Gleich am Samstagmorgen laufen zu gehen, ist ein toller Start in das Wochenende. Vor allem, wenn die Woche so war, wie die Meine, in der nicht nur jede Menge Jahresabschluss, sondern eben auch viel Fahrerei am Start war. Ehe es also mit dem Samstag so richtig los geht, esse ich eine Scheibe Bananenbrot, das ich gestern Abend noch gebacken habe, und  ziehe mich um.

Es ist kalt geworden bei uns, das war für das Wochenende auch angesagt. Ein Kältesturz quasi. Also ganz so wild würde ich es jetzt nicht beschreiben, aber es ist schon deutlich frisch und ganz sicher nicht über 4°C. Gefroren ist allerdings auch nichts. So richtig kalt ist es also nicht. Aber im Vergleich zur Woche eben deutlich merkbar. Mein Outfit ist also mit einer Lage mehr sicherlich nicht verkehrt zusammengestellt. Meine Urlaubshandschuhe greife ich im letzten Moment.

Was eine gute Idee!

In diesem Januar bin ich wirklich gar nichts mehr gewöhnt. Und bin deshalb richtig froh über die Handschuhe. Dieses Mal laufe ich in eine andere Richtung und bin etwas länger durchs Dorf unterwegs, ehe ich abbiegen kann und abseits von Häusern und Autos den Morgen genießen kann. Mittlerweile laufe ich seit 18 Tagen am Stück und frage mich wirklich, wie manche Läufer das viele Monate oder gar Jahre in ihren Alltag einbauen.

Es ist nicht so, als hätte ich keine Lust zu Laufen. Es ist sogar das Gegenteil der Fall. Ich fühle mich ein bisschen, wie in meiner Triathlon Vorbereitung für meinen Start im Kraichgau. Der ist schon viele Jahre her und ich habe schon sehr lange nicht mehr daran gedacht, aber heute kommt es mir so in die Gedanken. Die Vorbereitung und mein Start beim 70.3 im Kraichgau im Jahr 2016 war mir sehr wichtig. Es war ein großes Ziel und mein damaliger Trainer (und nach wie vor Leistungsdiagnostiker!) und ich haben alles drangesetzt, dass ich so gesund, wie ich starte, auch ins Ziel laufen kann.

Erinnerungen

Deshalb habe ich die Vorbereitung damals als Priorität in meine Freizeitgestaltung aufgenommen. Ich habe Wege zu Verabredungen zum Training genutzt, bin in der Mittagspause gelaufen, vor der Arbeit geschwommen, habe den Arbeitsweg mit dem Rad absolviert und das Training so in ganz viele Alltagssituationen integriert. Das Training und der Alltag waren damals eine Verbindung. Ich musste viel trainieren um im Kraichgau starten zu können und ich habe jede Trainingsstunde genossen, obwohl sie anstrengend war.

Diese Läufe im Januar genieße ich gleichermaßen. Ich baue die Läufe in meinen Alltag mit ein. Es gibt nichts zu gewinnen, ich starte bei keinem Wettkampf und natürlich höre ich immer mal wieder die Frage, was das denn überhaupt soll. Wenn man nichts gewinnen kann, ist das für viele eine Frage, warum dann überhaupt? So, als müsste man seine Freizeitgestaltung vor irgendjemandem erklären, außer vor sich selbst und seinem Partner, mit dem man das Leben teilt. Der Zeugwart unterstützt mich in allem, was mir gut tut, also muß ich mich diesbezüglich bei ihm nicht erklären. Und denen, die mich fragen, gebe ich meistens die Antwort, dass ich es eben kann.

Laufen zu können ist ein Privileg.

Es ist absolut nicht selbstverständlich laufen zu können, auch wenn wir Gesunden das so hinnehmen. Ich arbeite mich seit einem Jahr vom schmerzfreien, langsamen Gehen über das Walken zum Laufen. Ich habe gute und schlechte Tage, das ist normal und immer so, aber ich bin nicht unglücklich, dass ich laufen können möchte. Und dabei geht es mir nicht um Wettkampfteilnahmen, weil ich zwar insgeheim darauf hoffe, das das wieder möglich sein wird, aber nicht damit rechne. Es geht darum einfach mal 5, 10 oder 15 Kilometer alleine, oder mit dem Zeugwart, durch die Natur laufen zu können.

Die Gedanken schweifen zu lassen, die Natur zu genießen, den Tag Revue passieren zu lassen und einfach zu genießen, dass es geht. Das kann man auch beim Spazierengehen tun, aber laufen zu können gibt mir mehr. Und das tägliche Lauftraining, das ich derzeit wegen des #rwjanuarstreak in meinen Tagesablauf einbaue, ist diesbezüglich wirklich prima. Ich stehe gerne etwas früher auf, damit das Laufen heute eben vor dem Regen stattfinden kann.

Motivation

Auf meinem Weg kommen mir heute zwei ältere Herren entgegen. Sie tragen 80er Jahre Blouson Jogginganzüge und unterhalten sich angeregt. Als einer mich entdeckt, gibt’s eine Ansage und beide Herren verfallen ins Laufen. Ich lächle ihnen zu, weil ich weiß, wie viel Überwindung erneutes Anlaufen nach einer Gehpause kosten kann. Die Herren lächeln zurück als wir aneinander vorbeilaufen. Ich bin mir sicher, die Motivation zu laufen kam einzig und alleine durch meine Anwesenheit. Um das zu überprüfen, laufe ich ein bisschen rückwärts und werde dabei tatsächlich sehr genau beobachtet.

Die Herren blicken sich regelmäßig um. Noch ehe sie hinter einer Wegbiegung verschwunden sind, verfallen sie wieder in ihre angeregte Unterhaltung und damit auch ins Gehen. Vielleicht haben sie ja Glück, und ihnen begegnet noch jemand der sie für ein Laufintervall motiviert? Läufe mit Motivation sind eben einfach noch viel besser.