Meine Freundin Lisabet hat 2018 den Deutschland Klassiker vor Augen und weil da auch Skilanglauf über eine wirklich beeindruckende Streckenlänge dazugehört, fahren wir heute in den Vogelsberg und machen einen Langlaufkurs. Ich mache mit, weil das zu zweit bestimmt ein wahres Abenteuer wird und weil zu zweit vieles lustiger ist, als alleine. Zusätzlich ist der Zeugwart seit frühster Kindheit ein Schneemensch und ich hatte mit Ski-, Schlitten- und Schlittschuhfahren nie besonders viel zu tun.

Und weil es ja nie zu spät für etwas ist, gibt es keinen besseren Zeitpunkt als genau heute um mit Lisabet einen Skilanglaufkurs zu machen. Immerhin ist alles möglich und auch Skilanglauf kann nicht so kompliziert sein, dass es unmöglich zu schaffen wäre. Immerhin stehen schon Kinder auf Skiern, da werde ich das wohl auch schaffen.

Taufsteinhütte

Die Taufsteinhütte im Vogelsberg liegt dick verschneit im Dunst, als der Zeugwart und ich direkt vor der Tür einen Parkplatz finden und zum ausleihen der Skiausrüstung marschieren. Um uns rum sind zahlreiche bereits bestens ausgestattete Sportler, die allesamt fast genauso angezogen auch auf dem Rad sitzen können. Natürlich trägt zum Langlauf keiner einen Helm, aber in der Klamottenfrage könnte man durchaus Vergleiche ziehen. So habe ich es heute auch gemacht. Eigentlich trage ich meine Winterradfahrklamotten. Ich erhalte ein paar Langlaufschuhe, ein paar Ski und dazu noch passende Stöcke in meiner Größe und dann marschieren wir zurück zum Auto um uns umzuziehen und auf Lisabet zu warten. Madita ist natürlich ebenfalls dabei, sie wird bestimmt ein paar Bilder machen, oder gute Ratschläge geben. Beides ist sicherlich ziemlich amüsant.

Als der Kurs beginnt, stellt sich unser Skilehrer als Frieda vor und sagt, dass er beim Namen lernen nicht so gut ist. Kann ich verstehen. Gut, dass wir alle etwas unterschiedlich angezogen sind, so dass wir höchstwahrscheinlich mit Jackenfarben angesprochen werden. Als erstes stellen wir uns mal auf die Ski und schließen die Bindung. Das ist die Mechanik, die den Schuh auf dem Ski fixiert. Muß man wissen, gehört wohl zur Allgemeinbildung nehme ich an, aber egal. Ich weiß es jetzt auch und während ich noch überlege, wie Frieda das jetzt wohl gemacht hat, stehe ich also zum ersten Mal auf Skiern.

Ganz schön rutschig.

Und hier ist der Boden auch nicht besonders gerade. An die Stöcke gefesselt, weil man die nicht einfach nur festhält, sondern mit einer Schlaufe um die Handgelenke zieht, bin ich blitzschnell gefangen in der Welt der Wintersportler. Still steht von denen nämlich keiner, ständig wird hin und her gerutscht oder gesprungen, jeder nutzt den Schnee bestmöglich aus. Bei mir sieht das noch ein bisschen zu viel aus, als würde ich auf Eiern unterwegs sein. So wie es sich beim Koppeln anfühlt, wenn man vom Rad fahren in die Laufdisziplin wechselt.

Nachdem Frieda uns von springen über Bein heben bis hin zu wackeln alles im Stand hat durchführen lassen, geht’s für uns in die Spur auf die Übungsloipe. Ein Vokabelheft wäre klug gewesen… aber egal. Ich marschiere also auf Skiern durch die Spur und übe den Einsatz der Stöcke, kümmere mich darum, dass ich gleite, renne und die Balance halte und merke schnell, dass von einem Talent bei mir keine Rede sein kann. Aber ganz schlimm ist es auch nicht. Außer es geht Berg ab. Obwohl Frieda der Meinung ist, dass der Vogelsberg nicht wirklich bergig ist, aber sowas liegt ja oft im Auge des Betrachters.

Übung

Wir üben um die Kurve zu kommen, zu sprinten und lange zu gleiten. Die richtige Haltung der Stöcke beim Skilanglauf ist ähnlich wichtig, wie der nicht wackelnde Oberkörper, oder der lange Schritt. Es gibt schon viele Themen, auf die man so achten muß. Während ich also meistens gleite und selten einen Parallelarmschub mache, weil mich der so dermaßen beschleunigt, dass mir das noch unangenehm ist, springt Madita regelmäßig um mich rum und nutzt ihre GoPro total aus. Ich bin sehr gespannt, was da später für verrückte Videos rauskommen.

Langlauf

Talentfreiheit

Der Übungshügel ist so steil, dass es mich fast aus der Kurve treibt. Talentfrei halt. Frieda hat das gleich erkannt und teilt mit, dass ich einfach fahren soll. Offenbar ist es unsinnig mich mit weiteren Ratschlägen zu behelligen, wer nicht auf einem Bein gleiten kann, bei dem ist erst mal nichts zu holen. Es wäre auch vermessen zu glauben, dass ich innerhalb von einer Stunde Skilanglauf fahren lernen könnte, aber zumindest die Grundzüge sind auch bei mir zu erkennen.

Weil man hier die Skiausrüstung für den ganzen Tag ausleiht, beschließen Lisabet und ich im Anschluß an den Kurs unsere neu erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten noch mal weiter zu trainieren und auf einer der hier angelegten Loipen unser Unwesen zu treiben. In Mitten von sportlichen Wintersportlern, umringt, von Menschen, die das, was ich seit zwei Stunden versuche, wahrscheinlich schon ihr ganzes Leben lang tun, versuchen Lisabet und ich also unser gerade erworbenes ordentlich in die Spur zu kriegen. Klappt auch irgendwie ganz gut, außer es geht runter.

Gleiten

Das muß ich also unbedingt noch mehr üben. Die Wintersportler hier schauen regelrecht mitleidig. Wieder andere haben kein Verständnis für Anfänger und sind einfach nur genervt, weil ich den Verkehr aufhalte. Nun gut, die haben sich ihren Adventssonntag eben anders vorgestellt. Zurück am Parkplatz erwartet uns der Zeugwart und die Teamchefin. Der Zeugwart hat einen Skatingkurs gemacht, was auch eine Art Langlauf ist, aber nicht in einer geführten Spur. Man gleitet noch mehr, da bin ich aber froh, dass ich mich für die klassische Variante entschieden habe. Die Teamchefin ist wintersporttechnisch ziemlich bewandert, so dass sie keinerlei Kurse absolvieren muß. Sie weiß meine rasende Geschwindigkeit gut einzuschätzen und lobt meine Skilanglauf Technik.

Inwiefern man da wirklich von Technik sprechen kann, das muß ich noch überlegen, aber zumindest ist es nicht ganz gruselig, sagt sie. Das war wirklich ein Abenteuer… und das praktisch direkt vor der Haustür.