Ehe wir den Bergen, die sich heute tatsächlich etwas weniger wolkig aber immer noch mit Schnee bestäubt zeigen, den Rücken kehren, möchte ich noch eine Runde laufen gehen. Ich glaube zwar nicht, dass meine Kondition merklich besser geworden ist, aber ich glaube, dass so eine Ironman Laufstrecke beflügeln kann und dass ich etwas Motivation für das, was kommt, aus den vielen tausend Schritten, die hier gestern bei der Kälte nach dem Schwimmen drauf gemacht wurden, ziehen kann. Jeder einzelne Schritt der fleißigen, gut trainierten, 70.3 Athleten, die leider auf das Rad fahren verzichten mussten, wird mir Energie geben, meine eigenen Pläne durchzuziehen.

Als ich meine Sportsachen eingepackt habe, waren es 30°C und die Sonne hat gebrannt. Ich war auf 15°C eingestellt, weil der Wetterbericht diesen Temperaturabfall vorausgesagt hat und ich habe mich deshalb mit Dreiviertel langen Hosen nach Österreich gewagt. Und T-Shirts. Bei 15°C kann man ja schließlich noch im T-Shirt laufen. Als ich aber jetzt einen Testschritt auf die Terrasse mache, auf der die Chefin und ich vorgestern noch das Lauf ABC gemacht haben, stelle ich fest, dass ich mit T-Shirt und der Wetterbericht mit 15°C nicht zum Wetter passen. Es sind maximal 6°C, da bin ich mir sicher, und ich brauche noch eine Schicht, weil es leicht windet. Erfreulicherweise habe ich eine Windweste dabei, zwar vom radeln, aber das weiß die Weste ja nicht.

Unten auf dem Hotelparkplatz findet meine Uhr blitzschnell GPS, weil sie das sicherlich noch vom wandern drinne hat, wo wir sind. Und dann laufe ich auch gleich los. Zum rumstehen in diesem Outfit ist es tatsächlich etwas frisch. Verrückt, wie schnell der Körper die Wärme vergisst und die Kälte in die Glieder kriecht. Vor allem, wo ich jetzt wirklich wochenlang Temperaturen deutlich über 30°C hatte und mich nachts nach diesen kühlen Gradzahlen gesehnt habe. Aber jetzt, wo sie da sind, könnte es auch etwas wärmer sein. Total wirr, das Empfinden.

Von unserem Hotel, was erfreulicherweise wohl im September geschlossen und komplett renoviert werden soll (man kann nur hoffen, dass auch die Küche einen neuen Chef bekommt), geht es für mich in Richtung der Laufstrecke vom gestrigen Wettkampf. Die ist nur ein paar Hundert Meter weit entfernt und schlängelt sich weitestgehend am See entlang. Ich werde sie selbstverständlich nicht ganz ablaufen, einfach, weil sie natürlich mindestens 10km in eine Richtung lang sein muß, wo die Athleten ja gestern schließlich einen Halbmarathon gelaufen sind, aber ich werde zumindest ein kleines bisschen in den Athletenfußstapfen rumhüpfen und die Schrittenergie spüren.

Die Wolken verziehen sich nach und nach und geben über die Zeit, die ich laufend unterwegs bin, einen herrlichen Blick auf die Berge frei. Lustig vor allem, dass wir seit Freitag hier sind und diese Berge sich bisher noch gar nicht gezeigt haben. Wahrscheinlich, weil man sich das Beste bis zum Schluß aufhebt? Weiß ich jetzt nicht, auf jeden Fall finde ich den Blick mit dem Sonnennest ganz oben ziemlich hübsch. Laufen kann ich heute auch ganz gut. Nicht, dass es besonders dynamisch aussieht, oder dass ich besonders schnell unterwegs wäre, aber ich muß mich nicht ganz so sehr quälen, was ja auch ziemlich viel Wert ist.

Könnte das tatsächlich eine Verbesserung sein? Also ein Trainingseffekt? Oder ist es nur die Schrittenergie der Athleten, die die Strecke gestern in teilweise unglaublicher Geschwindigkeit absolviert haben? Was auch immer es ist, ich finde es ziemlich klasse. Und auch nach dem Fotostopp kann ich prima wieder anlaufen und bin dann auch gleich wieder am Hotel. Es ist immer noch wirklich kalt und hier draußen halte ich mich nicht lange auf. Die warme Dusche taut meine Waden und Arme wieder top auf, ehe der Zeugwart und ich dann zum Frühstück marschieren. Dort werden -selbstverständlich- zahlreiche Finishershirts zur Schau getragen. Der Veranstalter hat ein Fahrrad vor den Bergen drauf gedruckt. Irgendwie cool, als Erinnerung an einen Wettkampf, wo ja genau das Radfahren keinerlei Rolle gespielt hat.

Nachdem wir uns von der Tricamp Familie verabschiedet haben, fahren wir durch die mittlerweile recht sonnige, aber nach wie vor sehr unterkühlte, Bergwelt wieder in Richtung Deutschland. Wir machen noch eine kurze Zwischenpause in Ingolstadt und schlendern etwas durchs Outlet, ehe wir bei Lovis und dem Räuberhauptmann die zweite Pause auf dem Weg nach Hause einlegen. Wenn man eh schon fast in der Nähe ist, kann man auch vorbei fahren, so ist die Zeit bis zum Wiedersehen am  Brauereienlauf Ende September auch nicht mehr ganz so lange.

Im Dorf ist Kirchweih, was eine fränkische Tradition ist, von der ich selbstverständlich keinerlei Ahnung habe. Die Bewohner machen einen großen Umzug, alle Geschäfte haben weitestgehend geschlossen, oder schließen zumindest früher, so dass alle die Chance haben den Umzug anzusehen oder auf die Festwiese zu gehen. Wir sitzen hier im Biergarten, der an einem Kirchweihmontag natürlich eh nicht leer ist, und der Umzug zieht genau am Zaun vorbei. Dann wird auch noch ein Theaterstück aufgeführt, weil das ebenfalls zur Kirchweih und zu den Feierlichkeiten dazugehört. Als Stadtmensch hat man ja von sowas überhaupt keine Ahnung und die, die damit aufgewachsen sind, die können es sich eben gar nicht anders vorstellen. Voll cool, dass wir zufällig heute hier vorbei kommen.