Die zweite Etappe der FulGaz Tour of Europe ist online, aber gestern nach der Arbeit, war ich zu müde. Ich musste gestern ins Bürogebäude fahren und habe am Abend deutlich gemerkt, wie kräftezehrend die Fahrt zur Arbeit ist. Verrückt, wie effektiv ich nach einem langen Arbeitstag im Homeoffice noch trainieren kann. Und noch verrückter, wie es eben nach einem normalen Tag im Büro inklusive Autofahrerei nicht mehr so prima geht. Und im Moment ist ja wirklich kaum Verkehr auf den Straßen. Autofahren ist eben einfach anstrengend. Die zweite Etappe der Tour of Europe „Rocarcorba Climb“führt mich durch Spanien. Es sind nur runde 10km und so plane ich die Fahrt für die Mittagspause ein.

Morgens lese ich noch ein bisschen in den sozialen Netzwerken darüber und stelle fest, dass selbst die erfahrensten Radfahrer weinen. Sie weinen über die Schwere des Anstiegs und dass sie sich das anders vorgestellt haben. Von FulGaz kommt die Erklärung, dass der Anstieg nun mal hart sei und man die Natur ja nicht ändern kann. Und dass die Profis den oft zum Training nutzen. Na bravo. Das ist ja eben mal genau mein Ding. Erinnert mich stark an Randa und die Gruppe junger Profis, die dort trainiert haben, als ich mich hochgeschafft habe.

Um allerdings bei der FulGaz Tour of Europe dabei zu sein, führt kein Weg um die zweite Etappe herum. Ich ziehe mich deshalb in der Mittagspause flott um und fahre los. Die zweite Etappe hat der Zeugwart für mich schon gestern Abend runtergelassen, so dass ich sie sofort starten kann und gar nicht lange warten muß. Wir sind schon ein gutes Team. Diese Etappe beginnt sofort mit dem Anstieg. Es gibt keine Anfahrt. Es ist so, als würde ich direkt am Hinweisschild zum Kloster Lluc loslegen. Kein langsames Heranschleichen. Ich schalte direkt.

Mit stetig 6% – 8% Steigung fahre ich also hier den Berg hoch. Ehe es los ging habe ich alles, was ich benötigen könnte in Reichweite gelegt. Bei den Steigungsprozenten die alle für die zweite Etappe angekündigt haben, kann ich zwischendrin auf keinen Fall absteigen, um etwas zu holen. Ich bin also umzingelt von Handtüchern, Musik, meinen Sprays und einer Packung Powergummibärchen. Zusätzlich habe ich noch einen Riegel am Start. Ist jetzt nicht so, dass ich vorhabe das alles zu essen, aber sicher ist sicher.

Der Anstieg spitzt sich zu und aus den 8% werden auf dieser zweiten Etappe auch regelmäßig 10% oder gar 15%. Wer fährt das denn bitte in der Realität? Der Fahrerschatten, den ich immer mal wieder im Video sehe, zeigt einen Mann, so viel ist sicher. Die Silhouette einer Frau fährt das nicht. Warum war mir das klar? Der Zeugwart macht während seiner Mittagspause immer mal einen Abstecher und bestaunt die Steigungsprozente. Außerdem öffnet er netterweise die Balkontür, so dass ich nicht auch noch ersticke, sondern das Frischluftfeeling habe.

Für meinen Kopf ist diese Tour der Hammer. Gerade wenn es um nichts geht, ist es umso wichtiger, sein eigenes Ziel zu verfolgen. Meines ist heute eben diese zweite Etappe zu Ende zu fahren. Ich habe kein anderes Ziel. Ich fahre hier einfach nur bis die Etappe fertig ist. Eigentlich geht’s ja darum bei so einer Tour so schnell unterwegs zu sein, wie es eben nur geht. Bei mir ist das gleich gesetzt mit ankommen. Ich fahre langsam, aber das ist eben nun mal so schnell, wie ich kann. Das Ziel der Mittagspause ist heute schließlich, die zweite Etappe beenden. Den Rocarcorba Climb bezwingen.

Kurz vor Ende fährt man auf ein kleines Plateau und vor einem ist noch ein Hügel zu sehen, mit einem Sendemast oben drauf. Da ich an der Kilometerzahl sehen kann, dass ich nur noch einen einzigen vor mir habe, gehe ich davon aus, dass ich nicht bis dort hoch fahren muß. Das wäre ja noch mal echt steil. Allerdings ist ja alles möglich irgendwie und tatsächlich fährt der Videofilmer geradewegs in diesen Hügel hinein und mit guten 13% dort hinauf. Und ich damit natürlich auch.

Ich steige wirklich erst oben angekommen ab. Das war eine wirklich harte Einheit. Aber meine Motivation, bei der es ja wirklich nur darum ging, es bis zum Ende durchzuziehen, war hoch und ich habe es geschafft. Das macht mich stolz. Es gab nämlich Zeiten, da wäre ich zwischendrin abgestiegen und hätte einfach aufgegeben. Wenn man das aber macht, weiß man ja gar nicht, ob es nicht doch möglich gewesen wäre. Und ich weiß es jetzt eben. Es ist möglich. Langsam, aber stetig, habe ich es hoch geschafft. Finde ich irgendwie ziemlich cool.