Diese Woche frage ich mich vermehrt, was die Arbeit im letzten Jahr gemacht hat, als ich wegen meines Fahrradunfalls mehrere Wochen ja fast monatelang außer Gefecht gesetzt war und es einen viel größeren Fokus in meinem Leben gab. Ich beantworte in dieser Woche täglich so viele Fragen, höre mir so viele Themen an und bin nicht nur Mädchen für alles sondern auch Psychologin, Trösterin und überhaupt weiß ich anscheinend alles. Unfassbar, aber nicht zu ändern. Selbst eine geschlossene Tür oder ein Telefonhörer am Ohr hält die Fragenden nicht auf, sie kommen wieder.

Arbeiten ist anstrengend. Viel anstrengender als täglich 100km Rad zu fahren. Dass ich sowas mal sage? Da stimmt was gewaltig nicht. Nun ja. Ich nehme mir vor, dass ich heute während der Mittagspause laufen gehe, aber der Vormittag bringt mich an meine Geduldsgrenzen und als dann die erste Gruppe Kollegen loslegt, bin ich noch mitten in meiner Abstimmung und plane um. Auf dem Rückweg von Arta hat mich genau diese Umplanung in der vergangenen Woche noch entspannt, heute ärgere ich mich darüber. So unterschiedlich tickt mein kleiner Kopf wenn es um Urlaub und Arbeit geht. Komisch.

Ich denke darüber nach, ob ärgern wirklich eine gute Idee ist und entscheide, dass ich die Sache wie in Arta angehe und locker sehe. Dann gehe ich eben später laufen, die Welt wird davon nicht untergehen. Das ist immerhin schon fast die ganze Woche passiert, im Sinne von heftigem Regen. Ich schaffe heute, nach dem die Abstimmung erfreulicherweise paßt, einen frühen Feierabend und will sofort los zum laufen. Aber ich bin wirklich geschafft und muß erst mal eine Pause machen.

Als der Zeugwart endlich auch zu Hause angekommen ist, ziehe ich mich um, gähne mal kräftig und marschiere dann tatsächlich los. Ich bin unsicher, ob die Idee jetzt laufen zu gehen klug ist, aber ich werde es bereuen, wenn ich nicht rausgehe, also ist es besser, dass ich es wenigstens versuche. Erstaunlicherweise regnet es nicht. Der ganze Tag ist bereits regenfrei und da der Mai heute auch mit Wärme versucht etwas Sympathischer rüberzukommen, als unter der Woche, laufe ich im T-Shirt.

In kleinen Etappen erobere ich mir unsere Nachbarschaft zurück. Laufen und Gehen im Wechsel, 2,5 Kilometer lang.

Der Regen der letzten Tage hat bei uns viel unter Wasser gesetzt. Die Wiesen und Felder sind gut getränkt, und selbst die Wege geben sich Mühe, dass meine Laufschuhe sich flott an den Regenlauf auf Mallorca erinnern können.

Mir kommt ein Auto entgegen und der Fahrer lacht, als er mich durch die Wiese stampfen sieht. Ob er mich gerade die vier Meter durch die Pfütze kutschieren soll, fragt er. Wie nett. Soll er natürlich nicht. Ich bin ja zum laufen hier und nicht zum fahren. Mühevoll schaffe ich heute die angedachte Strecke, weil die Vorbelastung Arbeit eben nicht mit 100km Rad fahren vergleichbar ist. Aber ich bin froh, dass ich laufen war.