Diese Woche war es soweit, der Kontrolltermin zur Medikamentenverträglich im Spezialzentrum in Gießen stand an. Und während ich mich auf das Lauf ABC vorbereitet, denke ich daran, was war.  Ich bin ein Wechseltier zwischen gesetzlicher Krankenkasse und Privatambulanz, habe mich allen Untersuchungen mit voller Hingabe und Eifer gewidmet. Ich habe nicht nur bei der Lungenfunktion alles gegeben, sondern auch den Abstrichen und Röhrchen voller Blut viele gute Wünsche mit auf den Weg gegeben.

Wünsche, die alles beinhalten, Normalität, keine Ablagerungen, keine zu hohen Werte, einfach nichts Besonderes sein, in der Masse untergehen und uninteressant für die Wissenschaft werden.

Die Worte des Professors hallen noch immer in meinen Ohren, Sie sind zu fit, wir schrauben das Medikament zurück, aber die Verträglichkeit ist super. Das regelmäßige Zittern nach der Inhalation ist normal und nicht zu ändern. Vielleicht gewöhne ich mich daran? Vielleicht geht es auch irgendwann weg? Oder eben auch nicht.

Wieder der Alltag

Die Medikation wurde nun etwas angepasst. Da ich im Alltag ganz gut zurecht komme, bzw. die Einschränkungen nur wenig wahrnehmbar sind, nehme ich ab sofort immer nur etwas, wenn ich es brauche. Also hauptsächlich vor dem Sport. Ich probiere also nun aus, wie es am Besten funktioniert, mit unterschiedlichen Mitteln. Da jeder Mensch unterschiedlich ist, gibt’s kein Patentrezept, sondern es heißt testen, testen, testen, bis man herausgefunden hat, was gut ist und was eben nicht so passt.

Damit ich jetzt also möglichst zügig herausfinde, wie alles am besten funktioniert, geht’s heute gleich mal mit Lauf ABC los. Die Chefin hat das ja empfohlen, um meine Laufdefizite, wenn man das so überhaupt nennen kann, anzugehen. Ein Defizit kann man ja nur haben, wenn man die Aktion durchführt. Laufen ist aber sowas von kaum möglich, dass ich mir nicht sicher bin, ob die Begrifflichkeit hier passt. Ist aber im Grunde genommen auch egal. Ich mache ab sofort zweimal die Woche Lauf ABC, fertig. Die Ansage der Chefin lautet 10-15 Minuten einlaufen oder walken, dann rund 20 Minuten Lauf ABC und dann wieder auslaufen, zurück zum Ausgangspunkt.

Ich mache das heute auf der Arbeit, weil der Verkehr, trotz Sommerferien, unfassbar viel ist und ich deshalb statt Stau stehen lieber rumrennen wähle. In der Mittagspause lasse ich mich von Arne Gabius und seinen Lauf ABC Tipps etwas inspirieren, wirklich viel Lauf ABC habe ich in meinem Leben noch nicht gemacht und deshalb brauche ich Infos, was gemacht werden soll und vor allem wie. Die Videos, die ich finde, erklären ganz gut und so mache ich mir ein paar Notizen mit den Namen der Übungen und einer kurzen Beschreibung und packe alles in meine neu erworbene Bauchtasche. Die hat vorne zur Bedienung des Smartphones eine Klarsichttasche, die sich ganz hervorragend zum Aufbewahren des Zettels mit den Übungen eignet.

Wahrscheinlich hat der Zeugwart das insgeheim geplant, als er die Tasche gefunden hat. Ich finde sowas ja nicht, selbst, wenn ich direkt davor stehe, kommt mir nicht in den Sinn, dass das praktisch sein könnte. Mit zahlreichen Übungen bewaffnet marschiere ich zu Walter Mitty und werde mit großem Hallo begrüßt. Der ist wahrlich überrascht, dass ich so spontan wieder ins Training einsteige und ich teile mit, dass ich mit ungefähr 45 Minuten Abwesenheit rechne und danach weiterarbeite, oder direkt ins Bett falle.

Beides ist gleichermaßen möglich.

Durchhalten

Ich laufe locker los und schon nach 500 Metern ändert sich locker zu verbissen. Ich werde es ja wohl schaffen mich 10 Minuten einzulaufen? Hier ist ja wirklich gar nichts mehr los. Unfassbar. Nach 13 Minuten bin ich an einer ersten passenden Stelle und weil klar ist, dass ich es nicht bis zur eigentlich in meinem Kopf angedachten Stelle am Feld schaffe, mache ich das Lauf ABC dann eben hier. Eigentlich dachte ich, ich schaffe es in 10 Minuten weiter, aber irgendwie habe ich das Verhältnis zu Leistung und Weg total überschätzt. Hier ist der Weg aber auch prima markiert, denn beim Lauf ABC macht man die Übungen über eine gewisse Strecke hin und spaziert dann zurück. Das Ende der Übungen habe ich mir schon mal mit einem Schattenspiel auf dem Weg im Kopf markiert und dann geht’s auch schon los.

Fußgelenksarbeit. Aha. Ich erinnere mich, dass ich das auch im Trainingslager schon mal gemacht habe, aber auch da fast über meine eigenen Füße gestolpert bin. Die Chefin sagt, je besser der Läufer und je schöner der Laufstil, desto schneller kann man das Lauf ABC. Gut, damit dürfte klar sein, dass ich eigentlich überhaupt gar kein Läufer bin und auch keinerlei Laufstil habe… diese Fußgelenksarbeit würde prima als Zeitlupenvideo taugen. Tatsächlich gehts mir auch mit zahlreichen anderen Übungen so. Ich kann alles mehr oder weniger gut durchführen, schnell ist nichts, außer dem Anfersen und wenn es heißt, dass ich etwas raumgreifend machen soll, dann ist kaum ein Unterschied zur anderen Übung, die eben genau nicht raumgreifend sondern hoch ausgeführt wird, zu sehen.

Na, das ist ja wirklich noch ein langer Lauf ABC Weg, den ich hier vor mir habe. Zwei junge, durchaus engagierte Herren, einer beim Lauftraining und einer unterwegs mit dem Mountainbike, können die Sache auch kaum mit ansehen. Es scheint wie der Schauplatz eines Unfalls… man kann nicht wegsehen, aber schön anzusehen ist es auch nicht. Die Herren halten an, geben Tipps, machen vor und ermutigen. Der eine fragt, ob ich öfter hier bin. Mmhh. Trotz verkorkstem Lauf ABC und sicherlich vor Anstrengung hochrotem Kopf… wahrscheinlich mag er einfach blonde Frauen? Ich mache hier rund 20 Minuten die Übungen und denke dabei die ganze Zeit an die Chefin. Wie sie leichtfüßig umherhüpfen kann, wie es immer ganz locker und unbeschwert aussieht, wie sie rennt, wie sie selbst bei größter Anstrengung noch federleicht wirkt. Vielleicht habe ich ja eine Chance?

Natürlich nicht auf die Leichtfüßigkeit der Chefin, das ist klar, aber vielleicht auf einen runden, lockeren Laufstil? Vielleicht hilft mir das Lauf ABC ja wirklich einfach wieder gerne laufen zu gehen? Dass es nicht mehr so unendlich schwer ist? Vorbei an den Sonnenblumen, die vor meiner Leistung heute schon die Köpfe hängen lassen, laufe ich wieder zurück zum Büro. Ich bin nassgeschwitzt vor Anstrengung und ich weiß genau, dass ich mich dehnen muß, weil ich ansonsten morgen garantiert unerträglichen Muskelkater haben werde. Obwohl, morgen gehe ich ja im See schwimmen, da wäre Muskelkater in den Beinen auch nicht ganz so schlimm.