Manchmal finde ich es gar nicht so einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Und mit alles meine ich ja nur Sport, Arbeiten und das übliche, wie Haushalt. Ich mache keine besonderen Experimente und habe keine Kinder, die ich mit berücksichtigen muß. Und trotzdem wird es schon manchmal schwierig, nur diese Komponenten alle zusammen zu bringen. Manche Tage da leichter, als andere. Ich kann den Lauf, den ich heute machen möchte eigentlich zeitlich nicht einbauen. Dafür ist der Tag schlichtweg zu voll. Um es aber dennoch zu machen, weil ich weiß, dass es mir im Anschluß besser geht, laufe ich heute früh im Dunklen los. Laufen im Dunklen ist eher nicht so mein Bereich.

Aber morgens geht es, weil ich das Gefühl habe, wenigstens in die Dämmerung hinein zu laufen. Beleuchtet bin ich natürlich trotzdem, wie ein kleiner Weihnachtsbaum. Ich ziehe mich passend an, vor allem was die Temperaturen angeht, und laufe los. An Regen habe ich überhaupt nicht gedacht. Es ist knapp über 0°C und ich glaube eh, dass Regen maximal als Schnee runter kommen würde. Ehrlich gesagt ist Regen aber gar nicht in meinen Gedanken. Ich sage dem Zeugwart wo ich entlanglaufen will und bin schon unterwegs.

Nachdem mich gleich an unserer ersten Querstrasse ein Auto übersieht, obwohl ich überall Katzenaugen habe, die reflektieren, schalte ich alle verfügbaren Lichter an. Hier ist zusätzlich Straßenbeleuchtung. Allerdings glaube ich, dass die Frau einfach denkt, der Zebrastreifen wäre nur ein Vorschlag. Ich trabe nun gut beleuchtet weiter und habe ein prima Gefühl. Der runde Tritt kommt nach wenigen Kilometern und ich bin dann wirklich gut eingelaufen. Nicht, dass ich dann unheimlich viel schneller werde, aber es fühlt sich deutlich besser an. Und ein bisschen schneller bin ich dann auch.

Rund laufen ist wirklich ein schönes Gefühl. Aufrecht laufe ich dabei und mit kurzen Schritten. Und es fühlt sich wirklich prima an. Auf den Ohren habe ich wieder einen Podcast. Musik ist gerade im Augenblick nicht so mein Fall. Ich finde informative Podcasts irgendwie ganz gut. Und zusätzlich ist ein Podcast im Ohr für mich auch nicht so abschirmende. Das Gefühl, dass ich die Umgebung noch gut wahrnehmen kann, bestätigt sich heute einmal mehr. Als ich eine Straße überqueren möchte, übersieht mich ein weiteres Auto, das abbiegt. Wieder an einem Zebrastreifen und diesmal bin ich sogar hell beleuchtet. Die Lampe vor meinem Bauch setzt den kompletten Zebrastreifen in taghelles Licht.

Das Auto bekommt von mir einen ordentlichen Schlag ab, weil ich das Dach mit meiner Hand beglücke. Ich habe mal erzählt bekommen, dass das einen unheimlichen Lärm im Innenraum macht. Mir ist nichts passiert. Ich habe rechtzeitig angehalten. Das Auto stoppt und der Fahrer steigt aus und ist leichenblass. Wahrscheinlich stimmt das mit dem Lärm im Innenraum? Ich frage ihn so laut, dass es glaube ich jeder in der Nachbarschaft am Frühstückstisch mitbekommt, ob ein Schulterblick wirklich so schwierig ist und was ich seiner Meinung nach noch machen soll um gesehen zu werden. Ihm fällt nichts ein. Natürlich fällt ihm nichts ein. Ich stehe so hell strahlend vor ihm, dass klar ist, als normalen Fußgänger, womöglich noch schwerhörig, hätte er mich definitiv übersehe und mich sicherlich einfach umgefahren.

Das sieht er ein und entschuldigt sich.

Immerhin. Auch wenn mich das in meiner Auffuhr nur wenig beruhigt. Ich renne hinaus auf’s Feld und beschleunige. Unfassbar, was alles hätte passieren können. Aber ist ja nicht. Gut. Ich bin heute nach 7km wieder zu Hause und rolle gleich meine Yoga Matte aus. Irgendwie hatte ich nicht so viel Zeit für das Lauftraining eingeplant. Aber jetzt finde ich es toll.