Meine Pläne für den morgigen Sonntag waren im August letzten Jahres ganz andere. Morgen wollte ich wieder im Kraichgau an der Startlinie stehen, morgen dachte ich, wäre ein guter Tag um dank des Rookie Trainingsplans vom Tricamp Rookie Projekt wieder so fit wie 2016 zu sein. Morgen, morgen, morgen. Ende August habe ich dem Zeugwart und mir ein Hotelzimmer nahe des Hardtsees, wo auch die Triathlon Bundesliga statt findet, reserviert, damit wir auf der sicheren Seite sind. Die Räder dürfen wir mit auf’s Zimmer nehmen und ein frühes Frühstück ist ebenfalls kein Problem.

Und jetzt? Jetzt ist alles anders. Dieses Wochenende bin ich im Kraichgau, aber von der Startlinie bin ich trotzdem weit entfernt. Weil wir uns aber nicht von sowas runter ziehen lassen, ist der Start im Kraichgau eben nur aufgeschoben und der Tonangeber kennt weiterhin den großen Traum vom Ironman Finish. Und wir? Wir reisen heute trotzdem schon an, denn das Hotelzimmer haben wir ja reserviert, und wir machen uns heute einen schönen Tag im Getümmel. Wenn man auf der Expo und an den Wechselzonen rumläuft, hat man ja fast so ein bisschen Athletengefühl. Oder Wehmut. Allerdings schlage ich mich gut und keiner merkt meine Traurigkeit darüber, wie ätzend es ist, wenn man es eigentlich anders vorhatte, als es nun schlussendlich gekommen ist.

Gut versteckt

Heute stehe ich kurz vor einem Krankenhausaufenthalt, den das Spezialzentrum in Gießen angesetzt hat, um meine Pulmonale Hypertonie hoffentlich final herkunftsmäßig aufzuklären und -wenn möglich- zu beheben. Die Expo und das Athletengetümmel bei der Wettkampfbesprechung helfen dabei mich abzulenken. Unsere Vereinsstarter sind relativ abgeklärt, alle waren schon mehrfach an Wettkampfstarts und sind fast schon alte Hasen. Routiniert, mit den richtigen Fragen und einer perfekten Organisation. Nur Bille ist heute Ersttäterin. Mutig, mit einem 70.3 in den Triathlonwettkampfzirkus zu starten, aber heute gibt’s dann eh kein zurück mehr. Und als Tricamp Rookie, wie Bille auch einer ist, ziehen wir auch durch, wenn wir uns was vorgenommen haben. Außer natürlich, wenn man kurz vor dem Krankenhaus steht, aber Bille teilt mit, dass das bei ihr nicht ansteht. Erfreulicherweise.

Auf der Expo kaufe ich ein bisschen ein, denn ein Utensil wo Triathlon oder Ironman drauf steht, kann man schließlich immer gebrauchen, ehe der Zeugwart und ich uns zum einchecken ins Hotel begeben. Wir machen eine kurze Pause im Hotel, was von Triathleten ordentlich bevölkert ist, und ehe wir dann zum Hardtsee fahren um die Triathlon Bundesliga anzuschauen, die heute Abend dort ein Spektakel geben wird, bitte ich die Rezeption noch darum eine ziemlich große Spinne aus unserem Zimmer zu entfernen. Das ist anscheinend eine sehr übliche Bitte, denn die Rezeptionsmitarbeiterin ist überhaupt gar nicht überrascht. Sie teilt nur mit, dass wir tatsächlich nur zu zweit im Zimmer sein werden, wenn wir wiederkommen. Da freue ich mich aber.

Bundesligaspektakel

Den Hardtsee erreichen wir über Umwege, weil eine Schlammlawine eine Straße außer Gefecht gesetzt hat und dann parken wir auf dem Feld, genau wie 2016, als ich selbst mitgemacht habe. Wir marschieren zum See, holen uns noch ein Eis für den kurzen Weg, und suchen uns dann einen Platz um die beiden Wettkämpfe der Triathlon Bundesliga gut verfolgen zu können. Wir haben hier im Kraichgau das Glück, dass alles nah beieinander liegt, und so sehen wir einen tollen Schwimmstart, können dann zur Wechselzone, haben die Möglichkeit beim Radfahren zuzusehen und dann sind wir auch blitzschnell an der Laufstrecke und beim Zieleinlauf.

Perfekte Bedingungen für uns Zuschauer. Die Wettkämpfe sind so rasant, es macht mir unheimlich viel Spaß zuzusehen, wie die jungen Triathleten alles geben. Das, was ich bei der Langdistanz so faszinierend finde, die Ausdauer, der Kampf mit dem Kopf, der Durchhaltewille, das alles ist bei den Kurzdistanzen gleichermaßen beeindruckend. Die Schnelligkeit und der Biss der Athleten ist einfach toll. Die Radbeherrschung ist der absolute Wahnsinn, wobei die Damen noch etwas mehr aufeinander zu achten scheinen, als die Männer, die einfach alles geben, ohne Rücksicht auf Verluste. Dank eines Geheimtipps, wo es besonders spannend wird, stehe ich beim Männerrennen direkt an der Dismountline. Also da, wo die Athleten vom Rad absteigen müssen.

Ich bin anders

Ich mache das ja für gewöhnlich so, dass ich schon langsam auf die Linie zufahre, das Rad dann zu einem kompletten Stopp bringe, ausklicke, das Bein über den Rahmen bringe und dann das Rad losschiebe. Die Herren hier machen das alles total anders. Es riecht nach Bremsgummi, es ist wie in einem Film und dann ist der Spuk auch schon vorbei.

Ha. Unfassbar, aber es ist tatsächlich keiner gestürzt und als ich mich von dem Spektakel erholt habe, sind alle Herren bereits auf der Laufstrecke und die Wechselzone ist wie leer gefegt. Der Zeugwart und ich schauen auf dem Weg zum Auto noch auf der Laufstrecke vorbei und fahren dann ins Hotel. Da ich morgen nicht selbst am Start stehen werde, bin ich schlecht trainiert und der Expo-Getümmel-Tag mit dem Bundesligawettkampf zum Abschluss in der Hitze, hat mich ganz schön geschafft. Leider schlafe ich im Hotel denkbar schlecht, aber da steckt man eben leider nicht drin.