Heute ist unser erster Urlaubstag und er beginnt gleich mit Sonne satt. Der September erlebt ja gerade noch mal eine richtig warme Phase. Der Wettermoderator heute früh hat mir auch glaubwürdig versichert, dass es in der nächsten Woche ebenfalls warm sein wird. Ein perfekter Urlaubsstart also. Und zusätzlich holen wir heute ja auch unsere neuen Fahrräder ab! Darauf freue ich mich ja schon seit Tagen. Ich ziehe mich heute früh deshalb gleich zum Lauftraining um. Wenn wir nämlich heute am späten Nachmittag oder Abend mit den Rädern heim kommen, werde ich sicherlich erschöpft auf die Couch fallen und nicht noch das von Coach Amy angesagte Training machen wollen. Für die ist heute ja auch weder Urlaubstag noch Radabholtag. Coach Amy hat den Garmin Algorithmus unnachgiebig mit negativ Splits gefüttert und so zeigt der einfach regelmäßig an, was gemacht werden muß.
Das Leben bleibt dabei unbeachtet. Sicherlich nicht die schlauste Methode, da bin ich sicher. Allerdings dafür kostenfrei. Und irgendein Haken muß ja dann auch dabei sein. Das ist natürlich jedem klar, der sich so einen Plan raussucht, statt einem Trainer. So auch mir. Ich ziehe mich also gleich heute früh um und begebe mich in Richtung negative Splits auf die Laufstrecke. Für diese Trainingseinheit hat sich beim letzten Mal eine Strecke in den Nachbarort bewährt, weil sie für die geforderten Kilometer, die Coach Amy angibt, einfach die perfekte Länge hat. Ich kann am Schluß noch ein paar Hundert Meter heim spazieren und richtig durch schnaufen. Und erfreulicherweise ist auf dieser Runde immer wenig los. Zumindest, wenn ich unterwegs bin.
Ich trabe also langsam los. Heute will ich mich nicht so abschießen, weil ich ja später noch mit meinem neuen Rad eine Runde drehen möchte. Besonders langsam loszulaufen ist also der Schlüssel zum Erfolg der heutigen Einheit. Ich soll 3,2km langsam laufen, dann 1,2km schneller und dann noch mal 400m wieder schneller. Die Angaben in der App und auf der Uhr beschreiben auch noch mal die Geschwindigkeit und orientieren sich an der Atmung. Statt also eine Geschwindigkeit anzugeben, arbeitet Coach Amy hier mit der Beschreibung der Atemfrequenz und schreibt auf, wie ich noch in der Lage sein soll sprechen zu können. Oder eben nicht. Oder abgehakt. Ganz gut beschrieben ist das, wie ich finde.
Die 3,2km am Stück gehen schnell vorbei und ich habe auch eine wirklich sehr langsame Geschwindigkeit. Ich laufe trotzdem toll aufrecht und vor allem kontinuierlich. Ich hebe die Füße ganz gut und habe nicht das Gefühl der absoluten Langsamkeit, obwohl ein Blick auf die Uhr mit eine sehr sehr sehr langsame Geschwindigkeit anzeigt. Aber egal. Nur wer langsam laufen kann, kann schneller werden. Und das schaffe ich dann mit dem nächsten Uhrenpieps. Denn natürlich zeigt mir die Uhr die Wechsel zwischen den einzelnen Trainingsgeschwindigkeiten an. Vibrationsalarm und Countdown zum eigentlichen Wechsel sind deutlich wahrzunehmen und auch nicht im Straßenlärm zu verpassen.
Der schnellere Kilometer ist bei mir wirklich deutlich schneller, als die langsamen 3,2km, die ich im Vergleich dazu fast geschlichen bin. Einfach perfekt für die Trainingsplanumsetzung kann ich dann auch die letzten 400m noch etwas schneller werden. Allerdings wirklich kaum merklich. Da ich noch eine Straße überqueren muß, wird die Uhr das auch nicht als perfekte 1:1 Umsetzung erkennen. Aber gut. Manchmal ist umperfekt ja auch gerade perfekt genug. Ich will ja nicht nach Hawaii zum Ironman, sondern im Endeffekt in der Lage sein 10km am Stück zu traben. Und dafür wird das denke ich auch mit einer Straßenquerung passen.
Nach Abschluss der Trainingseinheit mit negativ Splits ist die Uhr doch ganz gut zufrieden und wertet mein Training als ausgezeichnet. Was will ich mehr? Wir machen eine kurze Pause daheim, dann ziehen wir uns die Radklamotten an und fahren los in Richtung Wiesbaden um unsere Gravelbikes abzuholen. Ich freue mich schon sehr.