Der Tonangeber hat für heute Abend zu einer Zwift Ausfahrt eingeladen. Virtuell natürlich. Die von ihm ausgesuchte Strecke wird uns durch Watopia führen und dann hoch hinaus. Wir nehmen die „Road to Sky“ Route, die der Bergauffahrt nach Alpe D’Huez nachempfunden wurde. Die Route hat der Tonangeber in einem Meet-up festgelegt und gleich dazu hat er auch die Gummiband Funktion aktiviert. Und weil ich keine Ahnung habe, ob ich den Anstieg überhaupt zu so später Stunde schaffe, hat der Zeugwart mir ein machbares Workout hinterlegt, dass ich währenddessen abfahren kann. Die Männer arbeiten also quasi Hand in Hand. Oder zumindest wirkt es so.
Bei Zwift kann man nämlich ein Meet-up auf einer beliebigen Strecke erstellen und statt das Streckenprofil dann abzufahren, kann man auch ein Workout machen. Dann geht es, wie bei der heutigen Tour, 12% den Berg hinauf, aber das Workout regelt einen bei 140 Watt ein. Man fährt dann zwar langsamer, aber die 12% merkt man eben nicht. Die Höhenmeter gibt’s dann aber trotzdem. Und wenn im Meet-up sogar die berühmte Gummibandfunktion aktiviert ist, dann könnte man sogar eine Bestzeit abliefern. Aber natürlich nur, wenn man nicht aus den Gummiband Parametern rausfällt. Man darf also nicht aufhören zu treten und auch keine 6m hinter die Gruppe zurückfallen.
Gummiband – Funktion
Das sollte ja wohl machbar sein. Denke ich mir, weil ich eben zu grenzenloser Selbstüberschätzung neige. Oder einfach keine Ahnung habe. Der Zeugwart und ich ziehen unser Abendessen heute also vor und sitzen dann überpünktlich auf unseren Rollentrainern. Bei mir klappt es mit dem Meet-up erst mal nicht, wie geplant. Zwift hat da anscheinend heute mit meiner Teilnahme einfach ein Problem. Vielleicht gibt’s da schon das erste Fragezeichen hinter meiner Leistungsfähigkeit? So ein Computerprogramm ist halt manchmal pfiffiger, als gedacht. Wie auch immer klappt es dann noch zwei Minuten vor dem Start. Was eben immer noch genau pünktlich ist. Zu früh rumstehen und warten ist halt auch nichts. Genau richtig muß die Zeitplanung sein.
Vor allem, wenn man ein Workout fährt. Das muß man nämlich punktgenau starten. Ansonsten ist es vorbei, ehe die Strecke vorbei ist. Und das wäre ja unschön. Dann wäre es irgendwo am 12% Anstieg rum und ich müsste auf einmal vollen Widerstand treten. Das gilt es zu verhindern. Ich warte also mit den Anderen, bis uns Zwift starten lässt. Und dann reiht sich mein Avatar automatisch ein. Wir sind ganz schön viele. Hätte ich gar nicht gedacht. Mein Workout hat nicht gestartet. Wäre ja auch zu schön gewesen. Gut, dass der Zeugwart direkt neben mir fährt. Er weiß natürlich Bescheid und so ziehe ich das vorgeplante Workout noch in das Meet-up mit rein.
Die Anfahrt für die Road to Sky Tour ist total flach, da wäre ich zwar sicherlich nicht einfach so mitgefahren, aber ich hätte auch kein Workout gebraucht. Flach kann ich. Und das Gummiband hält mich ja dann eh auch an der Gruppe dran. Eine interessante Funktion auf jeden Fall. Wenn jemand ein Workout absolviert, dann hat der Avatar vor sich auf dem Lenker so einen angedeuteten Bildschirm. Dann wundert sich kein Mitfahrer, warum der so schnell oder vielleicht auch so langsam durch die Gegend gondelt. Über Langsamkeit würde man sich bei mir garantiert nicht wundern, da bin ich sicher.
Kann das Gummiband bei Zwift reissen?
Als es in den Berg geht, bin ich noch gut an der Gruppe dran. Allerdings falle ich natürlich ordentlich zurück. Das Gummiband zieht mich zwar immer wieder ran, aber nur, bis zum Nächst-Letzten Fahrer. Und der ist eben auch nicht komplett an der Gruppe dran, sondern wird an den vor ihm nächsten Fahrer angezogen und so weiter. Es sieht später sicherlich lustig aus, mit den Geschwindigkeitsspitzen. Allerdings trickst die Gummibandfunktion sich dann irgendwann selbst aus. Ich bin weiterhin hinten und werde regelmäßig rangesaugt. Allerdings wird dann auf einmal der Meet-up Teilnehmer vor mir zusammen mit dem vor ihm gleichzeitig beschleunigt.
Und ich? Ich bleibe zurück. Jäh verlassen pedaliere ich jetzt also alleine am Berg und bin weit abgeschlagen. Die wirklich hilfreiche Gummibandfunktion hat mich einfach rausgekickt, weil ich wahrscheinlich zu weit hinter dem letzten Fahrer vor mir war. Und weil der langsam gefahren ist, ist mir das nicht aufgefallen. Das Gummiband verzeiht so etwas aber nicht. Es ist einfach entsprechend programmiert und lässt mich einfach so zurück. Ich habe keine Chance an die Gruppe ran zu fahren. Schon gar nicht mit dem Workout, den ich heute abfahre.
Teil des Meet-ups ohne Gummiband
Allerdings bin ich trotzdem noch mit im Meet-up drin. Ich fahre halt einfach nur komplett alleine. Irgendwann bin ich so hoch, dass Schnee liegt. Feine Schneeboen wehen über die Straße. Es wird dunkler im Programm. Aber ich trete einfach fröhlich weiter. Der Zeugwart neben mir ist immer noch Teil der Gruppe und ist auch demnächst oben auf dem Gipfel. Neben mir landet ein Geier. Das geht jetzt aber wirklich zu weit. Soll das jetzt ein Zeichen sein? Schickt mir der Tonangeber den unheilbringenden Vogel? Ist es das Programm, was erkennt, dass das heute nichts bei mir ist?
Ich steige nach rund einer Stunde aus dem Meet-up aus. Mein Knie meldet sich ein bisschen und ich bin auch einfach geschafft und müde. Bis hoch werde ich es sowieso nicht schaffen heute, da kann ich auch vernünftig sein.