Das Licht in meinem Krankenzimmer geht an, ich höre ein „Ich nehme Ihnen schnell mal Blut ab“ und kaum, dass ich überhaupt richtig die Augen aufgemacht habe, ist mein Arm abgedrückt und die Krankenschwester auf der Suche nach einer passenden Vene. Ihre Technik funktioniert.

Ich wünsche mit verschlafener Stimme ein mattes „guten Morgen“, meine Halswunde ziept und ich gebe alles um zu fragen, wofür denn erneut Blut abgenommen werden muß. Die Krankenhaushierarchie ist hier eindeutig gegen mich und eine Krankenschwester kann dem Patienten niemals sagen, warum, wieso und weshalb. Der Doktor hat das angeordnet, fertig. Ob sie dann jetzt loslegen könnte. Ich bejahe, denn einen wirklichen Sinn macht Widerstand jetzt ja auch nicht, drücke nach getaner Abnahme auf die Vene und schaue auf die Uhr. 5:20h. Na bravo.

Krankenhausalltag

Ich drehe mich erneut um und versuche wenigenstens noch ein bischen Schlaf abzubekommen. Leicht ist das nicht. Ein Arm schmerzt mit der Braunüle, der Hals schmerzt wegen dem großen Pflaster und dem noch größeren Tape um Druck auf die Wunde auszuüben und der andere Arm, der tut ja jetzt auch weh, nach dem morgendlichen Blut abnehmen. Das ist wirklich ein Leben hier im Krankenhaus. Am frühen Morgen geht’s hier im Zimmer immer zu, wie in einem Taubenschlag.

Ständig geht die Tür auf. Manche klopfen, andere reißen die Tür einfach so auf, die Mechanik wird ordentlich strapaziert. Es wird geputzt, Blutdruck gemessen, nach Stuhlgang gefragt, die Sauerstoffsättigung festgestellt, Frühstück serviert oder sich einfach mal im Zimmer geirrt. Ob ich wenigstens heute Kaffee trinken möchte? Nein, auch heute nicht. Der nette Pfleger ist wirklich unermüdlich. Nachdem das Frühstück abgeräumt ist, die Logistik diesbezüglich ist ja wirklich sehr faszinierend, denn ich kann mein Frühstück vorab aussuchen, spaziert der Professor für seine Visite herein.

Er freut sich wirklich mich zu sehen, seine Augen strahlen. Er sagt, dass er sich riesig freut, dass ich nicht an Pulmonaler Hypertonie erkrankt bin, obwohl er auch überrascht ist, denn alles, inklusive der zahlreichen Ultraschallauswertungen, hätte ja schwer dafür gesprochen. Aber der Rechtsherzkatheter lügt nicht, und die Messungen sind eindeutig. Ich habe keinen Lungenhochdruck, alles funktioniert bei mir mehr als prima und genau wie es für einen sportlichen Menschen funktionieren soll. Nur die Mechanik scheint eingeschränkt? Aber der Professor wäre nicht er selbst, wenn er nicht genau die wesentliche Frage stellen würde, die auch dem Zeugwart und mir und all meinen Freunden auf der Seele brennt.

Keine PH!

Wenn ich keine PH habe, was ist es dann? Bin ich ein Simulant? Denn die Kurzatmigkeit und die Erschöpfung habe ich ja. Auf die PH bin ja nicht ich gekommen. Und tatsächlich untersucht der Professor mich jetzt nochmals ausgiebig, denn einige seiner vielen Tests haben gezeigt, dass sich meine Bronchien sehr reagibibel sind und sich offenbar nicht richtig entfalten können. Die Rippenserienfraktur und die anderen gebrochenen Rippen haben beim zusammen wachsen zu viel Platz eingenommen. Wenn es für die Bronchien stressig wird, dann schafft die Mechanik das einfach nicht.

Trotzdem war der Eingriff bei den Ultraschallbildern notwendig und alle anderen Verdächtigungen, z.B. die Lungenembolie, wesentlich wahrscheinlicher. Ich muß noch zwei Tests und einen weiteren Ultraschall machen und darf dann heim. Wie ich die Krankenhaus – Uhren kenne, dann am späten Nachmittag. Mittlerweile kenne ich das Prozedere. Und weil ich ja aber gerne proaktiv bin, schnappe ich mir am späten Vormittag den Laufzettel an der Leitstelle meiner Station und marschiere einfach schon mal in die Lungenfunktionsabteilung.

Laufzettel abarbeiten

Ob ich hierbleiben kann, frage ich und bekomme ein „natürlich gerne“ zurück. Die Schwester kommt mit der üblichen Salbe um mein Ohrläppchen für die Blutgasanalyse -Röhrchenabnahme vorzubereiten und ich sage, dass ich glaube, dass wird heute nicht nötig sein. Sie geht zurück, prüft den Zettel erneut und sagt, dass das sehr wohl nötig ist. Zack ist mein Ohr eingeschmiert und wird heiß. Ich merke das zügig. Eine andere Schwester ruft mich ein paar Minuten später auf, und fragt mich, was ich,  denn am Ohr habe. Salbe, sage ich, und füge hinzu, dass ich weiß, dass die da nicht sein muß, die Schwester aber extra nochmals nachgelesen hat.

Die neue Schwester liest auch noch mal nach, sagt, dass die Salbe unnötig ist und wischt sie ab. Dann kommt die erste Schwester und fragt mich, warum die Salbe ab ist. Ich lache soweit das mit meinem maltretierten Hals möglich ist und schlage vor, dass die Damen sich doch jetzt beide gemeinsam mal den Laufzettel ansehen könnten und man dann ja sicherlich einstimmig zu der Erkenntnis kommt, dass der Patient, in diesem Fall ich, recht hatte.

Und zwar von Anfang an.

Ah, und so ist es dann auch. Ich freue mich. Mittlerweile bin ich wirklich schon ein ganz kluger Lungenambulanz Patient. Der Test, der aufgetragen wurde, ist ein Kinderspiel und so absolviere ich den flott und bin dann innerhalb kürztester Zeit und absolut pünktlich zum Mittagessen wieder im Zimmer. Serviert wird heute ein ungewürztes Omlett und Kartoffeln. Es ist wirklich beeindruckend, wie wenig Gewürz so ein Krankenhaus verwendet, aber dann auch wieder irgendwie verständlich, weil es ja nicht jeder pikant  mag und man für eine ganze Reihe an Patienten kochen muß. Auf die speziellen Wünsche einer Einzelnen nimmt da keiner Rücksicht. Ist total klar.

Mechanik am Boden

Als letzte Untersuchung steht noch der Ultraschall aus. Der erfolgt, als der Zeugwart schon eingetroffen ist und wir meine Tasche bereits fertig gepackt haben. Erfreulicherweise ergeben sich hier keine Besonderheiten. Mein Zwerchfell ist wunderbar beweglich und nicht eingeschränkt. Nur meine Bronchien haben das Thema der Mechanik und das werde ich nun mit Inhalationen versuchen in den Griff zu bekommen. Ob das etwas bringt, kann keiner voraussagen, aber es ist zumindest ein Versuch. Und wer mich kennt, weiß, dass ich es zumindest probieren möchte. Aufgeben kann ich ja immer noch, wenn alles ausprobiert wurde und sich kein Erfolg einstellt.

Entlassen

Der Zeugwart und ich verlassen das Krankenhaus. Ein schönes Gefühl, dass ich viel gesünder bin, als noch am Montag angenommen. Mir fällt ein Stein vom Herzen und ich freue mich sehr, dass ich erneut Hoffnung haben kann irgendwann ein Ironman zu werden. Mit dem Training warte ich aber noch ein paar Tage, meine Halswunde schmerzt bei jedem Schritt und braucht wohl einfach noch ein paar Tage Erholung.