Heute habe ich einen Tag Urlaub. Ich muß meinen Resturlaub abbauen. Da mir mein Urlaubstag zum Plätzchen backen letztes Jahr so unfassbar gut gefallen hat, ist das für heute wieder mein Plan. Plätzchen gehören zur nahenden Adventszeit dazu, egal wie wir sie verbringen werden. Zusammen sitzen mit vielen Freunden zum Adventskaffee im geschmückten Wohnzimmer dürfte ja sinnvollerweise flach fallen. Zumindest alle in einem Raum findet mit uns auf keinen Fall statt. Vielleicht machen wir das dieses Jahr einfach virtuell? Das können wir immer noch entscheiden. Um auf jeden Fall heute gut in den Plätzchenbacktag zu starten, gehe ich heute früh erst mal laufen. Im Naturschutzgebiet.

Das trifft sich, weil ich mein Auto in die Werkstatt bringen muß und dann mit einem leichten 8km Umweg plane heim zu laufen. Umweg deshalb, weil die Werkstatt nur rund 2,5km von uns daheim entfernt ist. Und Coach Amy hat knappe 10km in meinen Plan für heute reingeschrieben. Natürlich nicht direkt 10km, sondern 9,6km, weil Coach Amy in Meilen rechnet. Ich bin ja nun in der vorletzten Woche meines 10km Trainingsplans bei Garmin. Bald ist der Trainingsplan also komplett abgearbeitet. Was passiert dann? Das muß ich mir noch überlegen. Wenn es gestattet ist, mache ich vor Weihnachten erst mal eine Leistungsdiagnostik, die sicherlich spannend sein wird.

Heute ist also mein langer Lauf und ich laufe in den erwachenden Tag hinein.

Freitags früh dürfte im Naturschutzgebiet unweit unseres Dorfes noch nicht viel los sein. Das Waldgebiet rund um die alten Steinbrüche ist sicherlich als Naherholungsgebiet am Wochenende stark frequentiert, aber an einem Wochentag früh morgens verirrt sich hier kaum jemand her. Ich trabe von der Werkstatt aus nur gute 500m bis ich von der Straße abbiegen kann und in die absolute Morgenruhe abtauche. Der Wald und die Streuobstwiesen, die hier angrenzen, schlucken jedes Geräusch. Der Morgen ist eiskalt. Es sind nur knapp über null Grad heute früh. Dass das spontan so kalt geworden ist, hab ich irgendwie nicht auf dem Schirm gehabt.

Egal. Ich bin ja seit neustem wieder ein Läufer und deshalb natürlich mit Stirnband und Handschuhen bewaffnet. Und wenn ich in Bewegung bleibe, dann passt im Grunde jede Temperatur. Der frühe Morgen ist wirklich wunderbar. Hinter dem Wald geht die Sonne auf und ich kann nicht anders, als ein paar Fotostopps zu machen. Es sieht einfach aus, wie gemalt. Der Weg ist teilweise richtig rutschig und total schlammig. Allerdings sind Laufschuhe ja eh immer nur beim Kaufen sauber. Im Grunde saue ich mir die Schuhe meistens schon nach wenigen Wochen richtig ein. Im Sommer mit dicken Staubschichten, im Winter mit Schlamm.

Saubere Schuhe werden beim Laufen auch nicht gebraucht. Die gehören bei mir nicht wirklich zum Outfit dazu. Immerhin Wechsel ich ja auch regelmäßig ab. Und zwar nach Einsatzgebiet. Nicht weil die Laufschuhe eine bestimmte Farbe haben.

Im Wald ist es herrlich. Ich muß zwar ab und an anhalten, um mein Spray nachzuschießen, aber das ist ok. Es trübt meine gute Stimmung in keinster Weise. Der Boden ist durch die vielen herabfallenden Blätter total gut gepolstert und alles wirkt richtig idyllisch. Vor mir kreuzen vier Wildschweine den Waldweg. Sie beachten mich allerdings überhaupt nicht, was mir ganz recht ist. Hinter mir knackt es. Ich schau mich um und da steht ein Rehbock. Und zwar auch noch einer mit beachtlicher Größe. Er steht da einfach und schaut mich an. Und ich? Ich schau zurück. Das ist ja wild hier… erst die Wildschweine, jetzt noch ein Rehbock, dazu die aufgehende Sonne und die bunten Blätter.

Ein wahres Naturschauspiel.

Der Rehbock hält es nicht lange mit mir aus und macht zwei Sätze in den Wald hinein. Der verschluckt ihn sofort und vollständig. Ich kann ihn nicht mehr entdecken, obwohl ich genau gesehen habe, wo er in den Wald hinein marschiert ist. Tarnung vom Feinsten eben. Ich trabe weiter, und stelle fest, dass das Naturschutzgebiet zu klein für meine Laufeinheit heute ist. Für einen 10km Lauf bin ich nun schon wieder viel zu nah an zu Hause dran. Das wird heute nichts. Oder ich muß noch mal an daheim vorbei laufen. Allerdings ist das ja eine wirklich blöde Option. Wenn man schon mal bis heim gelaufen ist, dann läuft man ja nicht vorbei, oder? Ich zumindest nicht.

Es sind dann also heute nur knappe 9km geworden. So ist das eben manchmal. Ich dachte ja das Naturschutzgebiet ist deutlich größer. Beim nächsten Mal werde ich ein paar Seitenwege hin und her mit ablaufen und damit dann sicherlich noch weitere Meter zusammen bekommen. Für heute passt das jetzt aber erst mal. Die Waldstimmung war einfach großartig. Und ganz nebenbei habe ich mir dann auch noch dieses virtuelle Rennabzeichen erlaufen. Das war aber mehr so nebenbei.