Lauftechnisch ist der Juni ja wirklich regelrecht vorbeigeflogen, ziemlich verrückt die aktuelle Zeit. Auf der Arbeit geht es drunter und rüber, was leider weiterhin zu vermehrter Kurzarbeit führt. Außerdem rechne ich an Szenarien rum, die ich überhaupt nicht gut finde. Die Veranstaltungsbranche ist eben einfach einer der großen Verlierer dieses Virus, da beißt die Maus keinen Faden ab. Mir geht das Thema heute einfach sehr an die Nieren und so lasse ich zum ersten Mal seit Beginn der Corona Krise das gemeinsame Athletiktraining sausen. Es ist mir einfach nicht nach Gesellschaft.

Mir ist heute nach Gedanken schweifen lassen, nach tiefen Atemzügen und nach Ruhe. Ich bin heute nicht gesellig. Ich möchte heute einfach keinen instruieren. Übungen ansagen kann ich mir heute einfach nicht vorstellen. Der Arbeitstag war anstrengend und die Themen mehr als unangenehm. Ich bin heute egoistisch und denke einfach nur an mich. Da ich den Athletikplan bereits gestern versendet habe, könnten die Athletikdamen heute für sich das Programm abarbeiten. Ich überlege mir einfach während dem Lauf, ob ich mich nach Athletik fühle, oder eben auch nicht.

Da ich alleine bin und keiner auf mich warten wird, kann ich da also ganz spontan entscheiden. Immerhin laufe ich ja heute auch eine von Coach Amy vorgegebene Strecke. Und zusätzlich ist es auch noch ordentlich warm. Wenn ich dann noch das Gemüt dazurechne, bin ich schon vor dem Loslaufen müde. Die Krise zieht mich heute wirklich mehr als runter. Umziehen und das Laufoutfit anlegen, mache ich aber. Mehr mechanisch und ohne große Lust, aber weil ich mich nach einem Lauf eigentlich immer besser fühle, als davor, will ich das auf jeden Fall machen.

Laufen macht mir, vor allem ohne Gesellschaft, den Kopf frei. Es löscht keine Probleme und beschafft keine Arbeitsplätze. Es besiegt dieses teuflische Virus nicht, was den Traum vieler Sportler in diesem Jahr vernichtet. Aber Laufen lässt mich tief durchatmen. Es hilft mir dabei, frische Gedanken in den Kopf zu bekommen und Freiheit zu spüren. Auch wenn es die Welt leider nicht ändern wird, so ändert es zumindest meine kleine Welt kurzfristig. Es wäre ja auch ein bisschen viel erwartet, wenn sich alles nach meinem Lauf richten würde.

Auf der Straße starte ich meine Uhr, die auch sofort in den Garmin Coach Modus springt. Ich gehe mich über die Straße ein und verschwinde im Wald. Hier ist die Hölle los. Hier sind ganz viele Läufer unterwegs und ich bin gut beschäftigt, weil wir uns hier immer alle grüßen. Allerdings nur mit einem Anheben der Hand. Wir denken aneinander, aber sind froh, dass wir doch ohne Gesellschaft unterwegs sind. Die vielen Läufer hier im Wald finden sich nie als Gruppe zusammen. Jeder ist für sich in eigener Geschwindigkeit unterwegs, jeder trägt seine eigene Gedankenwolke mit sich rum.

Meinen Laufplan erfülle ich heute so nebenbei. Ich laufe 2,4km am Stück plus ein- und ausgehen und bin dann auch flott wieder zu Hause. Während des Laufes habe ich prima den Kopf durchgepustet! Leider holt mich die Wirklichkeit schneller wieder ein, als gedacht… und dann ist auch noch die Heizung ausgefallen und ich muß kühl duschen. Also wenn da mal nicht alles zusammen kommt? Ist ja irgendwie immer so. Ich beschließe wenigstens, dass nicht alles schlecht ist und sich immer, wenn sich eine Tür schließt auch bisher immer eine andere geöffnet hat.

Auf solche Tage blickt man mit neu gewonnener Lebensweisheit und Erfahrung später deutlich entspannter zurück, als man sie durchlebt. Aber bisher ist ja alles immer weiter gegangen, da lasse ich mich einfach erst mal nicht unterkriegen. Auch wenn das leichter gesagt, als getan ist. Aber auch das ist ja immer so.