Heute früh muß ich mich erst mal organisieren, ehe ich ins Büro fahre. Auf der Arbeit ist natürlich jede Menge los, aber ich muß auch mal den Koffer auspacken und kurz daheim wieder ankommen. So mache ich also auch noch eine Wäsche an und schaffe es tatsächlich auch alles wegzuräumen, so dass die Wohnung nicht mehr nach Ankunftshalle aussieht ehe ich ins Büro unterwegs bin. Sport habe ich heute früh so allerdings nicht gemacht. Dabei steht selbstverständlich etwas auf dem Trainingsplan drauf.

Der ist ja mittlerweile von überall her abrufbar. Ich habe sogar eine App auf dem Telefon, die mir auch unterwegs mitteilt, was für Training heute noch durchgeführt werden soll. Die Chefin und mein Sport sind allgegenwärtig. Manchmal wäre es deshalb besser auch den ganzen restlichen Sport in den frühen Morgen reinzupacken, denn wenn ich Abends heim komme, speziell in dieser Zeit, mit dem Jahresabschluss und jeder Menge spektakulärer Entdeckungen, ist es wirklich spät und ich bin total geschafft. Ob dann ein wirkliches Training mit Effekt statt findet? Weiß man nicht.

Auf der Heimfahrt heute hadere ich mit mir. Training ausfallen lassen ist nicht so meins, aber ich bin auch müde. Nicht, dass es nach Barcelona eine Zeitverschiebung gäbe, aber ich hatte lange Tage, weil die eigentliche Arbeit ja auch noch gemacht werden möchte, zusätzlich zu der, die im spanischen Büro eben so anliegt. Das ist kein Zuckerschlecken. Es ist auch nicht dramatisch, aber nun ja, eben anstrengend.

Als ich dann heim komme heute will ich doch noch trainieren. Es ist immer schöner nach dem Training, als wenn ich mich dann ärgere, weil ich eben einfach so auf der Couch rumgefleezt habe. Nach einem Training, egal welchem, fühle ich mich immer besser. Ausnahmslos. Ich weiß das auch, und so wird trainiert. Auch heute Abend. Weil der Zeugwart großartig ist, bietet er an, dass er in der Zwischenzeit alleine das Abendessen vorbereitet… das nimmt mir etwas den Zeitdruck und so überlegen wir, was ich denn mal so fahren könnte.

Eigentlich ist für mich FulGaz das einzig Wahre, weil ich die reale Welt mehr mag, als etwas gezeichnetes. Heute überredet der Zeugwart mich aber mal zu Zwift, weil das ja alle tun und es vielleicht eine nette Abwechslung ist. Also melde ich mich an und der Zeugwart stellt mir auch gleich alles ein, während ich mich umziehe. Das Anlegen der Bandage dauert heute länger als sonst. Wahrscheinlich, weil ich eh müde bin? Bei Zwift werde ich dann gleich auf eine Gruppenausfahrt hingewiesen, die anscheinend gerade losgegangen ist. Was genau das ist und wie es von statten geht, das erklärt sich mir nicht.

Vielleicht ist das für den Moment aber auch nicht wichtig? Mein Avatar fährt los, als ich beginne zu treten und schon bin ich Teil einer riesigen Gruppe an Radfahrern. Ich trage keinen Helm, was mir zutiefst zuwider ist, und was ich als Erstes, wenn ich mit dieser Gruppenausfahrt fertig bin, ändern werde. Ständig blinkt über meinem Avatar ein Daumen hoch Emoji auf. Wahrscheinlich, weil die anderen Radfahrer, die heute mit am Start sind, einen Neuankömmling gebührend begrüßen? Das ist ja mal nett. Die verschiedenen Landesflaggen verraten ein bunt gemischtes Radlerklientel, auf der rechten Seite des Bildschirms blenden immer mal wieder kurze Sätze auf. So sagt der Guide dieser Ausfahrt mir also, dass ich im Tunnel langsam mit den anderen zusammenbleiben soll.

Und ein weiterer fragt, wie denn die Facebookgruppe heißt. Ich kann darauf keine Antwort geben. Weder weiß ich die Antwort, was ja schon mal das erste Problem ist, wenn man helfen möchte, aber ich verstehe auch gar nicht, wie ich überhaupt etwas schreiben kann. Meine beiden Hände sind schließlich am Lenker. Auch auf dem Bildschirm finde ich keinen Hinweis, wie ich mich an dem durchaus regen Austausch der Mitfahrer beteiligen kann. Vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht? Wer weiß, was ich schreiben würde… immerhin habe ich ja weder Antworten auf irgendwelche Fragen, noch etwas mitzuteilen. Die Herrschaften kommen aus aller Herren Länder.

Bei der ganzen Ablenkung durch die regelmäßigen Einblendungen der Aufforderung doch „die Lücke zu schließen“, vergeht die Zeit wie im Flug und ich steige irgendwann ziemlich nass geschwitzt und mit zahlreichen neuen Bestleistungen, weil das ja das erste Mal überhaupt war, vom Rad. Ganz schön stressig dieses Zwift. Und ganz schön unverständlich. Ich glaube, ich hatte direkt das richtige Bauchgefühl…