Geschäftsreisen waren früher, zu Beginn meines Arbeitslebens mal total attraktiv. Die Vorstellung einer vom Arbeitgeber bezahlten Hotelübernachtung, der regelmäßig Aufenthalt in anderen Städten, das Flugzeug statt den Bus als normales Verkehrsmittel anzusehen, gut organisierte Koffer mit Garderobe, die gleichermaßen knitterfrei fürs Büro und das anschließende Arbeitsessen mit Kollegen taugt, war attraktiv. Tägliches Essen gehen, fremde Länder ganz nebenbei kennenlernen und mit verschiedenen Kulturen zusammenzuarbeiten war etwas besonderes. Interessant, wie sich die Ansichten ändern, wenn es dann so weit ist.

Ich bin diese Woche in unserer Hauptverwaltung in den USA. Ich wohne in einem riesigen Hotel, es gibt täglich Rührei, Speck und Pfannkuchen zum Frühstück, ich verbringe viele Stunden in einem amerikanischen Büro, was einfach nur eine riesige Halle mit abgetrennten Hasenboxen ist und ich löse diese Woche von früh bis spät Probleme, die meiner Meinung nach gar nicht erst entstehen würden, wenn wir die Themen einfach in Europa bearbeiten würden. Aber das tun wir nun mal nicht und deshalb stelle ich mich diese Woche regelmäßig in eine andere Hasenbox, bespreche Themen und erlebe genau die andere Kultur, nach der ich mich früher so gesehnt habe.

So ist das, wenn man jung ist. Alles was anders ist, erscheint spannend und attraktiv. Dass es nicht immer schön ist täglich über unendliche Hotelflure zu spazieren oder früh aufzustehen und den einen -europäischen- Arbeitstag zu machen um dann nach dem Hotelfrühstück den eigentlichen Arbeitstag des Landes zu absolvieren und dann jeden Abend mit Kollegen zu verbringen, statt daheim auf der Couch zu sitzen, kommt einem beim eigentlich Wunsch nach Abwechslung und Weltenbummlerei nicht in den Sinn. Mir zumindest damals nicht.

Mein Trainingsplan ist diese Woche extrem abgespeckt, weil die Chefin weiß, dass ein Hotel zwar einen Fitnessraum hat, aber dass es meist an Zeit fehlt. Ich arbeite von früh bis spät und um das Sportprogramm einzubauen, muß ich früher aufstehen. Da ich aber meist bis spät noch an den Themen arbeite, die ich im Büro hier nicht schaffe (und auch gar nicht probiere zu schaffen, weil sie Europa betreffen und deshalb vor Ort in Florida unwichtig sind), sind die Nächte kurz. Um also heute früh in das 24 Stunden geöffnete Fitnessstudio zu gehen, klingelt der Wecker um 5h und ich muß mich überwinden. Obwohl es ganz sicher die richtige Entscheidung ist.

Im Fitnessbereich ist die Hölle los. Von 15 Laufbändern sind 14 besetzt, bei 10 Fahrrädern ist keines frei und auch die 5 Crosstrainer sind belegt. Im Freihantelbereich und an den verschiedenen Krafttürmen werden Gewichte gestemmt. Überall laufen Fernseher, die auf Wunsch per Bluetooth ihren Ton an die Sportlerkopfhörer senden. Außer dem regelmäßigen Schnaufen der Hotelgäste und dem absetzen von Hanteln hört man nichts. Die Amerikaner sind wirklich extrem unterschiedlich. Von krassem Übergewicht zu total durchtrainierten Körpern ist alles dabei. Ist aber wahrscheinlich in Deutschland auch so, aber hier fällt es mir immer mehr auf, als daheim.

Ich absolviere heute etwas Cardiotraining und nutze deshalb das einzige freie Laufband. Im Anschluß mache ich noch mein Kraftprogramm und versuche mich auch mal an den Hanteln. Und ehe ich mich versehe, ist die angesagte Zeit der Chefin auch schon um und es ist außerdem auch höchste Zeit zum duschen um dann in den amerikanischen Arbeitstag zu starten.