Wenn eine Nacht nur wenige Stunden hat, dann kann man sich morgens natürlich auch gegen das Schwimmtraining entscheiden. Gestern habe ich es schon nicht zum Training geschafft, weil so viel los war und ich auch von morgens bis abends nur Irrsinn auf dem Tisch hatte. Manchmal muß ich den Sport dann trotzdem reinquetschen, damit ich mich abreagieren kann, aber manchmal bin ich einfach zu erschöpft. Und gestern war so ein Tag. Außerdem hat mein Kopfschütteln auch einen gewissen sportlichen Charakter gehabt, immerhin ging es über weite Teile des Tages nicht ohne.

Heute fahre ich aber ins Schwimmbad. Ich bin zwar müde, aber ich stehe ein bisschen früher auf als sonst und gehe den Tag langsam an. Ob ich jetzt 15 Minuten mehr oder weniger schlafe, wird den berühmten Kohl nicht fett machen. Und 15 Minuten geben mir einen Tick mehr Zeit zum wach werden. Das klappt auch tatsächlich ganz gut. Ich bin pünktlich angezogen, die Schwimmtasche ist passend gepackt und die Straße ist verhältnismäßig frei. Ich bekomme einen wunderbaren Parkplatz und dann kann es auch schon losgehen.

Das Einschwimmen ist heute mit 400m angesagt und tatsächlich nimmt mein Kopf das mittlerweile ganz locker hin. Die Ansage, dass davon maximal 200m Kraul zu schwimmen sind, quittiert mein Kopf mit einem leichten Nicken und so schwimme ich Brust, Rücken und versuche auch ein Stück Schmetterling. Als alle Adlerfans zurück am Beckenrand sind, werden die Bahnen neu aufgeteilt und die Rose und ich umsortiert. Anscheinend ist es so, dass die Leistungsfähigkeit und die Geschwindigkeit in die Mitte des Beckens hin zunimmt und die eher langsameren Schwimmer am Rand schwimmen? Das ist mir bisher noch nicht aufgefallen, scheint aber für die heutige Trainingseinheit so zu sein.  Ich bin auf Bahn 2, also langsam. Nun gut. Das merke ich selbst. Wir beginnen mit Sprints und die Aufteilung der Bahnen hat damit zu tun, dass man den direkten Kontakt zum Mitschwimmer hat. So hat man etwas mehr Ansporn, oder sieht gleich, dass man es mit den Anderen nicht aufnehmen kann.

Es wird in Zweierreihe nebeneinander auf der Bahn geschwommen und um mich rum hat offenbar jeder ausreichend geschlafen. Zumindest sind alle für einen Donnerstag extrem fit. Oder die Herrschaften sind sowieso alle extrem fit, das ist wahrscheinlich sogar die zutreffendere Variante. Die Trainingsgruppe des Adlers hat es drauf, das ist klar. Erstaunlich, dass ich mitschwingen darf.

Nach den Sprints geht es mit Techniktraining weiter und zwar für das Rückenschwimmen. Ist jetzt nicht so, dass ich da besondere Fähigkeiten hätte, es gleicht vielmehr einem stetigen Kampf ums Vorwärtskommen. Manchmal schwappt das Wasser auch so heftig über mir zusammen, dass das Rückenschwimmen zum reinen Überlebenskampf wird. Es ist wirklich spektakulär, und weil das ganze Becken ja schwimmt, schwappt es eben ziemlich ordentlich. Und natürlich meistens über meinem Kopf und zwar genau dann, wenn ich einatmen möchte. Statt also gleich zu tauchen, versuche ich mich nun beim Luft anhalten, auf dem Rücken, denn wir machen heute einen ziemlich anstrengenden Rückenhauptteil. Es beginnt mit 20x50m Technik, alles auf dem Rücken. Der Adler hat jede Menge wunderbar kreative Übungen auf Lager.

Wir drücken uns einarmig aus dem Wasser und zwar komplett übertrieben. Dann wird sich unheimlich lang gestreckt und im Anschluß übertreiben wir das Drücken massiv. Der Trick dahinter ist ziemlich simpel, denn wenn man es mal massiv übertreibt mit einer Verhaltensweise, also zum Beispiel der Schulterrotation, und es dann eben wieder zurücknimmt, weil man normal schwimmen möchte, dann kann das normale Schwimmen dann schon besser aussehen, weil man statt des massiven Übertreibens eben doch noch ein bischen dabei bleibt. So zumindest die Lehrplantherorie, von der wir alle hoffen, dass sie auch in unserem hohen Alter noch fruchtet.

Deshalb schwimmen wir heute wirklich ordentlich mit Übertreibungen, es geht immer hin und her. Der Adler kennt wirklich unglaublich viele Übungen für das Rückenschwimmen. Ich frage mich, wofür ich das als Triathlet überhaupt so ausgiebig können muß, habe aber keine Diskussionslust und auch keine Zeit, das mit dem Adler zu besprechen. Es geht quasi kurzfristig immer weiter. Techniktraining für beide Arme, Techniktraining für einen Arm, Abschlagsschwimmen, Luftabschlag und zum Abschluß dann auch noch mal Serien mit ganzer Lage. Wenn der Adler in seinem Leben abseits des Beckenrandes auch so kreativ ist hat er meinen größten Respekt.

Vor allem das Thema Luftabschlag hat es dem Adler und damit auch mir besonders angetan. Wer hat das erfunden? Wie soll das denn überhaupt gehen, den Arm so lange oben in der Luft halten, bis der andere Arm den kompletten Zug einmal rum gemacht hat? Ich bin sicher, wenn der Adler selbst schwimmt, sieht das garantiert alles leicht und wendig aus. Und die Schwere der Übung wird man ihm dann garantiert auch nicht ansehen. Mir aber schon. Und zwar von Kopf bis Fuß, wobei beides meistens vollständig mit Wasser überschwappt ist.

Erfreulicherweise dusche ich heute vollkommen von Stille umgeben und habe auch beim Anziehen so viel Ruhe, dass es mir schon fast unheimlich vorkommt. Ob das die Ruhe vor dem Sturm ist, und im Büro dann gleich etwas Großes ansteht? Ich bin bei dieser verrückten Woche auf alles gefasst. Irgendwas verrücktes wird sich jemand da schon ausgedacht haben…