Gewissheit haben werden. Allen ist also klar, dass ich die Berge zwar bezwingen möchte, aber sicherlich allesamt schneller sein werden, als ich. Die Mitfahrer sind allerdings diesbezüglich total entspannt. Das ist super. Wir bilden heute eine sehr schöne Gruppe mit Galadriel, Emily Erdbeeren und ihrer Freundin Ginger Snap, Sailor Moon, dem Zeugwart und der Chefin. Leider ist das Wetter heute etwas durchwachsen und tatsächlich zieht die Chefin sich an, wie im dicksten Winter. Sie trägt Beinlinge, lange Ärmel und eine Jacke. Wow.

Allerdings ist an der Chefin auch nichts dran. Ich trage eine kurze Hose, Armlinge und eine Windweste. Der Zeugwart teilt überzeugend mit, dass heute nicht mit Regen zu rechnen ist und weil ich weiß, dass der Wind unser Freund ist, stört mich auch das Rumgepiense, wegen dem Wetter nicht. Die hätten mal im Winter mit dem Zeugwart und mir durch die Welt radeln sollen, das hätte heute, bei diesem Angebot wirklich nur zu einem müden lächeln geführt.

Dick eingepackt rollen die meisten aus der Finca und in Richtung Mittelgebirge, wir nehmen schöne Wege durch die Gärten und rollen und rollen. Der Wind bläst uns vor sich her, so dass wir ganz locker tretend deutlich über 30 km/h fahren können. Hier fährt kaum ein Auto und alle Räder, die uns entgegen kommen, schleichen gegen den Wind. Die Chefin fährt voraus, der Zeugwart sichert die Gruppe nach hinten ab und so sind wir ganz schön schnittig unterwegs. Mir ist die Gruppe etwas zu groß und da wir die Ausreißerin ebenfalls mit an Bord haben, über die ich ansonsten nichts erwähnen möchte, halte ich meist viel Abstand und denke mir meinen Teil.

Ich glaube der Tonangeber hätte hier heute seinen Spaß mit uns allen und bin froh, dass die Chefin dabei ist. Da Sailor Moon heute alle Berge ausspart, schicken wir sie einmal flach rundrum, während wir den Anstieg zum Coll d’Honor in Angriff nehmen. Schon die langgezogene Strasse nach Bunyola finde ich heute ätzend. Es weht ordentlich und weil wir uns am Marktplatz treffen, wo der Anstieg zum Berg beginnt, fahre ich hier mit viel Elan herauf. Ich hoffe auf eine kleine Verschnaufpause am Marktplatz, ehe es los geht. Der Anstieg sind gute 5km und im Dorf gibt’s zusätzlich ein paar fiese Stiche und blöde Kehren.

Ginger Snap fährt genau vor mir durchs Dorf, als sie praktisch direkt vor einem LKW zum stehen kommt, der es erfreulicherweise nicht um die Kurve geschafft hat, sondern rangieren muß. Dafür, dass sie nicht wirklich geübt auf den Klickpedalen ist, hat sie die Situation top gemeistert. Ich finde das großartig. Wenn man es nur oft genug macht, dann geht das mit dem ein- und ausklicken einfach ins natürlich Verhalten auf Rädern über. Und dann klappen solche Sachen auch einfach, ohne zu überlegen.

Von hinten kommt der Zeugwart und wir radeln alle gemeinsam, und doch jeder für sich, den Coll hinauf. Bei meinem Verschnaufpausen werde ich angesprochen, ob alles in Ordnung ist, was wirklich nicht alltäglich, aber doch sehr nett ist. Zusätzlich schließt die Chefin zu mir auf und teilt mit, dass sie, weil sie in diesem Jahr den Solarer Berg der Challenge Roth besiegen wird, erst mal hochfährt um dann gleich wieder runter zu kommen und mich wieder abzuholen. Mir ist das alles recht. Ich kann nicht schneller und es ist auch gar nicht sinnvoll, dass ich mich ärgere.

Immerhin hätte ich auch einfach unten bleiben können, aber das wäre ja -wie in Randa- sicherlich wieder etwas gewesen, was ich bereut hätte. Außerdem habe ich ja Zeit. Ich fahre, so schnell, wie es eben geht, trödel nicht und bin tatsächlich irgendwann ganz oben. Auf dem Coll. Mit 40 anderen Radfahrern. Manchmal frage ich mich unten, warum ich unbedingt hoch fahren muß, aber dann ist es mir klar, wenn ich oben bin. Wie ein König fühlt man sich da, weil man es geschafft hat. Allen hier oben geht’s so. Es werden zahlreiche Erinnerungsbilder geschossen, alle klatschen sich ab und wenn sich mal ein Auto hochverirrt, dann ist das tatsächlich eine Ausnahme.

Für die Abfahrt ziehe ich mir wieder die Windweste und die Armlinge an, die ich für den Aufstieg ausgezogen habe. Runter rollen ist ziemlich frisch heute und zusätzlich weht ja auch noch der Wind. Der letzte kleine Hügel in das wirklich sehr winzige Dörfchen Orient und die darauf folgende Abfahrt nach Alaro nehmen wir als Gruppe weit zerstreut, ehe wir dann fein sortiert zur neusten Entdeckung des Tonangebers fahren. Dem Planet Cycling Café. Hier sitzen wir inmitten liebevoller Dekorationen und zahlreicher Fahrradverrückten und machen eine angenehme Pause mit viel Humor.

Die Heimfahrt ist anstrengend. Wir radeln viel gegen den Wind und es geht wellig durch die Gegend. Außerdem bin ich offensichtlich geschafft vom Berg. Ich kriege einfach viel zu wenig Druck auf’s Pedal, so muß man es leider sagen. Jede Welle macht mich müder. Wird das jetzt immer so bleiben? Wie frustrierend, wenn einem alle wegfahren! Als es wieder flach wird, kann ich locker vorne mitfahren und richtig Gas geben. Das etwas nicht stimmt, habe ich heute mal wieder deutlich gemerkt. Nur was? Das wird die Klinik dann hoffentlich raus finden. Ich bin gespannt.

Auf der Finca mache ich eine kurze Verschnaufpause, ehe es mit den anderen Athleten zum gemeinschaftlichen Tapas essen geht. Wir haben einen großartigen Abend zusammen, und darauf kommt es an.