Da habe ich mir ja wirklich perfektes Wetter für eine morgendliche Fahrt mit dem Rad zur Arbeit ausgesucht. Schon als wir aufstehen schüttet es wie aus Eimern und auch als ich mich dann zum losfahren fertig mache, gießt es noch immer. Und wenn ich schreibe gießen oder schütten, dann meine ich, dass das Wasser auf die Straße tratscht und es regelrecht prasselt, nicht, dass es wie ein leichter Sommerregen vom Himmel segelt. Radfahren im Regen ist nicht so der hit. Es regnet so, dass die drei Meter zur Mülltonne es schaffen, dass man komplett durchnässt ist. Aber es bringt ja alles nichts, denn ich muß ins Büro.

Heute komme ich nicht, weil es regnet, wäre eine großartige Erklärung für meine Chefin. Geht also gar nicht. Ich ziehe mich normal an, wie ich eben für 19°C zum radeln loslegen würde. Dann ziehe ich meine kurze Regenüberhose an, die ich im Winter auch oft nutze, wenn wir mit dem Crosser durch den Wald radeln, um meine Oberschenkel und den Hintern trocken und damit warm zu halten. Und natürlich eine Regenjacke und dann noch einen wirklich sehr unkleidsamen Helmüberzug. So bleibt zumindest ein Großteil meiner Haare trocken. Der Pferdeschwanz schaut trotzdem raus.

Über den Rucksack stülpe ich die Regenhaube, die dazu gehört. Obwohl der Rucksack denkbar unbequem ist, wird die Regenhaube ganz sicher dazu beitragen, dass ich erstens gut gesehen werde und zweitens der Inhalt recht trocken im Büro ankommt. Eigentlich wäre ein wasserdichter Rucksack als Ersatz für diesen hier top. Und dann am Besten noch mit einem ordentlich Rückentragesystem. Aber jetzt, hier im strömenden Regen, muß ich die Sachlage nicht klären. Der Zeugwart ölt mir noch mal flott die Kette und schon geht’s los. Ich kürze gleich mal durch den Wald ab, weil ich hoffe, dass es hier weniger nass ist.

Wie naiv. Als würde das Blattwerk diesem Regen etwas entgegen setzen. Natürlich nicht. Es schüttet auch hier im Wald. Sogar schon eine ganze Weile, denn es haben sich offensichtlich große, tiefe Pfützen gebildet. Eigentlich ja gut für den Wald, und natürlich für die Natur generell. Ist ja eh viel zu trocken hier. Ich fahre also durch den nassen Wald und bin sehr froh über das Schutzblech, was ich im Keller noch an den Crosser gesteckt habe. Das wird mir viel Reinigungsarbeit ersparen, denke ich. Manchmal läuft’s einfach.

Im Wald ist es dank des Regens ziemlich rutschig. Mein erster Fahrradunfall ist in diesem Wald passiert. Alle Gedanken und die Erinnerungen an die Zeit kommen hoch. Dass jede Kante zum Sturz führen kann. Ich merke, wie ich mich auf dem Rad verkrampfe. Das kann ich gar nicht gebrauchen. Nicht nach so kurzer Wegstrecke und vor allem nicht bei dem Regen. Aber die Angst ist regenuninteressiert. Sie taucht auf, wenn sie denkt, dass ich beschützt werden soll. Ich schalte um und sehe es positiv. Immerhin hat mir Eva genau das beigebracht. Ich krame schnell in meiner extra dafür gepackten Werkzeugkiste und finde genau die passende Strategie.

Schultern runter und einfach locker weitertreten ist mal meine erste Maßnahme. Am Ende des Waldes, als ich durch den Wald praktisch schon durchgefahren bin, gibt’s noch mal eine Kante. Zusätzlich geht’s hoch und natürlich regnet es weiterhin ordentlich. Eine erneute Risikosituation für meinen Kopf. Verstehe ich auch. Immerhin war es 2013 genau so eine Kante und die Verletzungen waren beeindruckend schlimm. Zusätzlich kommt mir in den Kopf, wie sich mein damaliger Arbeitgeber mehr als schäbig verhalten hat, wie wenig Ahnung und dafür richtig menschenverachtend alle waren und wie sauer mich das trotz aller Schmerzen gemacht hat. Ich beschließe, dass ich diese Kante heute genau im richtigen Winkel anfahre, wie es der Zeugwart mir eben beigebracht hat und schon bin ich auf der Straße auf dem Radweg.

Natürlich trascht es hier doch noch deutlich stärker, als im Wald. Es kommt einfach wirklich viel Wasser vom Himmel heute. Die Fahrt zum Main geht flott, ich bin Teil einer grünen Welle und habe den Radweg komplett für mich. Auch am Main selbst, als ich direkt am Fluß entlang fahre, bin ich alleine. Gestern war hier ordentlich was los, heute ist es regelrecht einsam. Ich habe ordentlichen Gegenwind und komme tatsächlich in Frankfurt, also nach guten 20km, in eine Regenpause hinein. Meine Regensachen lasse ich allerdings trotzdem an. Zwar überlege ich kurz, ob ich die ablegen soll, aber nach zwei weiteren Kilometern beginnt der Regen wieder und ich bin froh, dass ich nichts ausgezogen habe, was ich jetzt wieder anlegen könnte.

Die wolkenverhangene Skyline bietet einen ganz anderen Anblick, als sonst, wenn ich zur Arbeit gefahren bin. Der Uferweg, direkt am Fluß ist menschenleer, keine Hunde, keine Radpendler, keine Jogger. Ist vielleicht gar kein Wochentag sondern ein Wochenende? Die vielen Autos auf den Brücken und am Museumsufer sprechen da aber eine andere Sprache, ich glaube, Regen bietet sich einfach nicht zum Training an. Bis ich in Schwanheim bin, begegnet mir keiner. Dann hört der Regen auf. Es ist wie eine Kettenreaktion, der Regen stoppt, die Wolken reißen auf und es kommt ordentlich Sonnenlicht durch. Sollte ich jetzt anhalten und die Regenklamotten ablegen? Aber wo stecke ich sie so nass hin? Und ist mir das dann nicht zu zugig, weil ich untendrunter ja sicherlich geschwitzt bin.

 

Es ist immer noch windig und zwar nicht zu knapp. Und auf krank werden habe ich auch so gar keine Lust. Also lasse ich die Klamotten an. Zum Wind abhalten sind sie allemal gut und im Straßenverkehr, in den ich mich hier ab Höchst auch begeben muß, bin ich so sicherlich auch ziemlich gut zu sehen. Im Büro angekommen nutze ich dann praktisch jede Möglichkeit Sachen zum trocknen aufzuhängen. Alles tropft und die warme Dusche ist wirklich sehr angenehm. Trotz der 19°C Außentemperatur. Ein wunderbarer Start in den Arbeitstag… vor allem dank der Einsamkeit am Main.