Gerade auf Geschäftsreisen starten die Tage früh und enden tun sie spät. Ich will immer so viel Arbeitszeit wie nur irgendwie möglich mit den Kollegen vor Ort verbringen. So eine Reise muss sich einfach lohnen. Auch oder vor allem wegen der Coronapandemie. Die Infektionszahlen in Finnland schienen stabil und steigen jetzt plötzlich wieder heftig an. Es ist also nicht sicher, wann ich wieder herkommen kann, um der Kollegin mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wir müssen deshalb jede Minute nutzen. Da die Sonne hier in Lahti früh aufgeht, nutze ich den Tag so richtig. Der Wecker klingelt um 5h, ich arbeite bis zum Frühstück um 6:30h und dann gehe ich laufen.
Eine Stadt lernt man wirklich zu Fuß am besten kennen. Das habe ich bereits auf einigen Geschäftsreisen bewiesen. Sei es Nizza, Kopenhagen, Port Elizabeth oder Oxford. Überall kann man laufender weise Stadt und Menschen am besten erleben. Gerade früh morgens gibt’s das vor Ort Lebensgefühl gleich noch mit dazu. Menschen, die zur Arbeit gehen, belebte Wohngebäude, wo Kaffee gekocht wird oder Kinder, die zur Schule spazieren. Meine Hotels sind meistens mitten im Trubel, weil dort in der Nähe auch unsere Büros sind. Mitten drin, statt nur dabei. Ruhe ist da in jeder Hinsicht Fehlanzeige.
In Lahti ist natürlich auch Sommer. Allerdings ist der in Finnland ein ganz kleines bisschen anders, als in Deutschland. Kühler. Obwohl es in Deutschland ja in diesem Jahr auch nicht besonders warm ist. Trotzdem ist es in Lahti wirklich viel kälter als daheim. Bei 11 °C trete ich vor die noch verlassene Straße vor meinem Hotel und trabe los. Hier geht es ständig hoch und runter. Ich bin ganz schön am Schnaufen und die Kälte ist auch ziemlich fies. Gut, dass ich -in weiser Voraussicht- meine dickere Laufjacke eingepackt habe. Mich jetzt zu erkälten wäre wirklich total dämlich. Ich trabe einen weiteren Hügel hoch und schau mich um.
Das ist doch eine Skisprungschanze! Ich bin auf diese Geschäftsreise wirklich nur geschäftlich super vorbereitet. Für den Vergnügungsteil habe ich mir bisher noch nichts angeeignet. Deshalb schließe ich von der Skisprungschanze auch einfach auf die Winterolympiade, die meines Wissens ja schließlich in Lathi stattfand. Weil ich eben einfach überhaupt keine Ahnung habe. Das erfahre ich aber erst später. In Lahti wurden 1952 ein paar Disziplinen der olympischen Sommerspiele von Helsinki ausgetragen. Die drei beeindruckenden Schanzen brauchte es dafür allerdings nicht.
Die Schuhputzanlagen stehen vor jedem Hauseingang und lassen auf einen dreckigen Winter schließen. Oder die Finnen mögen einfach generell saubere Treppenhäuser, das ist auch möglich. Meine Laufschuhe sind heute natürlich nicht großartig eingesaut, aber ich werde das Bild auf jeden Fall dem Zeugwart zeigen. So ein Schuhputzbesending könnte sich für uns auf jeden Fall lohnen. Ich bin ja oft ein richtiger Einsauer, was meine Laufschuhe angeht. Von der dreier Skiprungschanze in Lahti geht’s für mich heute noch am See vorbei und durch die Fußgängerzone zurück.
Jetzt kann der Arbeitstag also losgehen. Ich ahne, dass der lang wird, aber wir machen einfach das Beste draus!