Tatsächlich ist das mal wieder eine verrückte Arbeitswoche, aber ich kann das Training nicht jeden Tag schieben oder ausfallen lassen, weil es ja sonst gar nichts bringen würde überhaupt einen Trainingsplan zu haben. Dann könnte man den auch gleich sein lassen. Das will ich aber nicht, also muß ich Zeit finden, wo es nur geht. Gestern ganz früh am Morgen, als die Welt noch wirklich schläfrig war, heute dann in der Mittagspause. Ich muß sie dafür verlängern, klar, aber es ist nicht so, als würde ich in den letzten Jahren zu wenig arbeiten, so dass gegen eine etwas verlängerte Mittagspause keiner etwas zu sagen hat.

Und wenn? Dann kann derjenige ja einfach mal mit meinem Chef sprechen. Der ist diesbezüglich sicherlich auskunftsfreudig. Wie auch immer ziehe ich mich heute zügig um, mulit-sporttauglich, denn die Chefin war erneut kreativ und hat gleich zwei Trainingseinheiten auf meinen Plan geschrieben. Gut, wenn man eine Triathletin sein möchte, dann kommt man da natürlich auch einfach nicht drumrum. Ist auch irgendwie logisch, immerhin gibt’s ja mehrere Sportarten und nur begrenzte Zeit. Und außerdem will man ja schließlich irgendwann auch nicht laufen, wie ein Eimer, sondern möglichst wie ein junges Reh oder so. Ob ich das jemals hinbekomme, weiß ich nicht, aber ich habe zumindest eine Zielsetzung.

Erfreulicherweise bin ich seit dem der Tonangeber mit dem Abenteurer einmal quer durch die Alpen gerannt ist (ja, die sind gerannt, wie die Irren), auch noch mehr motiviert meinen Laufstil anzupassen. Ich habe heute also zwei Trainingseinheiten, Rad fahren und laufen. Die Chefin will das ohne große Pause hintereinanderweg absolviert haben und nennt es deshalb Koppeltraining. Da werde ich ganz sicher so richtig schwere Beine haben, im Anschluß, bis dahin schaue ich mal, dass ich das Beste aus der Mittagspause raushole. Mein Koppeltraining beginnt mit Rad fahren. Ich wandle die Runde von letzter Woche, aber etwas ab, mache an jedem Ortsschild und, wenn der Ort etwas länger ist, einen Sprint, weil die Chefin das so aufgeschrieben hat und freue mich, dass der Zeugwart mit zwischendurch ein „schneller“ auf meinen Garmin schickt. Ich wusste gar nicht, dass der Garmin das kann und zack, jetzt weiß ich es.

Mich überholt ein Fritze, als ich mit 35 durch die 30er Zone schieße. Erfreulicherweise hält er an einem Zebrastreifen an und ich kann ihn fragen, was das jetzt sollte und ob er seinen Tacho nicht lesen kann. Immerhin fahre ich schon zu schnell und er dann noch schneller, das macht ja keinen Sinn. Er stimmt mir zu und fragt, ob ich vorfahren möchte, damit ich nicht in seinen Abgasen rumhängen muß. Weitere Mitverkehrsteilnehmer tun sich erfreulicherweise nicht auf unangenehme Weise hervor, sondern halten Abstand und gewähren mir sogar die Vorfahrt, die mir zusteht. Total schön, so geht’s also auch.

Die Runde wird nicht ganz die vorgegebene Entfernung lang, aber fast, was auch ausreicht, finde ich. Ich will jetzt nicht noch 300m an daheim vorbei fahren um wieder umzudrehen. Da runde ich einfach auf oder ab und schon passt es. Päpstlicher als der Papst können wir dann werden, wenn es auf die feinen Details ankommt, weil es großflächig gut läuft. Im Moment läuft da großflächig nichts, also sind die Details auch nicht so kriegsentscheidend, wenn es gerundete Meter sind. Wieder zurück daheim renne ich samt Radschuhen und Rädchen die Treppe hoch, bin rasend schnell umgezogen und renne die Treppe auch gleich wieder runter. Genau, wie in der Wechselzone. Meine Güte ist das anstrengend. Die Chefin hat da wirklich Spaß dran, das weiß ich.

Ich soll 3km laufen, na dann mal los. 3km sind ja unheimlich weit. Für andere nicht, aber für mich derzeit schon. Zumal ich auch eh kaum vom Fleck komme. Und dann noch den Stress, dass ich rechtzeitig wieder am Schreibtisch sitzen muß, denn das nächste Telefonat steht an und ich kann das ja schlecht während des Laufens führen. Dafür habe ich viel zu wenig Luft. Mein Langzeitspray habe ich heute früh genommen, weil ich dachte, dass ich etwas früher am Tag laufen gehe. Das Spray hält ja maximal 10-12 Stunden und tatsächlich stelle ich gerade beim laufen fest, dass es nicht so lange vorhält. Ich schnaufe ganz schön. Aber ich laufe auch flott. Nach anfänglichem Eierlauf mit zwei kurzen Gehpausen, geht’s jetzt ganz gut.

Ich renne regelrecht, für meine Verhältnisse, erneut mit unter 6:30 Minuten / Kilometer. Das ist für mich wahnsinnig flott. Vor allem, nachdem ich schon geradelt bin. Oder gerade deshalb? Trotz dass die Luft knapp ist, finde ich die Geschwindigkeit beflügelnd. Allerdings halte ich das natürlich nicht lange durch, klar. Ohne Luft gibt’s keine Leistung. Aber so ist das derzeit für mein Training und mich, es geht nicht nur um Kilometer oder Zeiten, es geht vor allem auch um die Luftharmonie, die ich mit den verschiedenen Sprays erreichen kann. Und dabei kann mir keiner helfen.

Da ich ein #judithathlet bin, kann mir die Chefin beim Training helfen, sie schreibt es vor, ich mache es nach, sie baut es zusammen sie sagt, ob es gut oder schlecht war und sie kümmert sich darum, dass ich meine Woche entsprechend planen kann. Sie kann nichts für meine Arbeitswochen, und sie kann nichts für die Luft. Ich muß das selbst ausprobieren und austesten. Wann hilft welches Spray, wann komme ich gut mit dem einen und wann gut mit dem anderen zurecht? Wie muß ich damit jonglieren? Das kann mir keiner sagen. Das lerne ich jetzt, mit der Zeit.

Als ich wieder daheim ankomme schnaufe ich, wie eine Dampflock. Ich schnaufe so sehr, dass ich nichts trinken kann, bis ich wieder gut Luft bekomme. Denn während ich trinke, kriege ich einfach nicht genug Luft rein, als dass es reichen würde. Beim nächsten Koppeltraining muß ich das Langzeitspray also etwas kürzer davor nehmen, aber eben lange genug davor, dass es wirkt. Oder ich kombiniere meine Möglichkeiten. Ich muß mir eine Strategie überlegen.