Heute soll er kommen, der Herbst. Und er bringt Regen mit, wurde angekündigt. Heute früh sieht es danach so gar nicht aus und ich nehme mir extra noch ein paar Minuten Zeit, um den Balkon zu gießen. Im Laufe des Vormittages wirkt es dann aber doch so, als hätten die Wettervorhersage recht. Der vormals sonnige Himmel zieht sich mit Wolken zu und dazu wird es auch immer windiger. Auf meinem Trainingsplan steht für heute ein Lauf inklusive Lauftest, und ich bin mir sicher, dass mir der leichter von den Füßen gehen wird, wenn ich nicht im Nassen laufe. Ich peile die Mittagspause an.
Kalt ist es draußen weiterhin nicht, wir haben noch deutlich über 20°C, aber alleine durch die Wolken und den Wind wirkt es viel viel viel kälter. Ich ziehe mich trotzdem sommertauglich an, immerhin hat die Chefin heute den Lauftest auf den Plan geschrieben und da soll ich ja soviel laufen, wie möglich. Ich soll mich einlaufen, dann 12 Minuten so weit laufen, wie es nur irgendwie geht, und dann auslaufen. Soll ich dann jetzt immer auf die Uhr schauen und das hochrechnen, oder was? Ich bin ja mit einer grandiosen Sportuhr ausgestattet, die wird da doch hoffentlich einen Trick auf Lager haben.
Erfreulicherweise hat sie wirklich so eine Funktion und ich plane mein Training mit dem Einlaufen, Mittelteil, also meinem Test und dem Auslaufen am PC. Dann überspiele ich es auf die Uhr und als ich angezogen auf der Straße stehe, suche ich im Bereich Laufen das vorher aufgespielt Training. Na, da bin ich ja mal gespannt. Erstaunlich, dass ich diese Funktion tatsächlich heute das erste Mal überhaupt benutze. Man man man… wie habe ich bloß bisher trainiert? Ich starte die Uhr und sie teilt mir mit, dass wir mit einem „Warm up“ starten. Aha. Damit habe ich gerechnet, habe ich ja schließlich so eingestellt. Los geht’s. Ich laufe mich 15 Minuten ein. Dabei mache ich eine Gehpause, nach rund 7 Minuten und zwar, weil es die Chefin ausdrücklich erlaubt hat.
Ich könnte mir vorstellen, mein Kopf würde keine Gehpausen machen wollen, wenn sie es nicht dazu geschrieben hätte. Aber, wo es halt so dasteht, plant der Kopf das so ein. Als die von der Chefin vorgegebene Einlaufzeit vorüber ist, vibriert die Uhr an meinem Handgelenk und blendet erfreulicherweise „Laufen“ ein. Herrlich, als hätte ich es nicht sowieso schon die ganze Zeit gemacht. Ich muß mal schauen, ob man das tatsächlich auch noch umbenennen kann. Geht bestimmt, ich habe einfach nur keine Ahnung, wie ich es hätte machen sollen. Das Problem sitzt ja meistens vor dem Computer.
Die Uhr zählt die Zeit runter, die ich jetzt für meinen 12 Minuten Test zur Verfügung habe. Sie zeigt mir zusätzlich die absolvierte Strecke an und die durchschnittliche Geschwindigkeit an. Das ist ja wirklich ein Ding. Ein Wunderwerk der Technik und ich schleppe es seit zwei Jahren mit mir rum und hatte keine Ahnung. Man man man. Mittlerweile bin ich schon einen Kilometer gelaufen und hab erst knapp die Hälfte der Zeit rum. Verrückt! Ich bin ja wirklich zügig unterwegs. Die Chefin hat aufgeschrieben, dass sie im Anschluß die Kilometer wissen möchte, die ich zurück gelegt habe. Sie geht also insgeheim davon aus, dass es mehr als einer sein wird. Na, da gebe ich mal Gas und schaue mal, ob ich da noch etwas nachlegen kann.
Gefühlt renne ich, als wären die Hunde hinter mir her, oder, als müsste ich den Bus noch kriegen. Dass es natürlich nicht so schnell ist, zeigt die Geschwindigkeit pro Kilometer, aber es fühlt sich flott an. Und das Gefühl ist ja auch was wert. Als die Uhr an meinem Handgelenk erneut vibriert und mir einblendet, dass es jetzt um das „Cool down“ geht, bin ich eigentlich gerade ganz gut im Fluß. Trotzdem bin ich froh, dass ich rausnehmen kann und verfalle in einen sehr langsamen Trab. Ich mache ein paar Gehpausen auf dem Weg heim, bis das Schnaufen aufgehört hat und trabe dann noch locker nach Hause. Die Uhr beendet das Training automatisch, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, dass ich auf Stop gedrückt hätte. Aber da ich daheim bin, ist das nicht so schlimm, dass sie automatisch abschaltet. Wenn ich jetzt aber noch einen Schlenker gemacht hätte, wäre das schon doof. Aber die Uhr arbeitet natürlich einfach nur den Trainingsmodus ab. Klar.
Ich bin in den 12 Minuten 1,85km weit gekommen, sagt mir die Auswertung, und meine Bodenkontaktzeit währenddessen war vorbildlich. Meine Schrittfrequenz grenzte an die eines vergleichbaren Athleten, den das System mit Läufer bezeichnet. Normalerweise schaue ich mir die Auswertungen nicht an, da blogge ich lieber. Aber heute muß ich ja auf ausdrückliche Anweisung der Chefin die Werte mitteilen. Irgendwie verstehe ich das auch. Sie möchte wahrscheinlich immer mal wieder so einen Test machen, damit wir sehen können, dass ich besser geworden bin. Und mit solchen Eckdaten lässt sich das einfach besser vergleichen.
Nachdem ich frisch geduscht wieder an meinem Schreibtisch sitze, merke ich, dass der Herbst heute mit voller Pracht eingekehrt ist und tatsächlich den angekündigten Regen mitgebracht hat. Da hatte ich doch mal ein gutes Timing heute.