Unser Pfingstwochenende verbringen wir in Franken bei Lovis und dem Räuberhauptmann. Wir haben diesen Besuch bereits auf Mallorca in unserem Trainingslager festgelegt und weil es für den Zeugwart und Lovis demnächst bei ihren Wettkämpfen ernst wird, nehmen wir die Fahrräder mit. Der Starke und Karla Kolumna tun es uns gleich, denn Rad fahren kommt nur von Rad fahren und ganz bestimmt bringt das Radeln auch etwas für Karla Kolumna’s Frankfurt Marathon Debüt, was in diesem Jahr ansteht.

Ich bin bei der Vorbereitung zum Rad fahren heute richtig gut abgelenkt. Das liegt daran, dass wir ja nicht daheim sind, alle gemeinsam frühstücken und dann eben alles seinen Lauf geht. Wenn ich daheim die Klamotten raussuche, dann ist das Gefühl einfach anders, als heute. Denn die Klamotten habe ich bereits gestern in meine Tasche zusammengepackt und so muß ich heute nur noch zugreifen. Eine gute Taktik, die ich mir auch in meiner Schublade überlegen könnte.

Nachdem alle Räder zusammengebaut, aufgepumpt und in Reihe aufgestellt sind, prüfen wir noch, ob alle Kleidungsmerkmale passen und fahren dann los. Der Starke ist in diesem Jahr noch kein Rad gefahren und hat mehr als tief gestapelt im Vorfeld. Aber ich habe nicht den Eindruck, als sei die Intensität, oder die Strecke in Gefahr. Vielmehr macht der Starke den Eindruck, dass er fit wie ein Turnschuh ist.

Wir fahren den größten Teil der Strecke auf breiten, von der Fahrbahn baulich getrennten Radwegen und sind wirklich gut unterwegs. Der Zeugwart und Lovis fahren immer mal vor, natürlich stets eng verfolgt vom Starken, den das offenbar überhaupt nicht stresst, müde macht oder an die Grenzen seiner Kondition bringt. Ich bin mir sicher, der steigt später auch weder erschöpft noch mit Muskelkater vom Sattel ab, sondern könnte noch weiter fahren, oder eine andere Sportart betreiben. Die perfekte Voraussetzung für die Sportart Triathlon.

Bei der Durchfahrt durch Bamberg wird es eng an der Regnitz. Hier ist es wie am Mainufer in Frankfurt. Jogger, Genussradler, Kinder mit ihren Rädchen oder Bobbycars, Familien, Hunde, es ist ein buntes Potpourri an Sonnenanbetern, die ihren Pfingstsonntag alle draußen genießen möchten. wir reduzieren die Geschwindigkeit und ich befolge Eva’s Ratschläge. Ich schaffe es gut, mich an die wesentlichen Themen zu erinnern und nehme ausschließlich auf mich Rücksicht.

Wir fahren an einer Gruppe vorbei und ein Herr bleibt stehen und macht Platz. Dann geht er kurz vor mir wieder einen Schritt in meine Fahrspur. Ich war darauf aber vorbereitet. Und zwar nicht angsterfüllt, wie üblich, sondern so, dass ich die Situation  gut meistern kann. Und während ich vorbei fahre, stellt der Mann selbst fest, dass er ziemlich bescheuert ist. Ein schlechtes Beispiel für seine Kinder, die ordentlich am Rand stehen bleiben. Auch hier am Flussufer ist gegenseitige Rücksichtnahme nun mal Programm. Und für mich ein wirklich gutes Training.

Nicht alles klappt perfekt, aber die meisten Situationen klappen prima. Und das, obwohl wir auf der Hinfahrt hauptsächlich Gegenwind haben und der Rückenwind dann -hoffentlich- später auf dem Rückweg zum Tragen kommt. Bei der Halbzeit machen wir eine ausgiebige Pause, sitzen in der Sonne und essen ein Stück Kuchen. Einfach deshalb, weil wir heute weder Stress noch Hektik zulassen. Den Rückweg treten wir dann tatsächlich mit Rückenwind an und weil es wirklich gut läuft, fährt der Zeugwart ein paar Kilometer im Wettkampfmodus.

Leider hat eine Biene mit seinem plötzlichen Erscheinen in ihrer Flugbahn nicht gerechnet und sticht erbarmungslos zu. In die Lippe. Der Zeugwart reagiert gut, ich nutze meine beschränkten Fähigkeiten als Ersthelfer und entferne den Stachel. Unseren nächsten Stop legen wir deshalb am nächsten Kiosk ein. Hier gibt’s Eiswürfel für die Schwellung und natürlich Getränke für alle. Jetzt kommt wieder der Part durch die Stadt und ich lege mir eine entsprechende Strategie zurecht. Als wir auf die untere Königsstrasse fahren, sehen wir, wie ein Auto einparkt. Und weil der Radweg gleich daneben liegt, bin ich mehr als achtsam.

So ein einparkendes Auto kann schon mal etwas weit in den Radweg reinfahren, also ist Vorsicht angebracht. Dieses Auto allerdings fährt nicht weit in den Radweg hinein, es fährt volle Kanne gegen das Fahrrad, dass direkt hinter dem Parkplatz angeschlossen ist. Und zwar so, dass ich das Geräusch und die Aktion praktisch nicht überhören kann. Die Stoßstange ist verkratzt und ich beschließe, dass ich mich mal als Zeuge bei der Polizei melde. Falls der Radfahrer sich mit dem Schaden dort meldet. Besonders neu sieht das Rad zwar nicht aus, aber das ist hier ja eigentlich auch total egal.

Als wir wieder zurück bei Lovis und dem Räuberhauptmann sind, machen wir im Hof noch eine Pause auf den warmen Steinen. Wir beschließen, dass der Starke morgen unbedingt Muskelkater haben muß, weil unser Weltbild sonst sehr erschüttert wäre und wir freuen uns über die guten Trainingszustände von Lovis und dem Zeugwart, die überhaupt nicht erschöpft sind. Ich dagegen bin fertig. Die vielen Situationen, die mich noch vor Wochen richtig gestresst haben, konnte ich zwar viel besser meistern, als in der Vergangenheit, weil Eva’s Rückenwind mir da gut geholfen hat. Trotzdem hat es mich sehr angestrengt.

Wie viel Energie werde ich noch in die Freiheit hineinstecken? Wahrscheinlich kann man das einfach nicht vorausplanen, sondern es ist eben so viel Energie, wie es eben ist. Heute lief es auf jeden Fall gut. Ich kann jede Situation heute als Erfolg verzeichnen und wir hatten wirklich einige, die in der Vergangenheit wirklich kritisch gewesen wären.

Den Abend verbringen wir alle gemeinsam als Piraten in der Karibik bei der Schatzsuche und Lovis hat ganz wunderbar gekocht.Besser kann so eine Radausfahrt nicht enden.